In letzter Sekunde

The Fighting Kentuckian

★★★ +

  • Jahr: 1949
  • Regie: George Waggner
  • Darsteller: John Wayne, Vera Ralston, John Howard, Grant Withers, Oliver Hardy, Hugo Haas, Marie Windsor...

Story

Die Französin Fleurette de Marchand (Vera Ralston) ist gerade mit ihrer Familie aus Europa gekommen, weil ihr Vater Paul (Hugo Haas) als ehemaliger napoleonischer Offizier dort keine Zukunft mehr hatte. Der Abenteurer John Breen (John Wayne) verliebt sich Hals über Kopf in sie und steht ihr daher, unterstützt von seinem alten Freund Willie Paine (Oliver Hardy), im Kampf gegen die Gauner Blake Randolph (John Howard) und George Hayden (Grant Withers) zur Seite…

Worte zum Film

altbacken und zuweilen kitschig, aber größtenteils charmant; leicht unglaubwürdig und unrealistisch, aber kurzweilig und witzig; eigentlich nur wegen Wayne und Hardy erinnerungswürdig

Bewertung

„In letzter Sekunde“ ist einer dieser kleineren Western mit John Wayne in der Hauptrolle, von denen man im Zweifel noch nicht mal etwas gehört hat und von denen man sich daher zu Recht fragen darf, ob man die in seinem Leben auch wirklich alle mal gesehen haben muss. Ich mein, „In letzter Sekunde“ könnten ja auch so viele Filme heißen… Da ist ja der Originaltitel „The Fighting Kentuckian“ noch aussagekräftiger. Und speziell dieser Vertreter geht zwischen den fünf Western, die Wayne in dieser Zeit (also zwischen 1948 und 1950) mit John Ford und Howard Hawks gedreht hat und die allesamt zu Klassikern werden sollten, regelrecht unter. Filmhistorisch interessant ist „In letzter Sekunde“ jedoch aufgrund zweier Tatsachen. Zum einen handelt es sich bei ihm um die zweite Arbeit, bei der der Duke auch als Produzent in Erscheinung trat, zum anderen ist er einer von nur drei Filmen, die Oliver Hardy ohne seinen lebenslangen Leinwandpartner Stan Laurel drehte – und davon ist er, oh Wunder, der einzige Western.

Und ohne gleich spoilern zu wollen: Es ist leider sehr schnell klar, warum „The Fighting Kentuckian“ heute eben nicht in einem Atemzug mit Fords Kavallerietrilogie oder „Red River“ genannt wird (ganz unabhängig davon, wie man selbst zu diesen Werken stehen sollte). Regisseur George Waggner, für den das hier der vorletzte Kinofilm war, bevor er sich – zu Recht – fast ausschließlich auf TV-Serien konzentrieren sollte, und seinem Team gelingt es leider nie, die Studioatmosphäre auch nur annähernd so zu kaschieren oder entsprechend zu nutzen, wie man sich das erhoffen würde. Die nervt hier ein wenig. Vom Fehlen einer eigenen Handschrift natürlich ganz zu schweigen. Und dann die „Fidelszene“. Ist das ernst gemeint? Einfach nur zum Kopfschütteln.

Ebenso wie man sich heutzutage einfach nur dafür fremdschämen kann, wie Vera Ralstons Fleurette De Marchand „ihren“ John Breen von der ersten Sekunde an und die ganze Zeit über anhimmelt. Selbst wenn dieser John Breen der Duke ist… Aber dafür kann man Waggner und auch Ralston fast keinen Vorwurf machen. Die ganze Liebeskiste zwischen den beiden Hauptfiguren ist extrem unglaubwürdig und kitschig. Das war damals eben so.

Dafür stimmt die Chemie zwischen Wayne und Oliver Hardy total. Den beiden bei der Arbeit zuzusehen ist eine reine Freude und wertet den Streifen ungemein auf. Wer gedacht haben sollte, „Dick“ ohne „Doof“ könne nicht funktionieren, oder – und das war mehr meine Befürchtung – Hardy könne dieser Produktion zu sehr (s)einen Klamaukstempel aufdrücken, der irrt gewaltig. Hardys Humor zieht tatsächlich und lässt einen öfter als gewöhnlich schmunzeln ohne das Ding hier zur Komödie werden zu lassen. Tatsächlich birgt „In letzter Sekunde“ sogar die Erkenntnis, dass Barboni sich das mit „Footballspiel“ im Wilden Westen doch gar nicht selbst ausgedacht, sondern auch nur kopiert (und verbessert!) hat. Das konnte nun wirklich niemand erahnen und spätestens dafür sollten wir diesem Werk (und Drehbuchautor George Waggner) auch dankbar sein.

Schließlich hat sich Letzterer (also der Autor Waggner) ansonsten nicht nur mit Ruhm bekleckert. Zwar ist der Ausgangspunkt seiner Story, die Übersiedlung mehrerer Napoleon-Offiziere und -Anhänger nach Amerika, nachdem sie in Europa keinen Platz mehr für sich sahen, sehr interessant (auch wenn ich dazu im Netz leider keine weiteren Informationen finden konnte), aber das ist leider auch nur der Aufhänger. Darauf wird bis auf einen Satz im weiteren Verlauf nicht mehr Bezug genommen. Ansonsten bietet „The Fighting Kentuckian“ inhaltlich nichts Neues. (Spoiler) Zwar mag es sein, dass es die Idee, neuen Siedlern durch das Versetzen von Grenzsteinen falsches Land zuzuteilen, auf dass man es sich später wieder zurückholen kann, noch irgendwo anders gibt, aber sonderlich durchdacht klingt das nicht. Zumal die Sache mit dem Angriff auf die Franzosen da auch noch so manches Logikloch hineinreißt. (Spoilerende) Ist aber auch egal, zum Ende hin steigt man ob der vielen handelnden Figuren eh nicht mehr ganz durch, lässt sich das alles aber sehr bereitwillig gefallen. Das mag zwar alles nicht der Weisheit letzter Schluss sein, charmant und kurzweilig ist es jedoch fast zu jeder Zeit (außer in den Szenen, in denen John Wayne mit sich selbst redet, vielleicht…).

Und so muss man ganz klar sagen, dass man bestimmt nicht stirbt, wenn man „In letzter Sekunde“ nicht zu seinen gesehenen Genrebeiträgen zählt, es auf der anderen Seite aber bestimmt auch nicht weh tut, wenn man ihm mal eine Chance gibt. Dafür sind Wayne und Hardy einfach zu präsent und liebenswert. Und gegen nen Ohrwurm von „Von den blauen Bergen kommen wir“ (oder eben „She’ll Be Coming ’Round The Mountain“ mit nem Kentucky-Text) ist ja wohl auch nichts einzuwenden, oder? Man sollte eben nur darauf gefasst sein, dass es mehr auch nicht zu entdecken geben wird. John Wayne, der ob seines Co-Stars Vera Ralston (ihres Zeichens seinerzeitige Lebensabschnittsgefährtin des seinerzeitigen Republic-Chefs Herbert J. Yates (also des produzierenden Studios)) und ihrer Leistung nicht gerade erfreut gewesen sein soll, soll über diesen Streifen gesagt haben: „Nobody’s going to remember Vera in our film because all they’re  gonna remember is Oliver Hardy and me doing our comedy scenes.“. Und dem ist (leider) nichts hinzuzufügen…

Zitate

„Was wollt ihr eigentlich in Demopolis?“ – „Ich sammle Ortskenntnis.“(John Breen hat seine Briefmarkensammlung bereits komplettiert)

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass uns jemand glaubt, wir sind Landmesser.“ – „Wir schaffen das schon. Wir haben doch oft genug gesehen, wie man so was macht. Du nimmst die Latte dort drüben und dann gehst du einfach geradeaus und ich gucke durch dies Ding hier und winke dir zu.“ – „Weshalb nimmst du nicht einfach mal die Latte und gehst geradeaus und ich gucke durch dies Ding und winke dir zu?“ – „Traust du dir das zu?“(John Breen wird gegenüber Kumpel Willie Paine kein Motivationscoach mehr)

„Einer der wichtigsten Paragrafen von Napoleons Felddienstvorschrift hieß etwa folgendermaßen: Solange nicht absolut zuverlässige Informationen das Gegenteil beweisen, immer zu glauben, dass der Feind zumindest genauso klug ist wie man selber.“(Paul de Marchand war mit Leib und Seele Soldat)

★★★ +

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