Nevada Pass

Breakheart Pass

★★★★

  • Jahr: 1975
  • Regie: Tom Gries
  • Darsteller: Charles Bronson, Richard Crenna, Ed Lauter, Jill Ireland, Ben Johnson, Roy Jenson, Charles Durning, Robert Tessier, Eddie Little Sky, David Huddleston, Bill McKinney...

Story

Secret-Service-Agent John Deakin (Charles Bronson) lässt sich als Verbrecher getarnt von Marshal Pearce (Ben Johnson) in einem Sonderzug mitnehmen, der angeblich Medikamente und Soldaten-Nachschub für das von einer Diphterie-Epidemie betroffene Fort Humboldt transportiert. Tatsächlich aber kommt Deakin, während fast täglich ein weiteres Mitglied der Besatzung unter teils mysteriösen Umständen stirbt, bald dahinter, dass gar keine Krankheit ausgebrochen ist und in den mitgeführten Medizinkisten und Särgen Dynamit und Gewehre geschmuggelt werden. Der sich ebenfalls an Bord befindende Gouverneur Richard Fairchild (Richard Crenna) ist der Kopf der Bande und lässt ebenso den als Reverend Peabody (Bill McKinney) getarnten Kollegen von John liquidieren. Als an Guten schlussendlich nur noch Major Claremont (Ed Lauter) sowie der junge Soldat Rafferty (Scott Newman) übrig bleiben, zieht Deakin diese ins Vertrauen. Und während Letzterer ziemlich schnell ebenfalls sein Leben lassen muss, hilft Ersterer ihm bei der letzten Hürde. Als der Zug den Nevada Pass erreicht, eilt er ins Fort und holt Hilfe, während John allein Fairchild und seine Mannen aufhält, obwohl diese dort zusätzliche Hilfe von ihrem Helfer vor Ort, Levi Calhoun (Robert Tessier), sowie dessen Bande und einer Horde rebellischer Indianer unter der Führung von White Hand (Eddie Little Sky) bekommen. Claremont taucht mit den bisher gefangenen gehaltenen Soldaten des Forts aber noch rechtzeitig auf, um der guten Seite zum Sieg zu verhelfen. Am Ende sind alle Verbrecher erledigt oder geflohen und die Goldtransporte, die über Fort Humboldt laufen und die deren eigentliches Ziel waren, wieder sicher.

Worte zum Film

gute Darsteller, fetzige Musik, tolles Schnee-Setting; trotz eines sich manchmal einstellenden TV-Film-Gefühls sehr atmosphärisch; trotz nicht unbedingt unvorhersehbarer Handlung spannend und kurzweilig; Regie und Kamera nicht dementsprechend

Bewertung

Zum Film:

Ich kann nicht behaupten Tom Gries‘ – wenn wir sie auf seine Kinofilme beschränken – nicht gerade lange Filmografie besonders gut zu kennen, aber die Streifen, die ich bislang von ihm gesehen habe, haben mich in aller Regel nicht sonderlich überzeugen können. Mit einer Ausnahme: „Breakheart Pass“! Der Bronson-Klassiker war einer der ersten echten Schneewestern, die ich sah (auch wenn ich jetzt wieder erstaunt feststellen musste, dass er ja gar nicht durchgängig „weiß“ ist (in meinem Kopf war er das nämlich noch)), und er überzeugte mich aufgrund dieses zumindest zu seiner Entstehungszeit sowie damals für mich noch recht außergewöhnlichen Looks sofort. Und auch heutzutage, wo es ja fast schon selbstverständlich geworden ist, dass wenigstens jeder größere Vertreter wenigstens einen kleinen Anteil an Szenen aufweist, die im Schnee spielen, ist der hierzulande zum „Nevada Pass“ gemachte Beitrag innerhalb dieser Untergattung immer noch einer meiner Lieblinge.

Um eines allerdings gleich vorwegzunehmen: An Tom Gries liegt das definitiv nicht! Vielmehr ist es neben dem Setting eine andere Besonderheit dieser Pferdeoper (fast ohne Pferde), die einen sofort in ihren Bann zieht: die für einen Western auch weiterhin untypische Kriminalhandlung. Zu verdanken haben wir diese in doppelter Hinsicht Alistair MacLean, der nicht nur die gleichnamige Romanvorlage verfasste, sondern aus selbiger auch ein Drehbuch machte (das wäre übrigens der einzige Grund, der erklären würde, warum der Pass seinen Namen und dann auch noch unter Nichteinhaltung der Silbenanzahl ändern musste: wenn das Buch in Deutschland vorher auch schon „Nevada Pass“ geheißen haben sollte). Der berühmte Schotte hatte ja ein Faible für Suspense und Twists und so ist auch seine mir einzig bekannte Geschichte, die zur damaligen Zeit in den USA spielt, keine typische Wildwest-Erzählung. Er schickt seinen Protagonisten John Deakin (Charles Bronson) dabei als zufällig mitreisenden Gefangenen auf eine mörderische Zugfahrt, bei der vom Start weg Passagiere unter teils mysteriösen Umständen zu Tode kommen. Deakin beginnt Nachforschungen anzustellen und gerät so bald selbst in Lebensgefahr. Allerdings gibt es an Bord ja nicht viele Personen, die für die Morde in Frage kommen können... Agatha Christie im Wilden Westen also? Im besten Sinne: ja! Natürlich – und dankenswerterweise – entwickelt sich das Ganze gegen Ende in eine andere, actionbetontere Richtung, aber das Grundprinzip ist erstmal das gleiche, eben angerissene. (Spoiler) Zwar ist es, gerade auch deswegen, vom Grundsatz her jetzt nicht super unvorhersehbar (Bronsons tatsächliche Rolle in dem Spiel z. B. ist allein ob seiner Qualifikationen und Methoden mehr als offensichtlich), aber immer spannend, weil man bis zur Auflösung überhaupt nicht weiß, wer denn bloß alles zu dem dreckigen Haufen gehört und worum es den Verbrechern dabei überhaupt gehen mag. Zugegebenermaßen ist eben jene Auflösung unterm Strich ein wenig dürftig (es geht um irgendwelche Goldtransporte, die abgefangen werden sollen), aber das ist in solchen Streifen ja öfter so und für den Verlauf der Handlung im Grunde ja auch völlig schnuppe.

Wesentlich bemerkenswerter finde ich, dass „Breakheart Pass“ sein gutes Startniveau fast konsequent halten kann. Gut, er ist nach 95 Minuten auch schon wieder vorbei, aber selbst in dieser kurzen Zeitspanne kann man sich, wie wir wissen, ja hervorragend langweilen. Nicht so hier: ständig geschieht entweder ein neuer Mord oder werden neue Details enthüllt. Alles geht, teilweise im Wortsinn, Schlag auf Schlag, sodass einem kaum Zeit zum Durchatmen bleibt. Find ich gut. Man muss aus einer Romanvorlage ja nicht immer gleich einen Zweieinhalb-Stunden-Film machen (nich wahr, Herr MacLean?). Dadurch hat man hier nämlich auch keine Füller dabei (wie etwa die leider ebenso berühmte wie langweilige, weil völlig überflüssige Szene in „Where Eagles Dare“ auf dem Seilbahnwaggon – in diese Lage hätten sich die Protagonisten dort gar nicht erst bringen lassen müssen und da man zusätzlich vorher schon weiß, wie der Kampf ausgehen wird...) und auch das Gefühl des Episodenhaften, das MacLeans Geschichten in der Regel anhängt, wollte sich so zumindest bei mir nicht einstellen.

Und noch etwas gelingt dem Schotten in diesem Werk besser als sonst. Zumindest darf man davon ausgehen. Denn ich weiß aufgrund der Unkenntnis der zugrundeliegenden Bücher an und für sich nicht zu sagen, ob das generell eine Eigenschaft ist, die man MacLean zuschreiben kann, aber zumindest die mir bekannten Verfilmungen seiner Romane prägt gerne eine „Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt.“-Attitüde (und wenigstens für den erwähnten „Agenten sterben einsam“ hatte er ja auch schon sein eigenes Buch adaptiert). Nun ist es nicht so, dass „Nevada Pass“ frei davon wäre, aber immerhin kommt diese hier lange, lange nicht so stark durch wie etwa im nur deswegen am Ende doch sehr ärgerlichen „Where Eagles Dare“. Trotzdem sollte man sich eher nicht fragen, warum die Verbrecher die Leichen zweier Offiziere, derer sie sich bereits ganz zu Beginn in einer kleinen Siedlung entledigten, die ganze Zeit über in einem Feuerholzstapel versteckt mit sich führen und warum Lokführer Chris Banion (Roy Jenson) dann auch noch so offensichtlich auf eben diesen (den rechten) Stapel hinweist, als Deakin zum Anheizen abkommandiert wird. Oder warum Gouverneur Fairchild in dem Moment, in dem er Deakin offensichtlich durchschaut (wenn er nämlich zu ihm sagt, dass dieser ihnen nur sagen würde, was er nicht wäre, nicht aber, was er ist), nicht weiterbohrt (an dieser Stelle folgt eine selten peinliche Abblende, wie man sie noch aus den Zeichentrickfilmen seiner Jugend kennt (und vielleicht auch noch aus einem TV-Streifen), die aber keinesfalls in einem Kinofilm Verwendung finden sollte). Oder wie Claremont am Ende die Soldaten zu Hilfe holen kann, die doch eigentlich gefesselt und bewacht, zu einem Großteil sicherlich auch erschossen, in Fort Humboldt liegen müssten. Oder wie Deakin das mit den Dynamit-Explosionen so gut timen konnte (dies kommt einem aus „Agenten sterben einsam“ zugegebenermaßen doch sehr bekannt vor). Und woher zum Kuckuck weiß in dem Durcheinander, das Deakin da inszeniert, eigentlich jeder Indianer, auf welchen Weißen er zu schießen hat und auf welchen nicht?

Klingt am Ende doch alles ein wenig viel? Nun, schaut man sich an, ab welchem Zeitpunkt die allermeisten (nämlich die letzten drei) dieser Fragen auftreten, wird man feststellen, dass MacLean erst nach vorhin bereits angesprochener Auflösung die Zügel diesbezüglich fahren lässt. Da ist dann aber auch nur noch eine Viertelstunde (oder sind vielleicht noch zwanzig Minuten) zu gehen. Das sich anschließende Finale ist aufgrund genannter Ungereimtheiten dann zwar tatsächlich der mit Abstand schwächste Part dieses Werks (und enthält zu allem Überfluss auch noch ein völlig unerwartet uninspiriertes Schlussduell zwischen Deakin und Marshal Pearce (Ben Johnson), das ob der Art und Weise wie Letzterer es einfordert, fast wie aus einer Persiflage auf das Genre wirkt), aber immerhin knallt es ordentlich, hat man auf eine unnötige Lovestory zwischen Deakin und Marica (Jill Ireland) verzichtet und schließt man mit einem coolen Standbild ab. Das reicht gerade noch so, um nicht doch noch etwas an der Wertung kaputt zu machen. (Spoilerende)

Dass mit der großangelegten Schlussaction nicht mehr herauszuholen ist, liegt natürlich auch daran, dass Regisseur Gries diese jetzt nicht besonders memorabel in Szene gesetzt hat. Es gelingt ihm, diese nicht verkommen zu lassen, aber an solchen Inhalten ergötzen darf man sich anderswo. Und auch, dass man das Ganze am Ende als schwer atmosphärisch bezeichnen muss, ist wie erwähnt explizit nicht sein Verdienst, sondern liegt einzig daran, dass er bei diesem Drehbuch nicht allzu viel verkehrt machen konnte. Eher ist das Gegenteil der Fall. Dass er, bevor er dann doch für die große Leinwand inszenieren durfte, ca. 15 Jahre lang ein gut gebuchter TV-Regisseur war, ist immer noch deutlich zu erkennen und stellenweise sogar lästig (so wirkt die dargestellte Gegend lange Zeit gar nicht so unwirtlich wie behauptet). Nicht mal der ehemalige First-Class-Cinematographer Lucien Ballard vermag daran etwas zu ändern (wenngleich ich das Wort „ehemalig“ in diesem Zusammenhang natürlich nicht zufällig gewählt habe). Und so ist einzig die Szene herausragend, in der die Mannschaftswagen zum Teufel gehen. Das sieht tatsächlich nach Kino aus (auch wenn man in dieser Super-Slowmotion natürlich ganz klar erkennen kann, dass da gar keine Leute drinsaßen)!

Was diese beiden nicht vermögen, vermag Jerry Goldsmith hingegen spielend: Seine Musik ist sofort eingängig, typisch, aber variiert genug und gehört einfach zu einem guten Film. Vielleicht wird sein Hauptthema ein paar Mal zu häufig gespielt, aber auch das sagt man TV-Streifen ja gerne nach...

Ebenfalls über jeden Zweifel erhaben ist der Cast dieses Klassikers. Da ist der wie so oft in seiner Paraderolle des schweigsamen Profis aufgehende Charles Bronson tatsächlich nur einer unter Vielen. Mindestens ebenbürtig sind Richard Crenna als schmieriger Gouverneur Fairchild und Ed Lauter als, nun ja, lauterer Major Claremont. Daneben überzeugen Charles Durning, Roy Jenson und David Huddleston, wobei es bei Letzterem schade ist, dass seine Rolle nur so klein ist. Und natürlich bleibt Archie Moore durch seine herrlich fiese Mimik im Gedächtnis. Ähnlich furchteinflößend wäre Robert Tessier, wenn sein selten lächerlich angeklebter Bart nicht wäre, aber einprägsam ist seine Figur schon. Und so bleiben letztendlich nur Ben Johnson, der seinen Zenit so langsam überschritten hatte, und – wie so oft – Jill Ireland unter ihren Möglichkeiten. Immerhin sieht Letztere ganz zu Beginn in ihrem weißen Pelz-Outfit zur Abwechslung mal richtig gut aus. ((Spoiler) Darüber hinaus ist es kaum zu glauben, dass Bill McKinney hier tatsächlich mal einen Guten spielt – offensichtlich selbst für die Produzenten, denn seine Rolle beschränkt sich darauf kurz betroffen zu gucken und dann in einem Sarg zu liegen... (Spoilerende))

So ist es am Ende umso mehr schade, dass man sich die vorher so mühsam aufgebaute Atmosphäre in diesem vergleichsweise wirklich schwachen Finale so uninspiriert selbst wieder zerschießt. Dadurch geraten die über die gesamte vorherige Laufzeit von mir als sicher erachteten vier Sterne doch tatsächlich noch einmal ins Wanken, aber schlussendlich kommt man trotzdem nicht umhin, „Breakheart Pass“ diese zu geben. Sie werden eben nur wesentlich knapper erreicht, als es Not getan hätte. Dafür passt – sieht man mal von Gries‘ durchschnittlicher Regie ab – der Rest aber auch einfach zu gut. Pferdeopern mit Kriminalhandlung gibt es einfach immer noch viel zu wenig und Schneewestern werden nie ihren Reiz verlieren. Dazu noch das gute Spiel der Darsteller und Jerry Goldsmiths fetzige Musik und fertig ist ein Beitrag von einer Qualität, wie es sie gerade zu seiner Entstehungszeit nicht mehr viele gab. Und dann ist es unterm Strich doch auch völlig egal, wie sein Regisseur heißt und was der sonst so gemacht hat...

Zur BD:

Lange habe ich mit mir gerungen, ob ich mir diesen Klassiker meiner Jugendtage, den ich vorher lange nicht mehr gesehen hatte, in einer der schicken Mediabook-Editionen von NSM Records zulegen sollte oder ob es nicht auch die nur halb so teure Amaray-Version tun würde (man hat ja schließlich nicht unendlich Geld, nicht?). Letztendlich hat der Sammler in mir gesiegt, wenngleich ich dadurch auch die mit Sicherheit langweiligste der vier Cover-Varianten abbekommen habe. ;) Nun ja, Bild und Ton sind diesem Klassiker jedenfalls angemessen; da fand ich gar nichts zu meckern dran. An Bonusmaterial werden einem tatsächlich nur ein Booklet, das recht wenig Text und dafür umso mehr nette Bilder enthält, der Trailer und eine Bildergalerie mit Screenshots (zumindest sehen diese so aus) angeboten. Für das Geld echt ganz schon wenig... Nun ja, da werde ich die gute Qualität des Streifens selbst wohl einmal öfter genießen müssen, um das wenigstens etwas wieder auszugleichen. ;)

Zitate

„Zu spät kommt man immer noch früh genug.“(ein Soldat hat’s nicht eilig)

[Marica (Jill Ireland) versucht für den Gefangenen Deakin ein paar bessere Unterbringungsbedingungen herauszuschlagen] „Kein gutes Objekt, das Sie für Ihr Mitleid ausgesucht haben, Madame.“ – „Nicht schlechter als der Marshal, in dessen Hand sich das Objekt befindet, Mr. Pearce.“(Marica (Jill Ireland) äußert gegenüber Marshal Pearce ihre eigene Objekttheorie)

„Gouverneur, Sie sind von hervorragender, kaltblütiger Unmenschlichkeit!“(Major Claremont ist beim Gouverneur-Tasting auf den Geschmack gekommen)

„Sie gehen mit ihren gewagten Theorien ebenso großzügig um wie mit meinem Whiskey.“(Gouverneur Richard Fairchild macht sich Sorgen um Deakins Alkoholpegel)

★★★★

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