Todeszug nach Yuma

3:10 To Yuma

★★★ ++

  • Jahr: 2007
  • Regie: James Mangold
  • Darsteller: Christian Bale, Russell Crowe, Logan Lerman, Ben Foster, Dallas Roberts, Peter Fonda, Alan Tudyk, Gretchen Mol...

Story

Aus Geldnot bietet Farmer Dan Evans (Christian Bale) an, den berüchtigten Bandenchef Ben Wade (Russell Crowe) zusammen mit dem Bahnangestellten Grayson Butterfield (Dallas Roberts), Pinkerton-Detektiv Byron McElroy (Peter Fonda), Veterinär Potter (Alan Tudyk) sowie dem Marshals-Gehilfen Tucker (Kevin Durand) für 200 Dollar nach Contention zu bringen, um diesen hier in den 15:10-Uhr-Zug zu setzen, der ihn nach Yuma ins Gefängnis bringen soll. Verfolgt wird die kleine Gruppe dabei von Wades Bande unter Führung des durchgeknallten Charlie Prince (Ben Foster) – und Evans Sohn William (Logan Lerman). Während Letzterer sich bei Gelegenheit dem Trupp anschließt, sterben auf dem Weg nach Contention sowohl Tucker, McElroy als auch Potter. In der Stadt angekommen, steigt nach einer List Charlie Princes auch Butterfield aus der Sache aus und nachdem er seinem Sohn verbietet, weiterzumachen, steht Evans mit einem Male vor der Aufgabe, Wade allein in den Zug zu setzen. Hierbei bekommt er allerdings unerwartete Hilfe von dem Banditen selbst, der mittlerweile Achtung vor dem Farmer hat und den er mit seiner bis hierhin recht trostlosen Lebensgeschichte vollends von dieser „guten Tat“ überzeugen kann. Daher lässt sich Wade von Evans in einen Waggon des Zuges setzen – und muss von da aus mit ansehen, wie Prince den wackeren Mann im letzten Moment doch noch erschießt. Daraufhin dreht Wade durch, legt seine ganze restliche Bande um und steigt wieder in den Zug, um sich nach Yuma kutschieren zu lassen, von wo er laut eigener Aussage bereits zweimal ausgebrochen ist…

Worte zum Film

sehr gute Darsteller und handwerkliche Extraklasse; dafür eine unnötig aufgebauschte Story mit ganz neuer Grundausrichtung; ein Remake nach dem Motto „höher, schneller, weiter“ verliert den Vergleich mit dem Original

Bewertung

Zum Film:

Wisst ihr, was – neben der Grundstory versteht sich – die größte Gemeinsamkeit zwischen Delmer Daves‘ „Zähl bis drei und bete“ von 1957 und seinem 2007er Remake „Todeszug nach Yuma“ von James Mangold ist? Der selten dämliche deutsche Titel! Ich hatte eigentlich gedacht zu dieser Zeit wären wir bereits längst über die Phase viel zu reißerischer Film-Benennungen hinweg gewesen, aber da hatte ich mich offensichtlich geirrt. Von daher kann ich also nur sagen: Wer jetzt hier einen „Snowpiercer“ im Westerngewand erwartet, der wird wohl ziemlich enttäuscht werden. Da sollte man sich schon lieber an den Originaltitel halten, denn wo „3:10 To Yuma“ draufsteht, ist auch „3:10 To Yuma“ drin. Und doch hat Mangolds Neuaufguss durchaus genug Eigenständigkeit zu bieten und hätte so durchaus ein wirklich guter Vertreter werden können, aber leider, leider ist das, was auf den ersten Blick wie eine Stärke klingt, die größte Achillesferse dieser Produktion. Denn beim Versuch die zugrundeliegende Geschichte von Elmore Leonard ins 21. Jahrhundert zu bringen, hat man traurigerweise vergessen, den Kern derselben mitzunehmen. Und damit ist dieses Werk leider ein aus meiner Sicht nur allzu typisches Kind seiner Zeit. Denn es war in der Historie des Films schon immer so, dass es große Blockbuster gab, bei denen man das Gefühl nicht los wurde, dass sie künstlich gestreckt wurden, um auch ja eine bestimmte Mindestlaufzeit (in der Regel mindestens zwei Stunden) zu erreichen. Aber in den sogenannten „Nullerjahren“ empfand ich nicht ab und an so, sondern ständig. Da schien wirklich so gut wie jeder große Hollywood-Schinken sogar mindestens zweieinhalb Stunden laufen zu müssen, um von den jeweiligen Produzenten abgenickt zu werden. Ich will da jetzt nicht weiter ins Detail gehen, aber mir fallen da spontan z. B. „The Last Samurai“ (2003), „Troy“ (2004) und „Casino Royale“ (2006) aus einigen Jahren vor dem hier besprochenen „Todeszug nach Yuma“ ein, die alle in etwa diese Länge hatten, und bei denen ich jeweils dachte, dass sie durchaus auch ein wenig bis um einiges kürzer hätten sein dürfen, um mir noch wesentlich besser zu gefallen. Daran könnt ihr schon ablesen, dass dies alles für mich grundsätzlich keine schlechten Streifen sind (ganz im Gegenteil ist gerade Zwicks Epos sogar richtig gut), aber wenn man selbst bei eben solchen dieses Gefühl hat, dann stimmt etwas nicht. Und aus genau diesem Grunde vermute ich dahinter eine Methode (die im folgenden, für mich wieder wesentlich besseren Filmjahrzehnt erfreulicherweise größtenteils wieder abgestellt wurde). Und nein, Mangolds „3:10 To Yuma“ läuft „nur“ etwa zwei Stunden und fällt somit diesbezüglich eigentlich aus eben genanntem Rahmen, aber wenn man sich vor Augen hält, dass das Original nur anderthalb Stunden für die gleiche Geschichte brauchte, kann man sich denken, wie gestreckt einem auch dieses Abenteuer vorkommen muss (oder zumindest kann). Und für mich hat das Ganze daher hier ebenso Methode, die ich auch überschreiben kann. „Todeszug nach Yuma“ läuft unter dem Motto „höher, schneller, weiter“.

Mit dieser Eigenschaft halten die neuen Drehbuchautoren Michael Brandt und Derek Haas (warum einem in den Credits und selbst in der IMDb das Gefühl gegeben wird, Halsted Welles hätte auch bei der Neuauflage mit am Script geschrieben (das kann er aber nicht, da er zu diesem Zeitpunkt, wie ihr bestimmt schon richtig vermutet, bereits tot war), verstehe, wer will) aber auch keine Sekunde hinterm Baum. Bereits die Intro-Szene sagt uns: Hier geht es um mehr als im Original. Hier macht Hauptfigur und Farmer Dan Evans (Christian Bale) nicht nur die Dürre zu schaffen. Nein, das reicht heutzutage offensichtlich nicht mehr aus. Heute müssen mindestens ein krankes sowie ein aufmüpfiges Kind dabei sein und ein gespanntes Verhältnis zur Ehefrau sowie ein kaputtes Bein machen sich natürlich auch immer gut – von den Raten, die Evans abzustottern hat und wegen derer gleich zu Beginn einfach mal seine ganze Scheune in Flammen aufgeht, ganz zu schweigen… Um es mal ganz modern auszudrücken: Das ist mir ein bisschen „too much“ (und ja, ich hasse diesen Ausdruck auch, aber hier passt er eben zur Vorgehensweise). Das ist mir zu übertrieben aufgeblasen. Ebenso hätte man auch beim darauffolgenden Postkutschenüberfall von Ben Wade (Russell Crowe) und seiner Bande nicht so dick auftragen müssen. Und dabei ist die Tatsache, dass ich nicht verstehe, warum heutzutage jedes Mal ein Scharfschütze und eine Gatling dabei sein müssen (erneut ganz zu schweigen davon, dass die Kutsche übelst befestigt ist und neuerdings von den Pinkertons eskortiert wird), gar nicht mal mein Problem (das sieht, entsprechend umgesetzt, ja meist gut aus). Die in diesem Fall durch den exzessiven Einsatz von Wackelkamera und schnellen Schnitten hervorgerufene Unübersehbarkeit der Verhältnisse machte mir viel mehr zu schaffen. Nur in Zeitlupe konnte ich da wirklich etwas erkennen (bereits an dieser Stelle sei allerdings zur Verteidigung aller Beteiligten angemerkt: das soll sich im weiteren Verlauf definitiv bessern). Und klar, dadurch wird der Überfall im Vergleich zum Original natürlich um einiges plastischer, aber die kaltschnäuzige Tötung seines eigenen Bandenmitglieds durch Wade kann im Anschluss an dieses Spektakel auch lange nicht mehr die aufrüttelnde Wirkung entfalten, die sie bei Daves noch hatte. Zumal Brandt und Haas hier sogar noch einen Schritt weiter gehen und Crowes Badguy sogar noch eine Rechtfertigung für sein heftiges Tun ins Drehbuch schreiben – damit hat sich der Fall dann selbstredend vollständig erledigt. Von da an ist eigentlich schon klar: Der neue „3:10 To Yuma“ ist nicht länger ein Adult-, sondern „nur noch“ ein Action-Western.

Wobei ich das „nur noch“ hier selbstverständlich mit voller Absicht in Anführungszeichen gesetzt habe. Denn ich wäre ja der letzte Mensch auf Erden, der einem gut gemachten Action-Western abgeneigt wäre. Und selbst einem Remake eines klassischen US-Vertreters kann diese Art der Neuaufbereitung sehr gut zu Gesicht stehen wie uns beispielsweise Antoine Fuqua 2016 mit seinem neuen „The Magnificent Seven“ noch zeigen sollte. Dieser besticht z. B. durch seine erfrischend aufpolierte Herangehensweise. Und von daher gibt Mangold auch völlig zu Recht zu, dass ihm bei „Zähl bis drei und bete“ immer die Reise gefehlt hat und lässt dieses Stück „fehlende Story“ dementsprechend hier neu einsetzen. Aber auch dieses „fehlende Stück“ habe ich nicht umsonst in Anführungszeichen gesetzt, denn die daraus resultierenden Szenen führen natürlich nicht nur zu einem komplett neuen Rhythmus (aber das tut bereits die ganze, aufgebauschte Rahmenhandlung), sondern vor allem zu einer völlig anderen dramaturgischen Ausrichtung. (Spoiler) Dadurch, dass die Konfrontation des einfachen Farmers und des Revolvermannes in der Enge des Hotelzimmers nicht mehr der Höhepunkt des Ganzen sein kann, muss auch das Psychospiel Wades wesentlich früher beginnen. So versucht dieser hier schon bei einer nächtlichen Rast zu Beginn des Ritts nach Contention Zweifel in Evans zu sähen. Vielmehr folgt bis zum Erreichen des Abfahrtsorts des titelgebenden Zuges dann aber auch nicht mehr, da es Mangold sowie Brandt und Haas offenkundig gar nicht um eine Neuauflage eben dieser subtilen Machtkämpfe unter den Protagonisten ging.

Denn nicht nur liegt der Fokus anders als im Original sowieso lange nicht so eindeutig auf diesen beiden, sondern spielt auch der Rest der Eskorte eine wesentliche Rolle, die dann auch gleich mal um drei Leute auf damit fast die doppelte Größe erweitert wird. Hinzu kommen hier der Pinkerton-Detektiv Byron McElroy (bei dem man sowieso das Gefühl nicht loswird, dass dieser nur eingefügt wurde, damit Peter Fonda nochmal den coolen Macker raushängen lassen darf), der schmierige Marshals-Gehilfe Tucker (Kevin Durand) sowie Evans Sohn William (Logan Lerman). Nun gut, immerhin hat man es durch den Kniff mit Letzterem vermieden, dass man Evans Frau Alice (Gretchen Mol) ähnlich unglaubwürdig wie in der Vorlage ebenfalls nach Contention schicken musste, aber grundsätzlich sind das ein paar Figuren zu viel. Und was die dann noch alles für einen hanebüchenen Unsinn erleben müssen… Da befreit sich Wade tatsächlich gleich zweimal und wird ebenso oft wieder festgesetzt. Die Szenen, die im Bahnbaucamp spielen (oder im Eisenbahnercamp, wie der „Winnetou“-Experte sagen würde), stellen dabei den Gipfel an filmischer Überflüssigkeit dar. Das ist einfach wieder zu viel (ganz zu schweigen davon, dass kurz zuvor, wenn endlich mal wieder geschossen wird und wir Indianer zu sehen kriegen wollen, die Morde auf einmal mehr off als on screen geschehen und die „Rothäute“ auch bloß Sekunden im Bild zu sehen sind). Ebenso bekommen auch Charlie Prince und seine Jungs hier noch ein wenig mehr Raum zur Entfaltung, den es nicht gebraucht hätte. Und ja, selbstverständlich mag es sein, dass es nachvollziehbar und vielleicht sogar realistischer ist, wenn die Bahn beim Streit um Evans Land und damit im gesamten Streifen auch eine Rolle spielt, wenn auf dem Trip nach Contention auch noch ein Arschloch auf der Seite der „Guten“ mit dabei ist oder wenn sich Wades Bande ob seiner Befreiung uneins ist (ob es ebenso glaubwürdiger ist, dass der Banditenchef selbst zusätzlich noch ein Künstler (nämlich ein Maler) ist, darf jeder für sich selbst entscheiden), aber dies alles lenkt vom eigentlichen Kern der Originalgeschichte ab. Und durch diese Verlagerung wie Verzerrung des Psychoduells der beiden Protagonisten (wenn man den kümmerlichen Rest, der hier davon übriggeblieben ist, dann überhaupt noch als „Duell“ bezeichnen kann)  geht der Großteil der Intensität desselben aus dem 1957er Original verloren. Dabei war gerade dieses dessen größter Trumpf. Ich für meinen Teil habe hierin im Gegensatz zu Herrn Mangold jedenfalls niemals ein Road Movie gesehen. Und diesen Verlust vermag dann keine Neuausrichtung der Geschichte wieder wettzumachen und sei sie noch so actionbetont. (Spoilerende)

Allerdings, das sei diesem Werk auf jeden Fall zugestanden, gut sieht es ja wirklich aus. Rein handwerklich macht Mangold und seiner Crew jedenfalls niemand etwas vor; das ist erste Sahne! Sieht man von besagter übermäßiger Hektik in Wades Einführungsszene ab, inszeniert der New Yorker hier absolut tadellos. Kameramann Phedon Papamichael steuert das Seinige zum hervorragenden optischen Auftritt dieses Werks bei, das durch seine unfassbar teure wie passende Ausstattung ja sowieso schon kaum einen Fan-Wunsch offenlässt und Cutter Michael McCusker geht nun auch nicht jedes Mal so heftig zur Sache wie in oben erwähntem Beispiel. Zusätzlich unterstreicht Marco Beltramis Score die Bilder auf der Leinwand stimmungsvoll, bleibt dabei aber meist dezent im Hintergrund, wogegen nichts zu sagen ist. Nur, warum die Schauspieler hier in mindestens einer Szene (nämlich in der, in der Evans Sohn sich dem Rest der Truppe anschließt) offensichtlich auf Pferderückenattrappen sitzen, die sich bewegen wie eins von diesen Ruckel-Autos, die vor den Supermärkten stehen und in die kleine Kinder die Euromünzen ihrer Eltern stecken sollen, wo Mangold ansonsten doch angeblich so viel Wert auf Realismus gelegt hat, verstehe ich nicht…

Und die Schauspieler? Nun, die stellen das einzige Puzzleteil dar, in dessen Qualität der „Todeszug“ den „Zähle-Beter“ sogar noch übertrifft. Und das mit Leichtigkeit, denn mit Russell Crowe und Christian Bale wurden für die Hauptrollen hier gleich zwei der besten Mimen unserer Zeit engagiert – auch wenn sich beide diesen Status bei mir erst erarbeiten mussten. Aber es stimmt und diese Aussage ist tatsächlich auch heute noch gültig. In diesem Streifen muss nun vor allem Bale gelobt werden, da er seinen Evans absolut glaubwürdig darstellt und Crowe es mit seiner Rolle – wie Ford seinerzeit schon – viel einfacher hat beim Zuschauer Sympathien zu wecken. Allerdings muss man am Ende auch schlicht konstatieren: Russell Crowe ist eine Naturgewalt! Glenn Ford war als Ben Wade seinerzeit denkwürdig. So denkwürdig, dass dem Neuseeländer nur eine vollkommene Neuinterpretation der Rolle geblieben wäre, um sie zu überbieten, was aber aufgrund der sich daraus zwangsläufig ergebenden, weiteren Story-Veränderung reichlich sinnlos gewesen wäre. Also spielt er fast den gleichen Wade 50 Jahre später noch einmal (wie gesagt fast; er legt ihn nur etwas schwermütiger an), aber auch das so einmalig gut, dass es jedem selbst überlassen werden muss, wen er bevorzugt. Ich für meinen Teil subventionierte früher immer Ford, aber mittlerweile bin ich mir da gar nicht mehr so sicher (am Ende kann man das allerdings halten wie ein Dachdecker). Im Supporting Cast, der ansonsten durch die Bank sehr ordentlich spielt, muss vor allem Ben Foster erwähnt werden. Der ist ja so was von aufgesetzt… Als Jugendlicher konnte er mich damit trotzdem noch überzeugen, aber heute finde ich das eher peinlich (auch wenn’s cool aussieht, wenn er am Ende ausrastet, weil ihm die Bürger von Contention fast seinen geliebten Chef wegschießen). Peter Fonda ist dagegen – obwohl er eigentlich eher der Typ dafür wäre – lange nicht so unglaubwürdig und Dallas Roberts ist sogar richtig gut. Fun Fact am Rande: Obwohl ich gerade mal wieder „Boardwalk Empire“ durchgucke und mich zu diesem Zeitpunkt inmitten der dritten Staffel befinde, habe ich Gretchen Mol hier erst während des Aufenthalts von Wade auf der Evans-Farm wiedererkannt. Manchmal steht man aber auch aufm Schlauch…

Und so kann man diesen „3:10 To Yuma“ trotz seiner wissentlichen Reduzierung auf seine Schauwerte doch ziemlich gut gucken und große Stücke auch genießen. Das Finale gehört allerdings nur bedingt zu Letzteren. (Spoiler) Hier bin ich jedes Mal wieder erstaunt, dass und in welcher Art und Weise Brandt und Haas dies umgeschrieben haben. Zuerst einmal ist da dieses „Ich gebe jedem Bürger 200 Dollar, der einen der Bewacher unseres Chefs erschießt.“-Ding von Charlie Prince. Natürlich ein interessanter Einfall, aber auch dieser fällt erstens in die Kategorie „höher, schneller, weiter“ und zweitens ist dieser bzw. eher die Tatsache, wie die Bürger und Gesetzeshüter der Stadt darauf reagieren, nun gerade nicht realistisch. Wie bitte schön sollte denn einer derjenigen, die tatsächlich einen Sheriff für diese Summe töten würden, unter den anderen Einwohnern weiterleben können, wenn die wissen, woher dieses Geld stammt? Ganz davon abgesehen, dass er Selbiges wohl nicht lange behalten würde… Aber immerhin wird auf dem Weg zum Bahnhof jetzt endlich ordentlich auf Evans und Wade geschossen. Das fehlt der Vorlage nämlich wirklich. So unbehelligt wie die zum Zug gelangen, ist das schon leicht verwunderlich. Natürlich aber wird auch diesbezüglich und eines richtigen Action-Western würdig im Remake wieder maßlos übertrieben. Drei Zehntel der Gegner hätten es auch getan (und ich wette, die meisten von euch haben den Wortwitz gar nicht (beim ersten Mal) bemerkt ;) ).

Noch wesentlich unverständlicher ist mir allerdings, warum tatsächlich auch an der Auslieferung Wades als solche etwas geändert wurde. Denn das war doch alles gut so, wie’s war. Na klar, Evans will Wade im Original deswegen in den Zug setzen, weil er es einfach tun muss, was aus heutiger Sicht mit Sicherheit ein veralteter und – zugegebenermaßen – selbstverständlich auch schwachsinniger Grund ist, damals aber gang und gäbe war und vor allem trotzdem allemal besser ist als dieses „Ich bin im Krieg davon gelaufen und will jetzt endlich mal zeigen, dass ich auch ein richtiger Mann sein kann.“-Geblödel (mal wieder ganz davon abgesehen, dass sich Wade in dieser Ausgabe zu diesem Zeitpunkt bereits das dritte Mal von Evans befreit hat und eigentlich nur noch wegzulaufen braucht). Und dem armen Christian Bale hätte man’s ja wohl gegönnt, wenn er das Ende auch noch erlebt hätte. Und auch, wenn’s immerhin cool aussieht, wie Crowe seine eigenen Leute über den Haufen schießt: Wieso lässt er sich von dieser „Ich war ein Feigling.“-Story so einnehmen, dass ihm dermaßen die Sicherungen durchbrennen? Man hat zumindest das Gefühl, dass einen Glenn Ford ein solches Ende seines Antreibers nicht halb so viel interessiert hätte. Daher nehme ich dann doch lieber die Variante dort. Und das auf jeden Fall auch trotz der Tatsache, dass Brandt und Haas hier immerhin für all diejenigen, die immer dachten „Diese Story hätte man mit der Deutschen Bahn als Partner aber nie verfilmen können!“, die amerikanische Antwort darauf parat haben. Auch in den USA kamen und kommen Züge zu spät an – das ist realistisch. (Spoilerende)

Und so fährt dieser „Todeszug nach Yuma“ eindeutig auf den richtigen Schienen, aber leider mit viel zu viel Dampf. Weniger wäre hier eindeutig mehr gewesen. Aber James Mangold und seine hervorragende Crew wollten nach dem Motto „höher, schneller, weiter“ im Gegensatz zum Original von 1957 leider nur ein bombastisches Action-Spektakel schaffen (denn das war Daves Film nun wirklich nicht). Das ist ihnen zwar eindrucksvoll gelungen, aber dadurch, dass die kleine, aber feine Geschichte von damals dafür unnötig aufgebläht werden musste, ist ihr eigentlicher Kern verloren gegangen. Und dabei hat man in dieses Remake ansonsten so gut wie jedes Detail übernommen – warum dann nicht auch die Kürze, in der bekanntlich die Würze liegt? Denn der wesentliche Punkt, in dem sich die Filme unterscheiden, ist dieser: „Todeszug nach Yuma“ spielt im Mittelteil auf dem Weg nach Contention und verliert hier beim Zuschauer einiges Interesse, während es bei „Zähl bis drei und bete“ diesen Part gar nicht gibt und er sich vermehrt auf das Psychoduell seiner beiden Hauptcharaktere konzentriert, welches 2007 nur noch wie eine kleine, wohlgesonnene Zugabe von Seiten der Produktion an ihr Publikum wirkt und ihr somit einen Großteil der Spannung nimmt, von der das Original vornehmlich lebt und die es erst zu dem Klassiker gemacht hat, der er heute ist. Und dieser kleine, aber feine Unterschied differenziert die beiden Filme so sehr, dass Ersterer ein sehr nett anzusehender Neo-Western bleibt, Letzterer jedoch ein Meilenstein in der Geschichte der Western ist, an dessen Ruf die Neuauflage – wenn es nach mir geht – nie herankommen darf und wird. Ich möchte jetzt zwar all denen, die das Remake lieben, nicht vorschreiben ihre bestehende Meinung über beide Filme plötzlich ins Gegenteil zu verkehren und auf einmal den Erst- dem Zweitgedrehten vorzuziehen, aber irgendwo muss man auch Realist bleiben und ich gehöre nicht zu den Menschen, die einen Streifen nur wegen seines schicken 2007er Looks (dem, wenn man drauf steht, Daves Original mit Sicherheit auch nichts mehr entgegenzusetzen hat) oder gar nur wegen der hier wirklich besseren Schauspieler (allen voran Ausnahmekönner Crowe und Bale) lieber mögen, als das vermeintlich deswegen schlechtere Original, das sich meines Erachtens für sein Baujahr mit der Ausstattung und vor allem mit diesem Glenn Ford auch wahrhaftig nicht zu verstecken braucht. Und daher will ich abschließend eine Feststellung treffen, die ich bereits öfter getroffen habe. Die Produzenten dieses Neuaufgusses haben hierbei nämlich einen Fehler gemacht, der im Rahmen von Remakes viel zu oft passiert. Sie haben sich mal wieder einen Streifen zur Wiederholung ausgesucht, der bereits großartig war. Da war von vorneherein keine Luft nach oben vorhanden und mit den geschehenen Storyeingriffen schon mal erst recht nicht. Und genau deswegen ärgert mich das Ergebnis am Ende ein wenig. Denn dieser neue „3:10 To Yuma“ ist an sich kein schlechter Film. Ganz im Gegenteil unterhält er selbst in dieser Form einen Abend lang noch ganz hervorragend, aber er muss sich eben den Vergleich mit der Vorlage gefallen lassen. Wenn man diesen nicht hätte, es also dementsprechend kein Neuaufguss wäre, würde es, das wage ich jetzt einfach mal zu behaupten, mit der Bewertung um mindestens eine Bewertungsstufe nach oben gehen.

Zur DVD:

Sehr schicke DVD von Sony, die mir damals, als sie erschien, für 18 bis 20 Euro aber viel zu teuer war. Über die Bild- und Ton-Quali brauchen wir bei so einem neuen Werk natürlich nicht reden. Trotzdem hatte ich seinerzeit doch nicht vor, meinen Arbeitslohn für damals noch etwa vier bis fünf Stunden hinzublättern (was man alles mit sich hat machen lassen – im Nachhinein sagenhaft), nur weil der Film eben erst rausgekommen war. Hab ihn dann schließlich für 6 Eu im Einzelhandel gekriegt (Media Markt, darf man das sagen?). Zum Bonus kann man nur sagen: top! Echt klasse, was da so alles drauf ist. Da hätten wir ein zwanzigminütiges „Making Of“, eine zehnminütige Doku. über Banditen und Verbrecher im Wilden Westen (das meiste kennt man schon, aber es ist schön, das nochmal zusammengefasst zu hören und endlich einmal Gewissheit über den OK-Corral-Shootout zu bekommen) und quasi einen 6minütigen Nachschlag zum „Making Of“. Sehr geil. Zudem bekommen wir noch Deleted Scenes (und die endlich mal in ner Top-Qualität und mit Einführungs- und Ende-Sequenzen; so gut wie hier hab ich die noch nie gesehen) und einen Haufen Trailer zu anderen Filmen (von denen mich aber keiner interessiert). Ach ja und den Audiokommentar sollte man nicht vergessen, der bestimmt auch sehr interessant ist, mir aber wie immer zu aufwändig zum Gucken war. Also auf jeden Fall kaufen lautet das Gebot für alle, die noch nicht auf Blu-ray umsteigen wollen oder können (und alle anderen lesen einfach weiter).

Zur BD:

Die BD von Sony unterscheidet sich im Vergleich zur DVD nicht nur im Format und damit in der Bildqualität. Dass Letztere wie der Ton auch natürlich über jeden Zweifel erhaben sind, darf man wohl erwarten. Aber auch am Bonusmaterial hat man erneut nicht geknausert und zu den o. g. bekannten Sachen sogar noch zusätzliche Kleindokumentationen spendiert. Als da wären:

  1. „Bestimmungsort: Yuma“: Oben bereits angesprochenes, zwanzigminütiges Making Of. Und das ist für einen heutigen Film schon eine Hausnummer. 20 Minuten hat nicht jede aktuelle Produktion für diesen heute so vergleichsweise leicht zu fertigenden Bonus über. Meist sind das ja nur die sonstigen, auch hier enthaltenen, rund fünfminütigen Promo-Dokus, aber in 20 Minuten erfährt man schon eine Menge mehr an Hintergrundinformationen und darf sich vor allem über die Menge an Kohle wundern, die hierfür geflossen sein muss. Wahnsinn, was man da heutzutage für Kraftakte unternimmt, um auch ja alles so hinzubekommen, wie man es haben will.
  2. „Einem Heldenepos auf den Grund gehen“: Hatte ich oben salopp als „Nachschlag“ zum Making Of geführt und tatsächlich wird hier ein Punkt in der Entstehung dieses Werk etwas weiter ausgeführt, nämlich die Einstellung der Beteiligten zum Thema Western. Und das ist sehr interessant gemacht und auch sehr spannend zu hören, wie z. B. Regisseur Mangold das sieht. Leider nur 6 Minuten lang.
  3. „Gesetzlose, Banden & Gruppen“: Das ist ein absolutes Highlight dieser BD (bzw. auch der DVD wie oben erwähnt)! Und das sieht man auf einer Major-Label-Scheibe einfach nicht oft. Denn diese kleine, nur ca. 13minütige Doku. hat nichts, aber auch gar nichts mit dem Streifen an sich zu tun. Selbst wenn dies hier ein Film über das Leben irgendeines der dargestellten Outlaws gewesen wäre, wäre der ganze Rest dieser Dokumentation, in der es auch um Jesse James, Billy The Kind, Butch Cassidy und Sundance Kid, die Daltons, die Earps und ähnliche geht, eigentlich schon Fakten oben drauf. Und das ist wirklich sehr interessant, was wir in der kurzen Zeit erfahren. Nur schade, dass auch diese Geschichte natürlich locker ein bis zwei Stunden Zeit hätte bekommen dürfen, um auserzählt zu werden. Dann wäre es aber natürlich schon weit mehr als Bonusmaterial gewesen. Also wirklich toll, dieses Ding, das ich mir mit Sicherheit noch öfter geben werden – ganz unabhängig vom Film!
  4. „Die Rolle der Musik“: Auch dieser, nur rund 8minütige Einblick in die Arbeit von Komponist Marco Beltrami hätte durchaus länger ausfallen dürfen. Anstatt des üblichen Blablas kriegen wir hier nämlich wirklich interessante Dinge über den Score und vor allem seine Entstehung erzählt.
  5. „Die Wahl der Waffen“: Dieses 6minütige Featurette über die im Film verwendeten Waffen und wie man sie „filmreif“ machte ist im Vergleich mit dem ganzen anderen, großartigen Zeug tatsächlich noch die uninteressanteste Sache von allen.
  6. „Im Gespräch mit Elmore Leonard“: Auch Elmore Leonard hätte wegen mir wesentlich länger als nur fünf Minuten zu Wort kommen dürfen. Aber immerhin gibt auch er sehr interessante Einblicke in seine Arbeit. Mehr davon!
  7. „Transkontinentale Eisenbahn“: Und als ob das alles nicht schon längst genug wäre, packt Lionsgate hier noch einen oben drauf (denn die haben das damals alles produziert und sind also dafür verantwortlich, dass diese Scheibe einen so dermaßen hervorragenden Eindruck macht) und haut für die BD noch eine 20minütige (!) Doku. über den Bau der transkontinentalen Eisenbahn raus! Wahnsinn! Zwar war es für mich neulich Abend nicht mehr ganz einfach, den englischen Ausführungen trotz angeschalteter deutscher Untertitel zu folgen (gerade, wenn da mit den ganzen Namen der Beteiligten nur so um sich geworfen wird), aber auch das dieses Ding schaue ich mir bei Gelegenheit und wenn ich einen Film sehe, der dazu passt (denn auch das hier streift das Thema dieses neuen „3:10 To Yuma“ ja nur ganz marginal) noch einmal an – ganz große Klasse!
  8. Entfallene Szenen: Die Deleted Scenes machen im Gegensatz dazu kaum was her, denn die laufen wirklich unter dem Motto „Verstehe ich, warum sie herausgeschnitten wurden.“, aber deren Präsentation ist, wie bei der DVD bereits erwähnt, einfach mal wieder viel besser als bei allen Konkurrenten. Hier werden nämlich vor und nach jeder entfallenen Szene noch diejenigen kurz eingeblendet, die im fertigen Streifen jeweils davor und danach gelaufen wären. So muss man das machen!
  9. Audiokommentar mit Regisseur James Mangold: Den habe ich immer noch nicht nachgeholt.

Meine Herren, alles in allem also noch einmal über 80 Minuten an Zusatzmaterial! Das nenne ich ausreichend! Und das ist ja auch nicht irgendwelcher schnell hingerotzter Mist, sondern so ziemlich alles richtig interessant bis hoch informativ. Sieht man in dieser Form, gerade wie gesagt bei Major Labels, bei einem aktuellen Film in der Regel ja überhaupt nicht mehr. Ein glatte Eins dafür! Von daher brauchen wir hierüber auch nicht zu reden. Diese Scheibe gehört unabhängig von der eigenen Meinung zum enthaltenen Film selbst in jede gut sortierte Sammlung (und auch ein Upgrade von DVD auf BD lohnt sich in jedem Fall)!

Zitate

[Dan Evans erklärt seiner Frau Alice (Gretchen Mol), was er in der Stadt vorhat] „Wir wollten solche Sachen gemeinsam entscheiden.“ – [] „Wir kriegen es auch nicht gemeinsam hin, dass es regnet.“(Dan Evans klärt seine Frau Alice über die fehlenden Talente der beiden auf)

„Zu doof, dass die Ärzte so viel von meinem Bein retten konnten. Ich hab gelesen, dass die Veteranenkasse jetzt pro Pfund zahlt.“(Dan Evans würde im wahrsten Sinne des Wortes sein Bein für seine Familie geben)

„Wenn ich mir das so ansehe, wäre es billiger mich die verdammten Dinger einfach ausrauben zu lassen.“(Ben Wade arbeitet angesichts des riesigen Schutzaufwandes, den die Pinkerton-Jungs für den Transport betrieben haben, den er soeben trotzdem überfallen hat, in seinem Kopf an einem Sparkonzept für die Eisenbahn)

„Pinkertons verspäten sich nicht! Deshalb bekommen Sie 18 Dollar am Tag…“(Grayson Butterfield hat das Budget, das ihm sein Arbeitgeber gestattet, immer im Blick)

„Was für’n Scheiß-Arzt sind Sie eigentlich?“ – „Ist ne nette Abwechslung mal mit einem Patienten plaudern zu können.“(Veterinär Doc Potter freut sich über Abwechslung in seinem Berufsalltag)

„Manchmal muss ein Mann die Größe haben, zu erkennen, wie klein er ist.“(Schmierlappen Glen Hollander (Lennie Loftin) hat wohl zu selten in den Spiegel geguckt)

[Ben Wade gibt Dan Evans Geld für die Zeit, die er ihm „geraubt“ hat] „Gibt’s noch was, wofür sie bezahlt werden wollen?“ – „Sie könnten mir fünf Dollar extra geben.“ – „Und wofür das?“ – „Weil sie mich nervös gemacht haben.“(Dan Evans möchte sich angesichts von Wades Geberlaune nicht unter Wert verkaufen)

[Alice Evans versucht, ihren Mann von seinem Vorhaben abzubringen] „Du musst da nicht mit, Dan! Niemand wird deshalb schlechter von dir denken…“ – „Niemand könnte noch schlechter von mir denken.“(Dan Evans kennt seine Umfrage-Werte)

[Ben Wade lässt sich das Ziel der Reise nennen] „Wenn wir getrennt werden, weiß ich jetzt, wo ich hin muss.“(Ben Wade denkt vor Reiseantritt an alle Eventualitäten)

„An meinem Todestag, Byron, habe ich die Hölle hinter mir.“(Ben Wade hat von seinem Heimatplaneten nicht die allerbeste Meinung)

„Auch böse Männer lieben ihre Mama!“(Ben Wade lässt auf Mutti nichts kommen)

[Wade schwärmt vor Evans Sohn von den Frauen in Dogde City] „Frauen, die Dinge mit dir machen, die du nie vergisst!“ – „Und dir Krankheiten anhängen, die du nie vergisst…“(Doc Potter glänzt mit seinem Medizinwissen)

„Wenn man einmal mit einer guten Tat angefangen hat, wird das leicht zur Gewohnheit.“(Ben Wade weiß um die Verlockungen eines redseligen Lebens, ist aber kein Gewohnheitstier)

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