Red River
★★★ ++
- Jahr: 1948
- Regie: Howard Hawks
- Darsteller: John Wayne, Montgomery Clift, Walter Brennan, John Ireland, Noah Beery Jr., Joanne Dru...
Story
Thomas Dunson (John Wayne) und sein Ziehsohn Matthew „Matt“ Garth (Montgomery Clift) brechen mit über 9.000 Rindern von Texas auf nach Missouri. Doch schon bald tun sich Zwiespälte zwischen den Männern auf. Dunson führt den Treck mit unbarmherziger Härte, während Garth ein „viel zu weiches Herz“ hat und seinen Pflegevater gerne mal bremst. Und irgendwann reicht es Matt. Er übernimmt den Treck, lässt Dunson kurzerhand sitzen und bringt die Rinder nach Abilene, statt den beschwerlicheren Weg nach Missouri zu nehmen. Sein Pflegevater indes schwört daraufhin ihn umzubringen. Als dieser aber in Abilene eintrifft, werden er und Matt ganz schnell wieder dicke Kumpels, weil sie sich eigentlich lieben und keiner dem anderen auch nur ein Haar krümmen könnte.
Worte zum Film
frühes Blockbuster-Kino; eine typische, durchwachsene Story ihrer Zeit mit einigen überraschenden Wendungen; trotz einiger imposanter Szenen und ordentlicher Schauspieler ein wenig in die Jahre gekommen; eine gute Regie allein macht noch keinen Klassiker
Bewertung
Zum Film:
In Howard Hawks Filmografie finden sich (wenn ich mich jetzt nicht ganz böse verzählt habe) genau acht Western wieder. Von diesen acht sind sechs tatsächlich auch in Gänze vom Altmeister gedreht worden. „Viva Villa!“ (1934) hat er zwar angefangen, wurde dann aber von Jack Conway ersetzt und da man zusätzlich noch fast alle Schauspieler, die unter ihm anfingen, austauschte, glaube ich kaum, dass sich im fertigen Streifen noch großartig Szenen befinden können, die er gemacht hat. Ähnlich verhält es sich auch bei „The Outlaw“ (1943), bei dem Hawks nur für zwei Wochen im Regiestuhl saß, ehe Namensvetter Howard Hughes das Ruder übernahm. Das bedeutet, dass der große Mann, den man heute ja vor allem mit seinen Pferdeopern verbindet, in der ersten Hälfte seiner Schaffenszeit gerade einmal einen Western gemacht hat; nämlich 1935 „Barbary Coast“ – und auch hier soll mit William Wyler ja ein anderer Regisseur mitgeholfen haben. 1948 aber, aus heutiger Sicht also so ziemlich genau in der Mitte seiner Arbeitsjahre, da drehte er dann seinen zweiten, dem er anschließend noch einige folgen lassen sollte. Und ab hier machte er nicht irgendwelche Western, er schuf Klassiker! Alle fünf in der zweiten Hälfte seines Wirkens entstandenen Vertreter müssen heute zu den Standardwerken gezählt werden. Nun ja, es ist – wie im zugehörigen Review auch geschrieben – durchaus zutreffend, dass „Rio Lobo“ nicht mehr ganz diese Qualität aufzuweisen hat, aber auch den kennt jeder und sollte daher auch jeder Interessierte kennenlernen, meine ich. Und so eben auch den bereits angesprochenen Ersten dieser glorreichen Fünf, seine erste Zusammenarbeit mit John Wayne: „Panik am roten Fluss“ oder im Originaltitel, unter dem der Film heute in der Regel ja auch hierzulande geführt wird, „Red River“ (auch bei diesem wird unverständlicherweise überall Arthur Rosson noch direkt unter Hawks als Co-Regisseur angeführt, dabei hatte er bloß die Second-Unit-Regie (und ich mein, die gibt’s heutzutage schließlich überall (weiß nicht genau, wie normal das damals war, schätze aber mal, dass es da keine großen Unterschiede gab) und trotzdem wird der Verantwortliche nicht gleich jedes Mal als „Co-Director“ ins Spiel gebracht) und hat ein paar Szenen mit den Rindern gemacht – das aber nur am Rande). Und dieser ist wirklich ein netter Ausflug in den Wilden Western geworden, aber wenn wir uns über die Qualität von „Rio Lobo“ unterhalten, dann müssen wir uns unbedingt auch über die Qualität von „Panik am roten Fluss“ unterhalten.
Allerdings nicht von Anfang an. Denn „Red River“ beginnt wie ein ganz Großer – zumindest wenn wir jetzt mal so großzügig sein wollen darüber hinwegzusehen, dass wir von den Drehbuchautoren Borden Chase und Charles Schnee (die hierfür Chase‘ eigene „Saturday Evening Post“-Geschichte „The Chisholm Trail“ kinofertig machten) nach dem Vorspann ziemlich ins kalte Wasser geworfen werden. Ohne überhaupt irgendetwas von dieser Story zu ahnen, kriegen wir sofort einen Thomas Dunson vorgesetzt, der den Treck, dem er gerade angehört, verlassen will – und dafür seine Geliebte fürs Erste zurücklässt. Und auch wenn der erste Impuls einem ob der heutzutage doch ziemlich anderen Herangehensweise an solche Inhalte (heute hätte man wohl einleitend noch umständlich gezeigt, wer Dunson ist, was er vorhat, wie er sich dem Wagenzug anschloss und natürlich wie er sich in sein Mädchen verliebte; man hätte sich wohl kaum getraut, mit der Abschiedsszene zu beginnen) sagt, dass das nicht ganz die Art und Weise ist, wie man so etwas eingeleitet sehen möchte, so sagt einem der zweite dafür nur umso mehr, dass man mit diesem Beginn mehr als zufrieden sein kann, da er sich aufs Wesentliche beschränkt – eine Eigenschaft, die Chase im weiteren Verlauf der Geschichte ziemlich abgeht – und der Film sonst nur noch länger geworden wäre. Denn irgendwoher muss eine Spielzeit von knapp Zweieinviertel Stunden ja schließlich kommen. Von daher darf man sich also ob dieser erfrischend unbekümmerten Herangehensweise nur freuen, dass einem quasi sofort nach Anpfiff hier schon die Indianerpfeile um die Ohren sausen. Und sie sausen nicht nur, sie brennen auch noch und fliegen direkt auf einen zu, fast ins eigene Auge möchte man meinen. Nicht schlecht getrickst für 1948. Und wieder nicht nur das. Ziemlich gut geschnitten ist diese erste Action-Szene auch noch. Und so geht es rasant weiter. In diesen ersten Minuten macht „Panik am roten Fluss“ sehr viel Spaß. Bis, ja bis zu diesem einen guten, zu diesem einen sogar sehr guten Szenenwechsel, mit dem wir einen Story-Sprung von ca. 15 Jahren realisieren.
So was muss man ja können, da sind schon einige dran gescheitert. Hawks aber macht das großartig. Er meistert seine Aufgaben mit Bravour und liefert bis hierhin fast so etwas wie eine Blaupause für spätere Scorsese-Werke ab. Und er macht auch danach so weiter. Seine Regieleistung hier ist über jeden Zweifel erhaben und hat noch so manches Ass im Ärmel. Nicht zuletzt selbstverständlich die Szenen mit den ca. 5.000 Rindern, die man für diesen Streifen einkaufte – das sind wirklich beeindruckende Bilder, die selbst heute noch jede Pferdeoper verschönern würden (auch wenn einige davon natürlich von Rosson stammen). Diesbezüglich durfte er aber selbstredend aus dem Vollen schöpfen und macht daraus auch überhaupt keinen Hehl. Ganz im Gegenteil – in „Red River“ wird nicht gekleckert, sondern geklotzt. Er ist ganz eindeutig bereits ein richtiger Blockbuster und es macht wirklich Spaß, sich einen solchen mit den Mitteln von 1948 anzusehen. Da konnte man eben noch nicht einfach alle Rinder am PC erschaffen, da musste man noch selber ran. Herrlich; da erwacht der kleine Junge in einem.
Wobei… Alles war damals natürlich auch noch nicht gut und so kommen einem einige der Stilmittel heute mehr als überholt vor. Dabei sprechen wir aber selbstredend auf keinen Fall von dem Off-Erzähler. Der ist zwar Old School, aber der geht immer. Nein, wir sprechen z. B. von diesen blöden Texttafeln, die einen spätestens, wenn sie das dritte Mal durchs Bild huschen, ziemlich abnerven. Oder auch vom Humor. Der ist zwar grundsätzlich und erfreulicherweise bereits der, der uns in den letzten drei Hawks-Western so erfreut, sodass es hier also durchaus einiges zu lachen gibt und viele der Witze sitzen auch. Allerdings gibt es davon ebenso eine Kehrseite, denn es sind eben auch lange nicht alle, die den Weg ins Ziel finden. Wenn Walter Brennans Nadine Groot (warum der jetzt nen weiblichen Vornamen hat, dürft ihr mich nicht fragen) beispielsweise das zwölfte Mal innerhalb von einer Viertelstunde nach seinen Zähnen fragt und sie grummelnd wieder nicht bekommt, dann reicht’s damit ja auch mal langsam…
Und überhaupt, wo wir gerade von Kehrseiten reden: In „Panik am roten Fluss“ hat so ziemlich jede gute Eigenschaft auch ihre Kehrseite. Die größte dieser hat allerdings Borden Chase‘ Story. Denn wie oben schon erwähnt fängt diese ja ziemlich nett an, um dann plötzlich satte 15 Jahre zu überspringen, in denen Dunsons Ziehsohn Matt Garth zum Mann und Dunson selbst zum Großrancher reifen darf. Und dann brechen die beiden endlich mit ihren irgendwas bei 9.000 Rindern auf nach Missouri. Nun ist es nicht so, dass – obwohl man bei Tom ja bereits versucht seinen Sinneswandeln einzuläuten – das Script mit einem Schlage wesentlich schlechter wird. Nein, es wird erstens nicht wesentlich schlechter, sondern nur ein wenig und zweitens ist dies ein schleichender Prozess. Aber es kann seine Qualität eben einfach nicht halten und das liegt daran, dass man damals einfach noch andere Geschichten geschrieben hat als heute. Bzw. anders Geschichten geschrieben hat als heute. Für mich sind diese nämlich geprägt von absoluter Übertreibung und einer noch wesentlich umfassenderen Unglaubwürdigkeit, als der, die wir aus dem Kino nicht sowieso schon gewöhnt sind (denn ja, die Frage danach, wann Film denn überhaupt mal wirklich glaubwürdig ist, ist berechtigt, aber ich glaube, ihr wisst, was ich meine, wenn ich sage, dass es einen Grad an „Rest-Glaubwürdigkeit“ gibt, den man nicht gerne unterschritten sieht, oder?). Und damit will ich absolut nicht sagen, dass sich diese Eigenschaften nicht mal mehr und mal weniger stark in der jeweiligen Produktion niederschlagen und schon gar nicht, dass diese unbedingt schlechter sein müssen als die Storys von heute oder auch die der Fünfziger oder Sechziger Jahre, die ich bereits als in ihrer Erzähl- und „Denkweise“ verändert empfinde, aber aufgrund genannter Merkmale haben es diese zumeist zumindest besonders schwer, meinen Nerv voll zu treffen. Und das gelingt eben auch Chase hier nur partiell.
Denn „Red River“ ist mal wieder so ein Ding, von dem man denkt: „Wo ist eigentlich euer Problem?“. (Spoiler) Klar, dass Dunson quasi sofort nach dem Zeitsprung verändert auftritt und sogleich befiehlt, allen Rindern, auch denen, die nicht ihm gehören, sein Brandzeichen aufzudrücken, mutet erstmal komisch an, aber er bereinigt die Situation ja auch sofort wieder, indem er den anderen Ranchern im Gegenzug einen fairen Deal anbietet. Aber da soll man als Zuschauer ja das erste Mal stutzig werden. Und das nächste Mal dann ja im Verlauf des Trecks, wenn er sein Ziel mit ziemlicher Härte sich selbst gegenüber verfolgt und auf seine Männer dabei nur sehr wenig Rücksicht nimmt. Aber dafür kann man ihn ja nicht verurteilen. Und auch wenn er im weiteren Verlauf dann immer verbissener wird – warum da schon die ersten Stimmen im Zug gegen ihn laut werden, habe ich nicht wirklich begriffen. Genauso wie mir die erste Schlüsselszene hier dann doch etwas zu simpel dargestellt wird. Denn abgesehen davon, dass die Stampede, die wenig später losbricht, zu recht Filmgeschichte schrieb, weil sie die erste ihrer Art und dafür schon ziemlich ansehnlich war, läuft diese doch recht seltsam ab. Nun gut, ich kann jetzt tatsächlich nicht einschätzen, ob ein paar klappernde Teller und Töpfe eine ruhende Herde bei Nacht derart in Panik versetzen können (ich kann nur hoffen, dass dem damals nicht so war), aber nehmen wir mal an, es wäre so – der Grund dafür, dass sie klappern, ist ja wohl mehr als ärgerlich. Warum nämlich? Weil einer der erwachsenen Cowboys sich nicht im Griff hat und Zucker naschen muss. Der ist so süchtig danach, dass er den mitten in der Nacht klauen will und sich dabei so dusselig anstellt, dass die Herde ob des Krachs Reißaus nimmt. Und dann ist die eine Sache die, dass das eigentlich alles halb so wild ist – die Kuhhirten, die einem vorher mit ihren Gruselgeschichten Angst und Bange machten, haben das Geschehen ziemlich fix wieder unter Kontrolle. Die andere Sache ist allerdings die, dass da trotzdem einer der Jungs bei zu Tode kommt. Und ja, sicherlich ist Dunsons Reaktion, der den zuckernaschenden Übeltäter dafür erst auspeitschen und dann sogar fast erschießen will, reichlich übertrieben, aber so ganz verdenken kann man es ihm ja nicht, oder? Schließlich geht es um den Tod eines seiner Leute, um seine Rinder und darum, dass das alles sehr einfach hätte verhindert werden können. Ja, eigentlich müssten sich da sogar noch einige aus der Gruppe finden, die ihm beipflichten und dem süßschleckenden Volldeppen ebenso ans Leder wollten. Aber das sind alles echt astreine Teamplayer, die wollen dem Heini nix Böses. Und da muss ich ganz ehrlich sagen, ist das Ganze dann zu unglaubwürdig. Das passt für mich nicht zusammen. Ebenso logischerweise die Konsequenz der Truppe, dass diese sich von nun an vor ihrem Anführer fürchtet. Da kann ich nur sagen: Bis hierhin ist Dunson zwar hart, aber nicht kopflos. Da braucht noch keiner Angst vor ihm zu haben.
Selbstverständlich aber soll und muss man die im weiteren Verlauf vor ihm kriegen; ganz klar. Wenn er sich nachher aber auch nur noch volllaufen lässt, gar nicht mehr schläft (was zwar beides überhaupt nicht zusammenpasst, aber wie war das noch mit der Unglaubwürdigkeit?) und schlussendlich sogar zwei seiner Mannen wegen Fahnenflucht aufhängen lassen will, dann kriege auch ich Angst vor ihm und dann kriegt die übertrieben schnelle sowie übertrieben einheitliche Abkehr der Cowboys von ihrem Treckführer auch ihre absolute Berechtigung. Unglaubwürdig aber bleibt dies, da Chase kein Motiv für den Sinneswandel seines älteren Protagonisten anzubieten hat. Der war ja zu Beginn der Geschichte nicht so drauf. Die einzige Erklärung könnte vielleicht sein, dass 15 Jahre Kampf um sein Land (das er ganz streng genommen eingangs auch einfach einem anderen wegnimmt) ihn hart gemacht haben. Das wäre allerdings ein relativ dünner Unterboden. Wesentlich glaubwürdiger wäre es gewesen, Dunson an den Gedanken der vergebenen Chance der Familiengründung mit seiner Freundin, die er ganz zu Anfang hat und die dann ein Opfer des Indianerüberfalls wird, da der Rancher in spe sie nicht auf seine Farmsuche mitnimmt, zerbrechen zu lassen. Dafür gibt es allerdings null Anhaltspunkte, da er und Nadine Groot den Verlust der ehemaligen Weggefährten und damit auch der Frau ziemlich unaufgeregt hinnehmen und überdies mit Matt ja auch gleich der Ziehsohn aus dem Gebüsch gekrabbelt kommt. Und außerdem wäre das ne Sache für die nächsten paar Jahre gewesen – nicht für 15 Jahre danach. Und so darf man gerne wild über seine Motivation spekulieren, aber es bleibt am wahrscheinlichsten, dass Dunson einfach schon immer ein Arschloch war (und es zu Storybeginn bloß noch nicht so durchscheinen lässt) – und dass ich es einfach nicht verstehen kann, warum man solchen Leuten und ihren Lebensgeschichten (und seien sie auch erfunden) so viel Raum innerhalb eines Films gewährt, sagte ich ja an anderer Stelle schon mal.
Allerdings gibt es da ja noch den braven, integeren Matt Garth, der als Waisenjunge von Dunson aufgenommen und an Sohnes statt aufgezogen wird. Dieser könnte ja die Identifikationsfigur hier sein – taugt als solche aber nur sehr bedingt. Denn der ist ja wirklich völlig makellos (sieht man von seiner Grübelei mal ab) und damit ebenso unglaubwürdig. Trotzdem geht er natürlich erst dazwischen, wenn’s um Leben und Tod geht – sonst hätte man den Streifen am Ende ja noch verkürzen müssen und das wollte man wohl nicht. Trotzdem holt sich „Panik am roten Fluss“ ein paar schon verloren geglaubte Punkte wieder zurück, wenn Matt dann doch tatsächlich die Dreistigkeit besitzt, seinen Stiefvater einfach so mir nichts, dir nichts als Anführer abzusägen und selbst den Treck zu übernehmen. Damit war nun wirklich nicht zu rechnen. Klar ging man die ganze Zeit davon aus, dass es zwischen den beiden nochmal so richtig krachen wird und sie sich am Ende duellieren würden – aber unter diesen Vorzeichen hätte ich das nicht erwartet. Zumal dieser Kniff endlich auch wieder Spannung in den Laden bringt, da die Jungs Dunson ja nicht töten (wollen ja nicht so sein, wie er werden wollte) und daher fortwährend seine Rückkehr und Rache fürchten müssen. Das knistert dann doch endlich wieder.
Aber an und für sich war’s das dann mit „Red River“. Alles, was dann kommt fällt in die Kategorie „Ganz nett, aber nicht das, was ich sehen wollte.“. Dass man unbedingt doch noch eine größere Frauenrolle ins Script schreiben musste? Unglaubwürdig. Wie sich Matt und sie innerhalb von Sekunden ineinander verlieben? Sehr unglaubwürdig. Dass sie das dann auch noch munter miteinander plappernd inmitten eines Indianerüberfalls tun? Extrem unglaubwürdig und meiner Meinung nach völlig daneben. Genauso wie die überflüssige Dopplung der Ereignisse, also dass Matt seine Liebe auch bei ihrem Treck lässt und erstmal sein Vorhaben zu Ende bringt. Na und es zieht sich ab da alles. Vor allem, wenn der Viehtrieb dann endlich in Abilene angekommen ist. Wollte ich z. B. die „Verhandlungen“ über den Preis für ein Rind sehen? Nein! Das hätte man dann schon ein wenig raffen können. Dadurch erzeugt man nicht noch mehr Spannung, sondern macht den Zuschauer langsam aber sicher unzufrieden.
Bevor der geneigte Beobachter dann allerdings wirklich mit dem Gedanken spielen kann, so langsam aber sicher seine Aufmerksamkeit zu reduzieren, kommt es dann doch zum lange erwarteten Showdown zwischen dem Rancher und seinem Ziehsohn. Und was dann passiert, muss ich zugeben, traf mich erneut absolut unerwartet. Dass die beiden sich tatsächlich gar nicht schießen, sondern sich einfach nur ein wenig freundschaftlich die Fresse polieren, um sich dann wieder zu versöhnen, konnte man bei einem Film von 1948 aber auch nicht erwarten, finde ich. So was war doch damals gar nicht vorgesehen, hätte ich gemeint. Von daher lässt einen dieses Ende natürlich mit gemischten Gefühlen zurück. Auf der einen Seite ist man über diesen unvorhergesehenen Ausgang natürlich froh, weil es ihn in einem Western dieser Prägung wohl kein zweites Mal geben dürfte – auf der anderen Seite ist man allerdings auch wieder etwas enttäuscht, weil Dunsons erneuter Sinneswandel „zurück zu seinem alten Ich“ vom Beginn des Films quasi ebenso überraschend und unmotiviert erfolgt wie der vorangegangene. (Spoilerende) Daher würde ich schlussendlich mal konstatieren wollen: Ein Psychowestern ist „Panik am roten Fluss“ noch nicht. In Sachen Charakter-Glaubwürdigkeit hatte Borden Chase, der später ja noch für das eine oder andere wirklich gute Drehbuch verantwortlich sein sollte, zu diesem Zeitpunkt noch einiges zu lernen.
Dafür allerdings hatte Howard Hawks hier eine ganze Reihe hochtalentierter Schauspieler zur Hand, die die aus meiner Sicht teilweise doch ziemlich – ich sag’s jetzt noch ein letztes Mal, dann ist Schluss damit, versprochen – unglaubwürdig agierenden Figuren des Autors immerhin ziemlich vernünftig darzustellen wussten. So beweist John Wayne hier bereits acht Jahre vor „The Searchers“, dass er auch ein echt guter Charakter-Darsteller war, wenn er denn als solcher mal gefragt war. Gleichwohl bereitet einem sein Part hier natürlich am meisten Kopfzerbrechen. Nicht viel weniger schlimm ist es bei Filmsohn Montgomery Clift, der das durch sein teilweise viel zu überhebliches und teilweise wieder viel zu verkrampftes Spiel auch noch unterstützt und einem daher die größten Rätsel aufgibt. Ja, alles in allem ist er sympathisch, aber dass gerade dieser Film seinen Durchbruch darstellen sollte, wunderte mich doch an so mancher Stelle. Und auch Joanne Dru hat mich alles andere als überzeugt. Bloß gut, dass ihr Part im Gegensatz zu ihrem Namen auf vielen Plakaten hierzu nur so klein ist. Aber ansonsten machen die Jungs das hier wirklich vernünftig. Allen voran John Ireland, der mir richtig gut gefallen hat. Aber auch Noah Beery Jr., der noch eine der größten Rollen hat. Ebenso gefällt Harry Carey, genauso wie sein Sohn, obwohl dessen Auftritt ja nun wirklich nicht groß ist (Spoiler) und man das nach seinen ersten Sätzen hier auch sofort erahnt. Man weiß leider; wer so redet, stirbt bald. Immerhin eine Sache, die man im Verlauf von Chase‘ Script vorhersieht. (Spoilerende) Und um Walter Brennan nicht zu vergessen: Der macht seine Sache auch mal wieder wirklich fehlerfrei. Leider nervt seine Figur öfter mal rum, sodass man das nicht durchweg genießen kann.
Wie eben den Film an sich auch nicht. „Red River“ beginnt stark und lässt dann leider immer stärker nach. Er reißt zwischendrin immer mal wieder nach oben und unten aus, hat erwartete und unerwartete Momente und pendelt sich dann irgendwann im leicht durchschnittlichen Bereich ein. So bleibt er am Ende aber immerhin auf keinen Fall schlecht in Erinnerung. Nein, ganz im Gegenteil denke ich, dass Borden Chase‘ Story – obwohl im Kern ein typisches Kind ihrer Zeit – damals schon überrascht haben dürfte und es heute immer noch tut. Daher guckt sich das Ganze an einem Sonntagabend auch ganz locker so weg – für mehr ist Howard Hawks erster richtig großer Western dann aber eben auch nicht gut. Durch seine größtenteils vernünftigen Darsteller und vor allem durch die durchweg gute, überlegte Inszenierung des Regie-Asses hat er allerdings gegenüber fast allen anderen Vertretern mit einer qualitativ vergleichbaren Story zwei entscheidende Vorteile. Mit deren Hilfe schafft es Hawks dann auch tatsächlich mal wieder der Beste zu sein. Zumindest hat er hiermit die beste Pferdeoper dieser Bewertungsstufe geschaffen (diese Pole Position muss sich „Panik am roten Fluss“, wie man sich denken kann, allerdings mit ein paar anderen Filmchen teilen). Das ist für einen Klassiker jetzt vielleicht nicht das allerbeste Urteil, aber es ist in diesem Fall immerhin nicht halb so ärgerlich wie die sogar noch um ein Plus höher ausgefallene Bewertung für „Rio Lobo“, da ich mehr von einem Western von 1948 mit dieser Exposition auch nicht erwartet habe. Da hätte das Endergebnis unter anderen Vorzeichen tatsächlich sogar noch wesentlich schlimmer aussehen können. Alle, die mit dieser übertriebenen Art des Story-Tellings keine Probleme haben, werden es sogar noch wesentlich besser empfinden als ich und allen, denen das vielleicht sogar noch etwas mehr aufstößt als mir, sei dann noch einmal Hawks Spätwerk ans Herz gelegt. Nach „Red River“ ging es westerntechnisch für den Altmeister (mit der Ausnahme „Rio Lobo“ wie gesagt) jedenfalls nur noch nach oben.
Zur BD:
Nun ja, also von der Blu-ray zu „Red River“ von MGM und 20th Century Fox bin ich ehrlich gesagt ein wenig enttäuscht. Das Bild ist zwar nicht grottenschlecht, aber es könnte heutzutage so viel besser sein, denke ich. Da müsste wirklich mal ne Bild-für-Bild-Restauration her, könnte ich mir vorstellen. Da sind einige Szenen bei, die gut aussehen, aber auch so viele, die nicht besonders viel hermachen und es sind so oft Streifen und andere Unreinheiten zu erkennen… So was könnte man bei einem solchen Klassiker ja wohl mal in Angriff nehmen, oder? Der Ton war für mich in Ordnung, aber auch beim Bonusmaterial hat man ja mehr als geknausert. Nicht mal der Trailer ist hier mit drauf! Dafür will man uns die Original US-Kinofassung in SD als Bonus anbieten. Na ich lach gleich! Bloß gut, dass ich für das Ding nur fünf Euro bezahlt habe und den Film vorher noch nicht auf DVD besaß. Dafür geht das Ding in Ordnung, aber über ein eventuelles Update würde ich an eurer Stelle stark nachdenken.
Zitate
„Jetzt hören Sie mal zu, Dunson! Ich lasse Sie nicht so einfach abhauen. Sie sind ein viel zu guter Schütze.“ – „Dann würde ich mich mit einem so guten Schützen nicht rumstreiten.“(Thomas Dunson kennt seinen Wert ebenso gut wie sein Treckführer)
„Die Sonne scheint nur den halben Tag, Tom. Die andere Hälfte ist Nacht.“(Fen (Colleen Gray) gibt ihrem Liebhaber Dunson Nachhilfe in Meteorologie, da dieser an die Freuden des Lebens gar nicht zu denken scheint)
„Ich hab noch nie gern nen Fremden kommen sehen, weil mir n Fremder noch nie ne gute Nachricht gebracht hat.“(Nadine Groot (Walter Brennan) hat es in seinem Leben bisher nicht leicht gehabt)
[Matt und sein Stiefvater Dunson bereden, nachdem sie sich nochmal darüber einig werden mussten, dass Garth der schnellere Schütze ist, die Route, auf welcher sie die Rinder nach Missouri treiben wollen] „Matt, zeichne ne Karte von der Route, von der wir eben gesprochen haben!“ – „Hab ich schon getan – liegt auf deinem Schreibtisch.“ – „Bist wohl in allem schneller, was?“(Thomas Dunson wird alt)
„Man sagt, Sie können gut schießen. Wie gut?“ – „Gelingt mir, am Leben zu bleiben.“(Cherry Valance (John Ireland) übt sich im Understatement)
„Es gibt nur zwei Dinge auf dieser Welt, die sind noch schöner als ne Waffe. Ne Schweizer Uhr und ne Frau, die man sich anlacht.“(Cherry Valance kann aber auch richtig überschwänglich)
„Wenn ich was hasse, dann zufriedene Indianer.“(Nadine Groot zeigt sich weiterhin misanthropisch)
„Wenn der Ausflug hier vorbei ist, melde ich mich als eigenen Staat an, so viel Land hab ich geschluckt.“(Nadine Groot überschätzt seine Größe ein wenig)
„Ich denke, es wäre…“ – „Hier denke ich!“(Thomas Dunson hält nichts davon, gewisse Tätigkeiten den Pferden zu überlassen)
„Ich mag Leute nicht, die nicht zu Ende führen, was sie einmal angefangen haben.“(Thomas Dunson gibt einen Einblick in sein Seelenleben)
„Ich habe unterschrieben, aber Sie sind nicht mehr der Mann, bei dem ich unterschrieben habe.“(ein Cowboy des Triebs guckt plötzlich schief)
„Warum müssen die bloß immer so schreien?“(ein anderer Cowboy des Triebs über die Indianer)
„Dreimal hat ein Mann im Leben Grund zum Feiern. Nämlich bei der Hochzeit, wenn die Kinder kommen und wenn er eine völlig verrückte Sache zu Ende gebracht hat.“(mir gefällt an Mr. Melvilles (Harry Carey Sr.) Aussage irgendwie nicht, dass man als Mann offensichtlich nur einmal in seinem Leben eine verrückte Sache tun darf)
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