High Noon
★★★
- Jahr: 1952
- Regie: Fred Zinnemann
- Darsteller: Gary Cooper, Grace Kelly, Lloyd Bridges, Katy Jurado, Lee Van Cleef, Robert J. Wilke…
Story
Pünktlich am Tag seiner Hochzeit erfährt Marshal Will Kane (Gary Cooper), dass der seinerzeit von ihm gefasste Spitzbube Frank Miller (Ian MacDonald) begnadigt wurde und auf dem Weg ins Städtchen ist. Er soll mit dem Mittagszug ankommen, weswegen am Bahnhof bereits sein Bruder Ben (Sheb Wooley) sowie die Komplizen Jack Colby (Lee Van Cleef) und Jim Pierce (Robert J. Wilke) auf ihn warten. Kane, den ersten Gedanken einfach zu fliehen verwerfend, will sich ihnen stellen (lieber hier als anderswo) und nimmt dafür sogar die Abreise seiner frisch Angetrauten, Amy Fowler Kane (Grace Kelly), in Kauf. Allerdings muss auch diese natürlich erst noch auf den Zug warten.
Und während Kane jeden seiner alten Freunde sowie Feinde des Städtchens um Hilfe bittet und niemand sein Flehen erhört, so verbringt sie die folgende Stunde bei Kanes Ex-Freundin Helen Ramirez (Katy Jurado) im Hotel der Stadt, die ihr mehrfach erfolglos zu erklären versucht, warum ihr Mann das tut, was er tut. Erst als Kane mutterseelenallein den vier Rowdys gegenübersteht und der erste Schuss fällt, da rennt Amy vom Bahnhof zurück in die Stadt, um zu sehen, ob er getroffen wurde. Allerdings hat Kane nur den ersten der Bösewichter erledigt, der zweite folgt sogleich. Beim dritten und vierten allerdings muss ihm Amy helfen, die erst Pierce selber tötet und von Miller eingefangen und eigentlich als Geisel gedacht diesen so aus der Fassung bringt, dass sie sich losreißen kann und der Schussweg für Kane frei ist. Danach fahren die beiden wortlos aus der Stadt, die ihnen nichts mehr zu bieten hat.
Worte zum Film
sehr ungewöhnliche Story, deren schlechte Seiten leider zu stark hervorgehoben und deren gute zu stark vernachlässigt werden; genauso überschätzt wie seine Darsteller und Ausführenden; ein Western für Nicht-Western-Fans
Bewertung
Zum Film:
Tja, befürchtet habe ich es ja schon immer und hier habe ich nun die Bestätigung erhalten. Gesehen hatte ich „Zwölf Uhr mittags“ vor gestern tatsächlich noch nie – und das obwohl ich seit über 15 Jahren Western-Fan bin. Aber das hatte auch seinen guten Grund. Denn auch wenn man den Film natürlich noch nie ganz schauen konnte, so hat man doch in unzähligen Dokumentationen vorher einen Blick auf diesen unsterblichen Klassiker erhaschen können und das hat bei mir ehrlich gesagt schon ausgereicht, um mir eine Erwartungshaltung bilden zu können, die sich leider bewahrheitet hat. „High Noon“ reiht sich leider ein in die Kette der meiner Meinung nach völlig überschätzten Klassiker dieses herrlichen Genres und ist tatsächlich, wie es schon so oft zu lesen und zu hören war, ein Streifen, der wohl eher diejenigen anspricht, die sich nicht jeden Tag eine Pferdeoper reinziehen und mit den Konventionen dieses großartigen Genres noch nie so richtig etwas anfangen konnten. Zusammengefasst also: Er ist leider nix für mich.
Und dabei muss man eines tatsächlich anerkennen, von dem ich nach diesem „Ausschnitte-Schauen“ vorher dann doch noch nicht so ganz überzeugt war: „Zwölf Uhr mittags“ ist immerhin ein nicht ganz alltäglicher Vertreter seiner Zunft. Das überrascht allerdings vor dem Hintergrund natürlich relativ wenig, dass er in Person von Fred Zinnemann von einem völlig materiefremden Regisseur gedreht wurde. Da fließt also natürlich auch eine andere Sichtweise mit ein. Nur leider ist diese im Falle von Herrn Zinnemann nicht gut für den Film. Das ist wie bei so vielen Eintagsfliegen in diesem Genre. Nicht umsonst wird dieser Streifen so oft in einem Atemzug mit George Stevens „Shane“ genannt und auch Otto Premingers „River Of No Return“ wäre so ein Beispiel. Der Unterschied dieser beiden Legenden zu Zinnemann ist allerdings der, dass Letzterer schon von Grund auf ein schlechter Regisseur war – zumindest nach dem bisschen, was ich bislang gesehen habe. Und genau daher steht diese meine Aussage auch auf sehr wackligen Füßen, da ich vom Österreicher bisher sonst tatsächlich nur „Behold A Pale Horse“ geschaut habe, aber der war auch so abgrundtief schlecht (mir fällt wirklich kaum ein Major-Hollywood-Streifen aus dieser Periode ein, der schlechter war), dass ich diese Einschätzung für mich persönlich durchaus gerechtfertigt finde. Und von daher bin ich ja schon regelrecht froh, dass er „Zwölf Uhr mittags“ nicht mit ebensolchem Anlauf an die Wand gesetzt hat, aber gut tun seine, gerade auch von ihm selbst gepriesenen, Regie-„Kniffe“ dem Ding hier nun wirklich nicht. Aber der Reihe nach:
Der Österreicher beginnt seinen Film bereits mit einer solchen Idee. Er lässt Lee Van Cleef, Robert J. Wilke und Sheb Wooley nur zum Filmsong „Do Not Forsake Me“ von Dimitri Tiomkin, der ein absoluter Ohrwurm ist, zusammenkommen und ihren Ritt in die Stadt beginnen. Wenn diese sich jetzt nur durch Kopfnicken und ähnliches verständigen würden, wäre das ja auch völlig in Ordnung, aber diese reden offensichtlich miteinander und durch die fehlende Synchronisation kommt man sich an dieser Stelle schon leicht verarscht vor. Mag gut sein, dass diese Szenen erst mit (wenig) Dialog gedreht wurden und man erst nachdem man Tiomkins sehr guten Song gehört hatte, entschieden hat, diesen die ersten zweieinhalb Minuten dominieren zu lassen, aber ein gelungener Einstieg in diesen Film ist das meiner Meinung nach nicht.
Und das gilt leider generell für den Einsatz der Musik. Tiomkin hat bei seiner Ballade wie gesagt ganze Arbeit geleistet und ein Lied abgeliefert, das sich wirklich in den Gehörgängen festsetzt. Und nicht nur das. Mit seinem wirklich ungewöhnlichen Beginn bzw. generell der instrumentellen Untermalung fernab jeglicher, standardisierter Hollywood-Sinfonik gelingt es ihm hier durchaus einen neuen Akzent zu setzen, den man so vorher noch nicht gehört hatte. Nicht ganz so bahnbrechend wie Morricone zwölf Jahre später, aber durchaus mutig im Hollywood jener Tage und daher absolut zurecht gelobt und ausgezeichnet, sein Score hier. Allerdings: Der beste Soundtrack nützt natürlich nichts, wenn ich nicht in der Lage bin, diesen einzusetzen. Und da man sich auch im weiteren Verlauf der Handlung weiterhin nur (!) auf „Do Not Forsake Me“ verlässt und das wirklich in jeder Szene, in der Cooper durch die Stadt läuft, spielen muss, geht einem das mit der Zeit dann doch leider gehörig auf die Eier und passt irgendwann auch einfach nicht mehr. Denn Thema und Lyrics hin oder her, aber ich finde, das Lied hat immer noch einen heiteren Grundton (ist es vielleicht in Dur geschrieben? – ich höre so etwas nicht) und der will die sich zuspitzende Bedrohung auf dem Bildschirm irgendwann nicht mehr unterstützen. Und generell bin ich der Meinung, dass man gesungenen Text zu Beginn und Ende eines Films durchaus bringen kann, aber dazwischen sollte es, mit einigen pointierten Ausnahmen versteht sich, absolut unterlassen werden. Ich mein, klar, im Finale wird dann endlich mal etwas anderes vom Stapel gelassen, aber das unterscheidet sich vom Rest der Filmmusiken zu jener Zeit nun wirklich nicht – weder im Schlechten, aber auch nicht im Guten.
Und um ehrlich zu sein: Mit dem Score allein stehen und fallen Filme in der Regel ja nicht und „High Noon“ bildet da selbstredend keine Ausnahme. Nein, vielmehr hat er ein anderes, weitaus schwerwiegenderes Kernproblem, mit dem er aber auch lange nicht allein dasteht. Es ist ganz einfach so, dass Hauptfigur Will Kane mit seinem kopflosen Durch-die-Stadt-Gerenne und Um-Hilfe-Gebettle hier schlicht und ergreifend keine Sympathien auf sich ziehen kann. Und das zieht eine Milchmädchenrechnung nach sich: unsympathische Hauptfigur = Desinteresse an ihrem Schicksal = Desinteresse an diesem Werk. Oh und jetzt höre ich die ersten schreien: „Ja, ja, jetzt kommt wieder der Wild-West-Macho durch, der John-Wayne-like keine Schwächen einer Hauptfigur in einer Pferdeoper dulden kann, einfach nur, weil es nicht den Konventionen entspricht und er es nicht gewohnt ist.“. Falls ich damit recht haben sollte, kann ich dem nur entgegnen: falsch! Ich sehe es durchaus nicht als Schwäche eines Films an, wenn die Hauptfigur Schwächen zeigen kann. Wie könnte sonst ein Film wie „Todesmelodie“ mein Lieblings-Film sein? Auch bin ich nicht der Meinung, dass ein Western-Held nie Angst haben darf. Darf er durchaus und auch Will Kane hat sie hier zu recht. Ebenso bin ich nicht der Meinung, dass ein Western-Held nicht andere Leute um Hilfe bitten darf, wenn er in der Klemme steckt. Selbst Waynes Charaktere haben das regelmäßig gemacht, nur dass ihre alten Freunde ihnen immer treu zur Seite standen in diesen Momenten. Und um das also auch gleich auszuräumen, ich finde es durchaus auch einen interessanten Punkt, einmal dort anzusetzen, wo der Protagonist solche Hilfe eben nicht erfährt und alle sein Gesuch aus welchen Gründen auch immer ablehnen. Bis hierhin finde ich die Herangehensweise von „Zwölf Uhr mittags“ durchaus unüblich, vielleicht sogar un-western-like, aber durchaus interessant. Was diesen ganzen Aufbau dann aber wieder kaputt macht, ist wie Coopers Marshal mit den ganzen Abfuhren der Bürger der Stadt umgeht. (Spoiler) Wieso kann er mit diesen ab einem gewissen Punkt nicht einfach umgehen, diese akzeptieren? Denn eines muss man ja wohl auch mal klarstellen: Selbstverständlich hat Kane offensichtlich viel für seine Stadt getan und es wäre nur fair, wenn diese ihm neben dem Gehalt, das sie ihm die Jahre über gezahlt hat, nun auch diesen letzten Ehrdienst erweisen würde. Gemeinsam würde man den Banditen schnell Herr werden und genauso wie ein Marshal für seine Gemeinschaft kämpft, darf diese andersrum auch durchaus mal für ihren Marshal kämpfen. Wenn diese aber nicht dazu bereit ist, weil sie einfach nur aus Dumpfbacken und Duckmäusern besteht, aus Großmäulern und Feiglingen, dann muss der Marshal oder viel genauer gesagt der Privatmann Will Kane, der jahrelang der Marshal war, irgendwann auch einfach mal einsehen, dass es sein Kampf ist, um den es da geht. Miller kommt nicht wegen der Stadt, sondern wegen ihm. Genau deswegen kehrt er zu Beginn des Films ja auch um, weil er sonst sein ganzes Leben lang weglaufen müsste. Er ist sich dieser Tatsache grundsätzlich also auch bewusst, also dürfte er an irgendeinem Punkt des Films durchaus auch mal den Kopf wieder nach oben nehmen und sich sagen „Ok, es ist, wie es ist, du musst den Gaunern alleine gegenübertreten, also bereite dich vor!“ (ich könnte jetzt fies sein und sagen, dass das in einer relativ bekannten Weihnachts-Komödie sogar einem Achtjährigen gelingt, der zufällig mitbekommt, dass Banditen am Weihnachtsabend sein Elternhaus ausrauben wollen, das er zu dem Zeitpunkt durch einen Zufall gerade alleine bewohnt – bin ich aber natürlich nicht und spare mir daher diesen Hinweis ;)). Wegen mir darf er ihn auch hängen lassen und sagen „Oh mein Gott, mir hilft keiner, ich muss es alleine schaffen, wie soll ich das nur?“, aber ganz ehrlich: Wie hat er denn vorher die Stadt verteidigt? Da wird ja auch nicht immer nur ein Bandit gleichzeitig in die Bank gegangen sein und um Geld gebeten haben. Da muss er ja auch schon mal dem Tode ins Auge geblickt haben und wird ja wohl vorher auch nicht immer noch ewig rumgeheult haben. Aber was macht Kane? Läuft wie ein Verkäufer durch die Stadt, der seinen Staubsauger nicht los wird und spielt die ganze Zeit mit dem Gedanken, doch noch abzuhauen. Und nicht nur das. Anstatt dann irgendwann mal zu sagen „So, ihr Penner, jetzt habe ich euch jahrelang beschützt und was ist am Ende der Dank dafür? Geht dahin, wo ihr hergekommen seid!“, duckt er sich selbst da noch weg und hört sich brav jede Ausrede an, um am Ende weiterzuziehen. Eine richtige Flasche ist das, dieser Kane! Haut dem Barkeeper im Saloon, wo sowieso eher eine Stimmung pro Miller herrscht, eins in die Schnauze und hilft dem dann noch hoch, nur weil der meint, dass er ja gar nicht mehr Marshal wäre und sich nicht so aufzuspielen bräuchte. In so einem Moment wünsche ich mir tatsächlich eine andere Hauptfigur, die taff genug ist, dem Arsch dann wenigstens noch die richtige Antwort zu verpassen, anstatt solche verbalen Tritte in die Fresse dann auch noch kommentarlos hinzunehmen und dem Penner sogar aufzuhelfen.
Der Gipfel dieser für mich als Zuschauer optischen Grausamkeiten ist dann die Farce in der Kirche. Hier verstecken sich die angefragten Bürger hinter jeder noch so entfernten, politisch begründeten Ausrede und führen natürlich jedwede Genre-Konventionen vom brav arbeitenden Städter, der sich aus der Politik raushält und im Zweifel lieber einmal mehr die Waffe rausholt, als zu wenig ad absurdum. Und ja, da bin ich ganz ehrlich, das nervt mich dann schon. Vor allem, weil genau das die Szenen sind, die Comics wie Lucky Luke und Konsorten immer parodieren. Dabei sind das eben keine typischen Szenen für einen Western. Es ist das nervigste Stück eines in Gänze relativ nervigen Genre-Einzelgängers und als das sollte man es auch behandeln. Solch ein dämlicher Palaver tut diesem wunderbaren Genre nicht gut und steht in keinem Fall für es als Ganzes. Zumal sich hier ja auch sofort ein paar Männer auf die Seite von Kane schlagen. Warum die dann nicht sofort ihre Waffen packen oder zumindest am Ende mit ihm aus der Kirche marschieren, habe ich nicht wirklich begriffen. Sie wirkten nicht so, als ob sie sich von den anderen hätten überzeugen lassen. Der einzige Lichtblick dieser Szene ist der Paster, der Kane bockig ebenfalls keine Hilfe anbieten will, weil er sauer ist, dass dieser nicht in seiner Kirche geheiratet hat. Diese Kirchenkritik (die zumindest ich darin sehe) finde ich für diese Zeit auch ganz gewagt und ganz cool, mehr gibt’s hier dann aber auch nicht zu holen (außerdem wird das alles ja auch dadurch schon wieder abgeschwächt, dass er nur nicht in der Kirche geheiratet hat, weil er eine Quäkerin ehelicht, also auch eine Christin, er ist ja kein Heide). Vor allem wo Kane auch hier dann die ganze Zeit so blöd danebensteht und nur seinen Hut kreisen lässt wie ein dummer Schuljunge. Als müsste er dieser Stadt noch irgendwas dafür geben, dass er jetzt einmal um Hilfe bittet. Regt mich nur auf sowas… (Spoilerende)
Und es ist ja nicht nur Kane, der nervt. Mindestens genauso, wenn nicht in einigen Szenen noch mehr nervt seine Angetraute Amy Fowler Kane. Die ist so was von blond, die Frau, es ist unglaublich. Nicht mal, wenn Helen Ramirez es ihr ins Gesicht sagt, begreift sie, warum ihr Mann in der Stadt bleibt und auf die Ganoven wartet. Ganz ehrlich, der offensichtlich auch sehr von sich eingenommene M. Z. Ribalow (wer ist das überhaupt?) bringt es mit seiner Frage in „Inside High Noon“ auf den Punkt: Wieso heiratet Kane eigentlich die und nicht die Mexikanerin? Die Antwort gibt er selber und ich habe sie quasi oben schon etwas ausführlicher gegeben (er formuliert und meint es zwar etwas anders, aber im Endeffekt läuft es auf dasselbe hinaus): Weil Kane ein Idiot ist! (Spoiler) Und Amy läuft, nachdem sie endlich begriffen hat, dass es hier um Leben und Tod geht, natürlich auch direkt in den Schusswechsel hinein und kriegt keinen Kratzer ab, ist klar! (Spoilerende)
Womit wir bei der letzten Komponente angekommen wären, die man bei „High Noon“ aber grundsätzlich in den Sand gesetzt hat: dem Ende. (Spoiler) Da habe ich dann doch etwas nachdenklich dagesessen. Denn was passiert? Dieser unglaublich ängstliche Held, der sich den ganzen Film über Gedanken gemacht hat, wie er den vier Bösewichtern alleine das Wasser reichen soll, obwohl er schon ein Leben lang Marshal war, pustet sie einfach alle der Reihe nach um. Gut, den dritten, Robert J. Wilke, erledigt seine Frau und auch beim letzten muss sie ihm quasi helfen, aber das alles ja nur, weil sie sich überhaupt eingemischt hat. Man hat zwischendurch nicht das Gefühl, dass Kane früher oder später nicht auch mit den anderen beiden so fertig geworden wäre. Und das ist genau der Punkt: Man denkt sich „Wieso hast du jetzt eigentlich die ganze Zeit so gejammert, wenn es am Ende doch so leicht war?“. Denn Kane trägt ja nicht eine Schramme davon, es ist nie wirklich knapp und er den Banditen, die mit Ian MacDonald auch noch einen absolut lächerlichen Anführer verpasst gekriegt haben, immer einen Schritt voraus. Wo war also sein Problem die ganze Zeit?
Und mein Problem? Mein Problem ist, dass man so einen Film, wenn man wirklich an den Konventionen rütteln und etwas Umwerfendes produzieren wollte, dann auch unkonventionell hätte enden lassen müssen. Sicher, es ist nicht gerade das klassische Happy Ending anderer Vertreter, aber es ist ein gutes Ende. Beide leben und reiten gemeinsam in den Sonnenuntergang. Dabei hätte man Kane sterben lassen müssen, damit das Ganze auch einen Sinn bekommen hätte. So denkt man die ganze Zeit über, dass er es doch eh überleben wird und sich von daher auch nicht so anzustellen braucht und wenn er es am Ende dermaßen überlegen tut, stößt man auch keine erstaunten Schreie aus… (Spoilerende) Auch hier wird „Zwölf Uhr mittags“ meiner Meinung nach vollkommen überschätzt, obwohl er gerade hier nicht von den Konventionen abweicht – an der wichtigsten Stelle im Film.
Ebenso überschätzt wie sein Regisseur, um diesen Punkt nochmal aufzugreifen. Der hält unglaubliche Stücke auf sein starres Schienenbild, das er ständig dazwischenschneidet und dabei sieht genau das so scheiße aus und strahlt überhaupt nicht die Bedrohung aus, die er sich davon erhofft. Grausam! Auch dieser Uhren-Fimmel, der seine übersteigerte Fortsetzung in den Dokumentationen hierüber findet, ging mir im wahrsten Sinne des Wortes mehr auf den Zeiger, als dass er mich umgehauen hätte. Und auch ansonsten bleibt „High Noon“, was inszenatorische Kniffe angeht, völlig blass und austauschbar und auch der vielgepriesene Kameramann Floyd Crosby hat meiner Meinung nach nur eine memorable Einstellung parat: seinen Kran-Shot kurz vor dem Showdown; der macht schon was her, der Rest eher nicht.
Und last but not least kann ich „Zwölf Uhr mittags“ auch schauspielerisch nicht so viel abgewinnen wie manch anderer. Sicher, Cooper ist erneut großartig und spielt das, was er spielen soll, sehr gut, aber weil mir eben jene Herangehensweise an seine Rolle nicht gefällt, habe ich logischerweise auch ihn nicht sonderlich in mein Herz schließen können. Völlig überschätzt ist aber vor allem Grace Kelly. Die ist ja völlig unsicher und weiß gar nicht, was sie machen soll (was sich, um das mal vorwegzunehmen, im Laufe ihrer Karriere aber auch nicht groß geändert hat). Klar, sie sieht sehr gut aus, aber mehr auch nicht. Und ich mein, wo soll es denn auch herkommen? Kramer gibt es selbst zu. Er hat sie aufgrund eines Fotos engagiert! Die musste nicht mal schauspielerisches Können nachweisen für diese Rolle. Kann sie im Film auch nicht. Und der Rest des mit großen Namen nicht gerade kleckernden Castes ist in Ordnung und macht seine Sache solide – aber mehr eben auch nicht.
Und ganz ehrlich: Mehr will ich zu diesem ach so großen Klassiker dann auch nicht sagen. Außer, dass er diesen Titel absolut zu unrecht trägt. Denn nur weil ich mit einigen Konventionen breche, bin ich noch lange kein guter Film. Und ein Klassiker sollte natürlich immer auch ein guter Film sein. Hier aber wird dermaßen unlogisch und unbeholfen mit den gängigen Klischees gebrochen, dass man als Western-Fan nur die Hände über dem Kopf zusammenschlagen kann. Und darüber hinaus kommt es noch viel dicker: Es ist genau diese Ausgangsposition der gereinigten Stadt, in der ein Marshal es geschafft hat, alle bösen Buben zu beseitigen, sodass sich die Stadt fast schon langweilt, weil nichts mehr passiert, die in den Lucky-Luke-Geschichten dieser Welt immer auf’s Korn genommen wird. Das heißt „High Noon“ hat zu allem Überfluss auch noch Klischees geschaffen, die das Genre so gar nicht hergibt. So eine blütenweiße Stadt gibt es sonst in der Regel nicht (mir fällt zwar gerade kein anderer Film ein, bei dem das so gewesen wäre bzw. der es nötig gehabt hätte, darauf so eindeutig hinzuweisen, aber man soll ja niemals nie sagen – dafür gibt es einfach zu viele Pferdeopern) und solch lamentierende Bürger wie in der Kirchenszene auch nicht. Das gibt es nur hier. Und von daher bin ich doppelt sauer auf den Film. Nennt mich verbohrt, nennt mich unaufgeschlossen, nennt mich einen John-Wayne-Fan (der ich ohne Zweifel bin), nennt mich, wie ihr wollt und behaltet um Gottes Willen diesen Film, wenn er euch gefällt, aber ich bin an dieser Stelle raus, ich habe mich nun genug aufgeregt. Vergehen wird dieser Streifen eh nie, dafür ist sein Ansehen, offensichtlich gerade auch bei Nicht-Fans einfach zu groß. Ich dagegen kann hierauf sehr gut verzichten und schaue mir einfach gleich noch eine Pferdeoper mit dem Duke an – meine Art von Western!
Zur BD:
In diesem Falle habe mir doch wirklich mal was gegönnt, für diesen Klassiker keine Kosten und Mühen gescheut und mir die BD von Studiocanal (bzw. Arthaus, um es auf’s Unterlabel zu berichtigen) zugelegt. Und da haben diejenigen, die das Master überarbeitet haben, doch wirklich alle Arbeit geleistet. Das Bild ist echt überragend für so einen alten Film und der Ton entsprechend. Da macht das dann doch echt mal Spaß, sich so’n Ding reinzuziehen, einfach vom Erlebnis her. Und auch wenn ich bislang über das Bonusmaterial geschimpft habe, so ist es doch echt cool zu sehen, was sich hierzu mittlerweile alles zusammentragen lässt:
- „The Making Of High Noon“ und
- „Inside High Noon“ sind zwei tolle Dokumentationen, in denen die verschiedensten Zeitzeugen und sonstigen Leute, die meinen, sie hätten dazu etwas zu sagen (so z. B. auch Ex-Präsident Bill Clinton), zu Wort kommen und sich mal mehr mal weniger ausschweifend darüber äußern, wie geil der Film doch wäre. Und auch, wenn ich dazu ja eine leicht andere Meinung habe, so sind die Hintergrundinformationen gerade zu den Schwierigkeiten beim Dreh zu Beginn der McCarthy-Ära echt super interessant.
- „Ballad High Noon“: Was das soll, weiß ich nicht. Hier hat man einfach den Vorspann, in dem ja die Ballade „Do Not Forsake Me“ einmal in Gänze durchläuft, einfach nochmal als Einzelclip draufgetan. Ganz ehrlich: Wenn ich nur das Lied hören wollte, könnte ich auch einfach nochmal den Film beginnen und danach selber abbrechen, aber ok, wer’s braucht…
- Deutscher Trailer
- US-Trailer
Und leider muss man unabhängig von der tatsächlichen Qualität des Films ja leider sagen, dass man ihn schon zu seiner Sammlung zählen sollte, wollte man diese als halbwegs vollständig bezeichnen.
Zitate
„Du weißt, dass es Schwierigkeiten geben wird.“ – „Dann ist es besser, sie hier zu haben.“(Kane gibt sich seiner Frau gegenüber anfangs noch kämpferisch)
„Du verlangst von mir eine Stunde zu warten, bis sich herausstellt, ob ich deine Frau oder deine Witwe bin?“(Amy versucht Interpretationsschwierigkeiten bezüglich der Aussagen ihres Mannes zu vermeiden)
„Kane, wenn du klug bist, dann gehst du auch fort.“ – „Ich kann nicht.“ – „Ich weiß.“(Helen Ramirez gibt sich Kane gegenüber verständnisvoll)
„Um ein Mann zu sein, braucht man etwas mehr als breite Schultern.“(Helen klärt Deputy Marshal Harvey Pell (Lloyd Bridges) darüber auf, dass er in der Pubertät hängengeblieben ist)
„Immerzu hatte ich nur den einen Wunsch: Ich wollte so werden wie du, Mart. Dein ganzes Leben lang warst du Sheriff.“ – „Jawohl, mein ganzes Leben. Ein großartiges Leben! Du riskierst deinen Hals, diese Kerls zu kriegen und die Gerichte lassen sie laufen, damit sie zurückkommen und wieder auf dich schießen können. Wenn du anständig bist, bleibst du dein Leben lang arm. Und schließlich krepierst du mutterseelenallein irgendwo in irgendeiner schmutzigen Straße. Für was? Für nichts! Für einen Blechstern…“(Ex-Marshal Martin Howe (Lon Chaney Jr.) singt ein Loblied auf’s Gesetzeshüterleben)
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