Die glorreichen Sieben (2016)

The Magnificent Seven

★★★★

  • Jahr: 2016
  • Regie: Antoine Fuqua
  • Darsteller: Denzel Washington, Chris Pratt, Ethan Hawke, Vincent D’Onofrio, Lee Byung-hun, Manuel Garcia-Rulfo, Martin Sensmeier, Haley Bennett, Peter Sarsgaard…

Story

Der ebenso gierige wie unbarmherzige Geschäftsmann Bartholomew Bogue (Peter Sarsgaard) versetzt mit seiner kleinen Privatarmee die Siedler des beschaulichen Örtchens Rose Creek in Angst und Schrecken, damit diese ihm ihr Land für einen Spottpreis verkaufen. Als er auch noch den Mann der taffen Emma Cullen (Haley Bennett) erschießt, zieht diese mit dem junge Teddy Q (Luke Grimes) los, um eine Handvoll Söldner zur Rückeroberung des Städtchens zu engagieren. Mit Hilfe des zuerst angeworbenen Kopfgeldjägers Sam Chisolm (Denzel Washington) gelingt es zusätzlich den Spieler Josh Faraday (Chris Pratt), den Bürgerkriegs-Veteran Goodnight Robicheaux (Ethan Hawke) sowie dessen Gehilfen Billy Rocks (Byung-hun Lee), den steckbrieflich Gesuchten Vasquez (Manuel Garcia-Rulfo), den alten Indianerjäger Jack Horne (Vincent D’Onofrio) und zu guter Letzt sogar noch den Comanche Red Harvest (Martin Sensmeier) für ihre Sache zu begeistern. Gemeinsam überzeugen sie den Rest der Einwohner von Rose Creek von dem scheinbar aussichtslosen Vorhaben und befestigen die Stadt. Und tatsächlich können Sie Bogue, der kurz darauf mit einer unfassbaren Übermacht anrückt, in die Schranken weisen und dessen Gefolgsleute einen nach dem anderen eliminieren – bis dieser eine Gatling einsetzt. Mit ihrer Hilfe gelingt es ihm, Robicheaux und Billy Rocks auszuschalten, während sein Angriffsführer Denali (Jonathan Joss) Jack Horne erledigt. Nur durch das beherzte Eingreifen von Faraday gelingt es, das Ruder wieder herumzureißen. Er setzt das Geschütz mit Hilfe einer Dynamit-Stange außer Gefecht, lässt dabei aber auch sein eigenes Leben. Nun muss Bogue, der mittlerweile ziemlich allein dasteht, die Sache doch selbst in die Hand nehmen und sich Chisolm stellen, der noch eine ganz persönliche Rechnung mit dem Mörder seiner Mutter und Schwestern offen hat. Bevor der Bösewicht sich mit Hilfe eines versteckten Revolvers allerdings wieder aus der Affäre ziehen kann, erschießt Emma ihn endgültig. Daraufhin überlassen die überlebenden Chisolm, Vasquez und Red Harvest die befreite Stadt wieder ihrem Schicksal und reiten davon.

Worte zum Film

ein Remake, wie es sein soll; starke Regie, starke Darsteller, sehr gut abgewandelte Story mit verbesserter Ausgangsposition und Zusammenstellung der Sieben, gute Musik und tolle Bilder; alles in allem sogar leicht besser als das „Original“; so sieht ein guter, moderner Action-Western aus!

Bewertung

Zum Film:

So, da haben wir den Beweis! Es gibt eben doch noch Remakes, die etwas taugen! In einer Zeit, in der es meiner Meinung nach nicht unbedingt logisch sein muss, dass, nur weil man mittlerweile Etliches schon mal gesehen hat, so vieles davon noch einmal neu aufgelegt werden muss (egal ob nun „klassisch“ als Remake oder – aktuell ja sehr in Mode – als Reboot einer ganzen Reihe (und ihr lacht jetzt, aber das ist gar nicht so abwegig; gibt’s zu „Die glorreichen Sieben“ ja quasi auch; hätte man also auch machen können)), meine Akzeptanz für diese Vorgehensweise aber ständig steigt, da man erstens schließlich eh nichts dagegen machen kann und es zweitens ja wirklich einige Stoffe gibt, die – generell oder nach einem gewissen Zeitablauf – einen neuen Anstrich manchmal ganz gut vertragen können, bedeutet das ja aber noch lange nicht, dass einem diese ganzen Neuauflagen als Filme an sich nun auch unbedingt gefallen müssen. Und wie man aus diesen Zeilen sicherlich unschwer herauslesen kann, ist das bei mir eher selten der Fall. Keine Ahnung, vielleicht liegt es daran, dass ich dem Kinoprogramm heutzutage sowieso nicht allzu viel abgewinnen kann… Ich für meinen Teil bräuchte jedenfalls nicht alle zwei Wochen ein neues Superhelden-Vehikel und daher auch nicht alle paar Jahre den Beginn einer neuen „Batman“- oder „Superman“- oder „Ironman“- oder „Heroman“-Reihe oder wie auch immer die Jungs sonst noch alle so heißen mögen. Ebenso wenig brauche ich diese ganzen Animations- bzw. Spielfilm-Neuauflagen ihrer alten Klassiker, mit denen Disney einen gerade zuschmeißt (Stand: Juli 2020). Bis vor kurzem wurde da gefühlt jedes Vierteljahr einer angekündigt – das nervt! Und wenn wir uns das Filmjahr 2019 sonst so anschauen (stellvertretend für das aktuelle Jahr, das aufgrund der momentanen Corona-Pandemie da bisher ja wenig Verwertbares bietet, sodass es – hoffentlich für immer – einen Ausnahme-Status behalten wird)? Schon wieder ein „Benjamin Blümchen“-Film, schon wieder eine neue „Robin Hood“-Verfilmung, schon wieder ein „Sherlock Holmes“-Ableger und die Geschichten von z. B. „Mein Bester & Ich“, „Miss Bala“ oder „Hard Powder“ etwa hat man ja auch schon mal gesehen (wobei ich mir den Neuaufguss zumindest bei Letzterem aber immerhin interessant vorstelle). Und zu allem Überfluss durfte Til Schweiger, der deutsche Ed Wood, seinen eigenen „Honig im Kopf“ auch noch einmal mit einem US-Cast remaken – wenigstens ging das ordentlich nach hinten los…

Tja und der geneigte Western-Fan dieser Tage? Der geht ja in aller Regel nie wirklich ganz leer aus, aber unter der Handvoll neuer Streifen, die diesem Genre generell jedes Jahr noch hinzugefügt werden, bzw. vor allem unter den paar Auserwählten, die es aus dieser dann tatsächlich noch auf die große Leinwand schaffen, befinden sich ebenfalls erstaunlich viele Remakes. Die überschaubare Anzahl der neuen Vertreter der letzten zwei Dekaden, die von sich reden machten, beinhaltete mit „3:10 To Yuma“ von 2007 und „True Grit“ von 2010 ja bereits zwei Neuauflagen unumstößlicher Klassiker und in 2016, diesem irren Kinojahr, das für den geneigten Fan sogar drei (!) Pflichttermine in Form von Major-Western bereithielt, wurde dieser Liste ja sogar noch ein dritter Neuaufguss hinzugefügt: „The Magnificent Seven“ hielten etwas mehr als fünfzig Jahre nach ihrem ersten Ritt wieder Einzug in die Lichtspielhäuser dieser Welt! Wenn das also mal kein Grund zum misstrauisch werden war… Schließlich sind die beiden eben genannten – wenngleich nicht die schlechtesten Vertreter ihrer Zunft – nun mal leider auch nicht die zwei vorzeigbarsten Neuinterpretationen dieses Genres und untermauerten eher meine These, dass man sich im Zweifel lieber an neuen Stoffen versuchen sollte (dann hat der Fan wenigstens kein überlebensgroßes Vergleichsbild vor Augen). Aber was soll’s, dachte ich mir damals, der Trailer sah ja immerhin ganz nett aus und die Möglichkeit, sich einen neuen Western im Kino ansehen zu können, wollte ich mir selbst oder eben gerade nach den zwei erhebenden Erlebnissen mit „The Revenant“ und „The Hateful Eight“ zuvor nicht entgehen lassen. Und wie oben bereits vorweggenommen (lange Rede, kurzer Sinn) habe ich diesen Gang im Nachhinein nicht eine Sekunde lang bereut. Denn Antoine Fuquas Remake von John Sturges‘ Meilenstein ist – und damit hätten sicherlich nur die wenigsten gerechnet – unter dem Strich sogar ein klein wenig besser als das „Original“.

Wobei das so überraschend eigentlich gar nicht ist, denn die Herangehensweise der Produzenten Roger Birnbaum und Todd Black an diesen Neuaufguss ist schon mal eine wesentlich bessere als in den oben genannten Fällen. Schließlich ist die Vorlage von 1960 alles andere als ein schlechter Film, aber für mich am Ende dann doch reichlich überschätzt. So ein Über-Klassiker müsste eigentlich wenigstens in der Lage sein, vier Sterne zu holen. Tut er aber nicht und beweist damit: es gibt noch genug Luft nach oben. Er bietet nach genug Potential, um eine erneute Interpretation des Ausgangsmaterials zu einem tatsächlich noch besseren Film werden zu lassen. Und genau das hat er damit Vertretern wie den originalen „3:10 To Yuma“ und „True Grit“ voraus, die einfach alles erfüllen, was man sich von ihnen erwartet und damit wirklich zum Besten gehören, was die Filmwelt jemals hervorgebracht hat. Und da frage ich mich dann immer: Wieso spendiert man in der Regel eigentlich nur wirklich guten Streifen ein Remake? Wie soll man diese denn noch einmal übertreffen? Denn nur darum; darum, dem Stoff noch mehr Power zu entlocken, sollte es doch eigentlich gehen, finde ich (tut es natürlich nicht, weiß ich selber). Das ist dann aber natürlich nicht mehr möglich und folglich kann der Streifen bei wirklichen Liebhabern des Originals dann nur noch durchfallen. Wieso tut man das also nicht lieber mit Werken, die zwar einen guten Ansatz hatten, diesen aber – aus welchen Gründen auch immer – nicht zu einem (gänzlich) zufriedenstellenden Ende führen konnten, setzt dort noch einmal neu an und wetzt alte Fehler aus? Erscheint mir viel logischer und wünschenswerter. Und auch wenn es sein kann, dass ich diese Ansicht exklusiv habe, aber genau, weil John Sturges‘ „Original“ diese optimalen Voraussetzungen mitbrachte (da insbesondere sein Mittelteil überarbeitet gehörte), war die Auswahl seines Vertreters genau die richtige für ein Remake.

Wobei ich das Wort „Original“ jetzt natürlich mit Absicht schon zum zweiten Male in Anführungszeichen gesetzt habe, denn wie wir alle wissen, ist das 1960er-Werk selbst wiederum bereits „nur“ die Transformation von Akira Kurosawas „Shichinin No Samurai“ ins Westerngenre. Und interessanterweise legten die Macher dieses glorreichen 2016er-Vehikels daher offensichtlich Wert darauf, ausschließlich Kurosawa sowie seine beiden Co-Autoren Shinobu Hashimoto und Hideo Oguni als Grundlagengeber in den Credits anzuführen. Sturges‘ Schreiber William Roberts findet keinerlei Erwähnung, was ich zumindest in Anbetracht der Tatsache der Bedeutung „seines“ Films für die amerikanische Gesellschaft ein wenig verwunderlich finde. Und schließlich haben auch die Verfasser der hier besprochenen Neuauflage, Nic Pizzolatto und Richard Wenk, natürlich ebenso einige seiner Einfälle übernommen und bearbeitet. Aber vielleicht ist gerade das als Statement zu verstehen, dass seine Vorlage den beiden auch nicht hundertprozentig gefiel. Das würde mir zumindest auch vollkommen einleuchten, da sie die Grundstory natürlich übernommen, dabei aber doch einige wirklich entscheidende Dinge geändert haben.

Ihr diesbezüglich wichtigstes Verdienst: Die wesentlich realistischer gestaltete Ausgangssituation des Ganzen. Ja, denn was jetzt erstmal so banal klingt, zieht sich am Ende logischerweise durch den ganzen Film und beeinflusst dessen Verlauf. Sie entschieden sich hier nicht wie noch Roberts 1960 für ein Dorf an der Grenze zu Mexiko, das irgendwelche armen Bauern beheimatete, die von einer strahlenden Truppe weißer Gringos gerettet werden mussten, sondern für einen Ort irgendwo im Herzen der USA. Und damit sich der Amerikaner von heute aus welchen Gründen auch immer auch ja nicht trotzdem noch überlegen fühlen kann, geht die Gefahr für dieses Städtchen nun nicht mehr von einer Horde plündernder Banditen aus, sondern von einem gierigen Kapitalisten, der sich mit seinem Geld einfach so viele Leute kaufen kann, wie er braucht, um seine Ziele zu verwirklichen. Willkommen im Land der unbegrenzten Möglichkeiten! Die Einführungsszene dieses Schmierlappens, Bartholomew Bogue sein Name, ist dann auch wesentlich eindrucksvoller als Eli Wallachs halbgarer Auftritt von vor über fünfzig Jahren. Und das liegt nicht nur an Peter Sarsgaards beeindruckender Performance, bei der einem glatt alles im Halse stecken bleibt, oder daran, dass es Fuqua gelingt, eine Bedrohungssituation ähnlich derer in „Rio Lobo“, nur eben in nachvollziehbar, darzustellen, sondern eben auch daran, dass einem dieses Szenario wesentlich realistischer und nachhaltiger vorkommt. Wenn Calveras Mannen erstmal getötet sind, denkt man im „Original“ immer, ist ein für alle Mal Ruhe. Tötet man aber, wie hier später zu sehen, einmal die Garde, die Bogue zur Bewahrung seiner Interessen in der Stadt gelassen hat, wird dieser einfach eine neue schicken und das Theater geht wieder von vorne los. (Spoiler) Und ganz davon abgesehen, ist es einfach heftig, in den ersten Minuten gleich mal eine Kirche abzufackeln und einen wehrlosen Mann aus kürzester Distanz einfach mal so abzuknallen (wenn ich da so an den Macheten-Mann von 1960 denke… (s. meine Ausführungen zu „Die glorreichen Sieben“)). (Spoilerende) Daher erklingt hier nach dieser harten Eröffnung dann auch kein Triumphmarsch bei Einblendung des Titels – das passt zu dieser Neuauflage einfach nicht.

Auch das Anwerben der Sieben, das auf den starken Tobak der Ausgangssituation natürlich folgen muss, und damit gleich mal für etwas Auflockerung sorgt, gelingt Pizzolatto und Wenk wesentlich glaubwürdiger. Denn ließen sich diese in der Vorlage noch von 20 Dollar pro Mann anlocken (was unabhängig vom Wert des US-Dollars zu diesem Zeitpunkt einfach mal unfassbar wenig klingt, vor allem wenn Robert Vaughns Lee in einer Szene anmerkt, dass sein Hotel allein schon zehn Dollar die Nacht kostet), erhalten sie hier einfach nur einen Blick in das klimpernde „Belohnungs-Täschchen“, das Haley Bennetts Emma Cullen den Jungs mitgebracht hat und das laut ihrer Aussage „alles“ wäre, was die Bewohner von Rose Creek für ihre Errettung zusammenkratzen könnten. Klar kann man sich nun ausmalen, das auch diese Summe nicht unfassbar groß sein kann, aber dadurch, dass man über ihre genaue Höhe im Unklaren gelassen wird, darf sich jeder seinen Teil denken und ich mir eben, dass dabei dann wohl mehr als 20 Dollar pro Mann herausspringen werden (was hier übrigens netterweise der Preis ist, den Bouge einem jedem Städter für die Übertragung seines Landes an den Gierschlund zu zahlen bereit ist – ein schönes Aufgreifen, wie ich finde). (Spoiler) Vor allem aber haben sie mit der Abwandlung, dass der von Denzel Washington gespielte Chris-Ersatz Sam Chisolm noch eine persönliche Rechnung mit Bogue offen hat, einen weiteren guten Einfall gehabt, denn so werden gerade die Beweggründe dieses so immens wichtigen ersten Mannes wesentlich glaubhafter und damit auch die von ihm als Zugpferd getätigten weiteren Anwerbungen. Zwar erklärt auch das nicht, warum dieser Mann ebenso den stammlosen Comache Red Harvest (dargestellt vom mir bisher völlig unbekannten Martin Sensmeier) von „seiner Sache“ überzeugen kann (das ist etwas sehr einfach gehalten), aber gut, dieses Zugeständnis kann man eindeutig machen, finde ich. Zumal sich Pizzolatto und Wenk auch den Waffenexperten Billy Rocks, den uns Byung-hun Lee gibt, und damit ein Stück weit auch James Coburns Britt, dem dieser hier entspricht, rehabilitieren lassen, indem sie ihn das aus dem „Original“ bekannte Duell „Pistole gegen Messer“ endlich fair gewinnen lassen. Gut, bei ihm ist es streng genommen eine Haarnadel, die seinen Gegner tötet, aber unabhängig davon zieht er diese auch erst aus seinem Haar (wie der andere seinen Revolver aus dem Holster) und wirft sie dann erst auf selbigen. Er hat sie halt nicht vorher schon in der Hand, so wie Coburn sein aufgeklapptes Schneidwerkzeug, was ich schon immer als ziemlich seltsam empfand. Diese Richtigstellung wurde daher Zeit und ich habe sie sehr genossen. (Spoilerende)

Ihre tiefgreifendste, nachhaltigste und damit auch wichtigste Maßnahme ergriffen die Macher dieses Remakes allerdings in punkto Zusammenstellung der Sieben. Waren diese bei Sturges noch ausnahmslos Weiße, sind sie bei Fuqua nun eine Mischung jeglicher Rassen und Typen. Zu der spannenden Geschichte, die ein jeder von ihnen bereits 1960 mitbrachte, kommt so 2016 noch ein weiteres, unverkennbares Merkmal. Und so sitzt der ehemalige Skalpjäger plötzlich neben einem Ureinwohner, lacht das mexikanische mit dem amerikanischen Schlitzohr um die Wette, bringt der ehemalige Südstaaten-Scharfschütze einen Asiaten in die Gruppe mit ein und wird die Truppe von einem Schwarzen angeführt, der im Krieg für den Norden kämpfte. Zwar muss man diesbezüglich eingestehen, dass diese unterschiedlichen Ethnien und Ursprünge zu gar nicht mal so vielen Auseinandersetzungen unter den Kampfesbrüdern führen, wie man vielleicht annehmen könnte und wie es vielleicht auch realistischer gewesen wäre, aber auch so ist diese Gruppe wesentlich glaubhafter als der Haufen, den Yul Brynner vor über fünfzig Jahren rekrutierte. Und vor allem führt sie dazu, dass man die Geschehnisse am Ende nicht einfach mit „Die überlegenen Amerikaner helfen mal wieder den dummen Mexikanern.“ überschreiben kann (sofern man dies im „Original“ denn überhaupt so will (denn so war die Geschichte auch damals schon nicht angedacht, würde ich behaupten wollen), aber es gibt ja immer diese Leute). Nein, konnte man dies früher so skandieren, muss man hier sagen: „Menschen kommen Menschen zur Hilfe, um sich gegen Arschlöscher zur Wehr zu setzen“. Und damit trifft „Die glorreichen Sieben“ von 2016 den Kern der Aussage dieser alten Story meiner Meinung nach wesentlich besser.

So viel glaubhafter die Ausgangssituation, die Beweggründe der Figuren sowie die Gruppen-Zusammenstellung auch sein mögen, das Setting und der Inhalt der neuen „Magnificent Seven“ an sich sind aber natürlich nicht realistisch. Dafür ist die Übermacht der Gegner hier viel zu groß (und was die Leute von Rose Creek alles in sieben Tagen schaffen, ist ganz nebenbei erwähnt enormst). Denn wo Chris und Co. 1960 noch gegen 40 Mann antreten mussten, was auf den einzelnen Streiter runtergerechnet seinerzeit extrem viel für den gängigen Westerner war, reicht das heutzutage, nach all den Spät- und vor allem Italowestern, die wir bereits gesehen haben, natürlich nicht mehr aus. Denn Pizzolatto, Wenk und mit Sicherheit gerade auch Fuqua wollen mit ihrem Werk eben nicht zu Denkorgien anregen und den Zuschauer bis weit über das Ende hinaus beschäftigen, sondern sie wollen ihn einfach nur gut unterhalten. Daher nerven sie einen im Mitteilteil auch nicht mit ewigen Grübeleien und Diskussionen der Sieben, sondern übernehmen gerade so viel davon aus der Vorlage, dass durchkommt, wie sehr sich diese gestrandeten Existenzen (oder zumindest die meisten von ihnen) ein zu Hause wünschen würden und leiten ansonsten schnell über zum großen Finale. Denn Fuqua inszeniert einen klassischen Action-Western, bei dem man all diesen zusätzlichen Ballast nicht gebrauchen kann. Eben genau so einen, wie es das „Original“ auch damals schon locker hätte sein können. Und damit nutzt man dann auch das letzte, vorhandene Rest-Potential der Vorlage aus und münzt es in einen guten Plot um. Und wie er diesen Action-Western inszeniert! Dass ein Antoine Fuqua für gute, handgemachte Action bekannt ist, ist ja nichts Neues, aber bezogen auf das Fitzelchen seiner Filmografie, das ich kenne, war er vorher noch nie so gut wie hier. Seine Shootouts sind überragend! Zwar sehr effektvoll inszeniert und rasant geschnitten, wie man das heutzutage gewohnt ist, aber nicht zu übertrieben und nicht zu schnell. Und wie er zudem noch versteht, diese Spannung vorher zu halten, bis man es fast nicht mehr aushalten kann (speziell ist hiermit die Rückeroberung von Rose Creek gemeint, die so ziemlich das größte Highlight der neuen „glorreichen Sieben“ ist). Das ist ganz großes Kino!

(Spoiler) Und so macht natürlich auch sein Endkampf viel mehr her als der von Sturges. Und das bezieht sich jetzt natürlich nicht nur auf dessen Länge (das wird im Gegenteil schon fast ein wenig zu sehr ausgeweitet, aber nur fast), sondern vor allem auf dessen Verlauf. Hier kann man dann auch endlich mal nachvollziehen, warum vier der Sieben ins Gras beißen müssen. Zwar geht einem das genau dadurch nur umso mehr an die Nieren, aber so hält man hier auch die Waage. Denn bei aller Betonung auf die Action, werden die konkreten Bedrohungen für Frauen, Kinder und im Zweifel eben auch die Männer eben doch ziemlich detailgetreu und, ja, dadurch auf diese Art realistisch dargestellt (das ist ein Element, dass seinem „Equalizer“ z. B. fehlt; dort wartet man die ganze Zeit, dass nochmal der richtig heftige Schlag in die Magengrube kommt, aber der bleibt dort aus und das Geschehen geht verhältnismäßig unkompliziert zu Ende). Ein wenig stelle ich mir die Frage, ob das Ganze wohl auch mit so vielen Toten der Sieben abgegangen wäre, wenn das Original (und in diesem Fall eben eindeutig auch Kurosawas Film) das nicht so vorgeben würde, aber das ist ja nun wirklich völlig spekulativ und am Ende auch Wurst. Stark finde ich nur, dass man es sich getraut hat, Chris Pratts Josh Faraday, der hier immerhin den 1960 überlebenden Steve-McQueen-Charakter Vin Tanner ersetzt, sterben zu lassen (aber was für eine Sterbe-Szene ist das? – absolut denkwürdig!) und dafür zwei Figuren überleben zu lassen, von denen zumindest ich das nun wirklich nicht gedacht hätte. Ganz große Schelme könnten sich nun natürlich noch fragen, was wohl passiert wäre, wenn Bogue seine Gatling sofort oder zumindest eher eingesetzt hätte, aber das muss ja nun wirklich nicht sein, oder? Zumal Chisolm uns hier noch große Genugtuung verschafft, indem er diesen wirklich ziemlich ekligen Bösewicht am Ende nochmal ordentlich leiden lässt. Dass er sich dabei fast zu viel Zeit lässt, von diesem daher fast doch noch erledigt wird und von Emma Cullen gerettet werden muss? Ist doch gut so; der Western hat starke Frauen verdient! Starke Enden ebenso und das hier ist eben so eines. (Spoilerende)

Und a pro pos stark: Stark ist auch Fuquas Cast hier. Denzel Washington spielt seinen Helden mit Herz hervorragend. Ihm liegt das aber auch. Er wirkt immer so einfühlsam, weil er einfach eine natürliche Menschlichkeit ausstrahlt, die den wenigsten Schauspielern in dieser Form gegeben ist. Das gleicht die Coolness aus, die Yul Brynner seinerzeit hatte, und dadurch liegen beide in meiner Gunst am Ende gleichauf. Chris Pratt dagegen mit Steve McQueen zu vergleichen, wäre natürlich absolut unfair. Gegen den obercoolen Vin Tanner kommt dessen Josh Faraday hier selbstredend nicht an. Und ganz generell bin ich nicht der größte Fan dieser neuen Generation Dreitagebart-Komiker. Dafür allerdings, das muss und will ich ihm zugestehen, macht er seine Sache hier sehr ordentlich. Ebenso wie Manuel Garcia-Rulfo, den ich vorher noch überhaupt gar nicht kannte. Im Gedächtnis bleiben auch Ethan Hawke und Vincent D’Onofrio, die beide ihren großen Erfahrungsschatz mit einbringen und denen man den Spaß an der Arbeit anzusehen scheint. Nach Washington am coolsten sind allerdings Lee Byung-hun und Martin Sensmeier. Und zugegeben, das liegt vor allem auch an ihren Rollen, die wirklich sehr einfach zu mögen sind, aber sie gehen eben auch voll darin auf. Ebenso wie Peter Sarsgaard in der seinigen. Sein Bartholomew Bogue ist wirklich ein ebenbürtiger Gegner für Washingtons Chisolm und daher, das muss ich jetzt einfach mal so zugeben, ist er hier wesentlich besser als es Eli Wallach damals war (von dem coolen Namen, den er trägt, mal ganz abgesehen). Und mit Haley Bennett spendieren uns die Macher dann zu guter Letzt auch noch eine taffe, junge Frau, die obendrein auch noch ziemlich gut aussieht. Tatsächlich hat sie was von Jennifer Lawrence (die in einem Western; das wäre ja auch noch mal was) und kommt einem daher fast vor wie deren kleine Schwester. Talent hat sie jedenfalls auch allerhand und muss hier in quasi jeder Szene ihr (jetzt nicht unfassbar üppiges) Dekolleté zeigen, wogegen ich nun so gar nichts finden kann.

Hervorragend unterstützt werden Fuquas Szenen und seine Schauspieler auch durch den letzten Soundtrack von James Horner und dem, was Simon Franglen aus dessen Ansätzen gemacht hat. Gerade diese leichten Trompeten-Klänge unterstreichen das Geschehen auf dem Bildschirm sehr gut. Ganz große Klasse! Zwar kann man das natürlich nicht mit dem Jahrhundert-Score von Bernstein seinerzeit vergleichen, aber das ist schon wesentlich mehr als man erwarten durfte (und sehr schön auch, dass man ganz zum Schluss nochmal kurz das alte Thema in seiner ganzen Pracht erklingen lässt). Zusätzlich haben die Set-Dekorateure, die Kostüm-Designer, diejenigen, die die ganze Stadt hier aufgebaut haben, usw. großartige Arbeit geleistet. Und tolle Aufnahmen des Ganzen von Mauro Fiore bekommen wir auch noch geliefert. So muss ein Western fotografiert werden! Einen Dank an dieser Stelle auch an die Location-Scouts dieser Produktion – hier passt einfach alles zusammen.

Betrachten wir beide Western-Verfilmungen von Kurosawas Geschichte also abschließend einmal vergleichend, fällt auf, dass diese tatsächlich gar nicht so weit auseinanderliegen. Beide sind sehr unterhaltsam, wobei Fuquas Werk seinen Fokus jedoch gänzlich auf diese Eigenschaft legt. Der spannungsarme Mittelteil des „Originals“ fehlt hier völlig und trotzdem sind sowohl seine Ausgangssituation als auch die Sieben selber wesentlich glaubwürdiger als noch bei Sturges. Begucken wir uns die Darsteller der Helden, so stellen wir fest, dass „Die glorreichen Sieben“ von 1960 im Gesamtpaket doch um einiges stärker aufgestellt waren. Zwar halten sich die beiden Anführer die Waage, aber hinter Washington wird es hier im Vergleich (! – und obwohl man da heutzutage zugegebenermaßen auch wesentlich schlechtere Wahlen hätte treffen können) relativ dünn. Dafür hat dieses Remake den wesentlich charismatischeren, boshafteren und erneut glaubwürdigeren Bösewicht sowie eine hübsche, starke, junge Frau und nicht nur ein Love Interest. Patt-Situation würde ich aufgrund der Wertigkeiten dieser Figuren sagen. Zu guter Letzt muss man natürlich noch festhalten, dass die Neuverfilmung natürlich lange nicht mehr den Charme eines Streifens der 60er Jahre ausstrahlt ((Spoiler) das macht sich dann ausgerechnet beim allerletzten Bild bemerkbar, wenn Fuqua uns die Gräber der vier Gefallenen präsentiert, die tatsächlich komplett animiert sind – das sieht so was von scheiße aus und das bisschen zusätzliche Arbeit hätte man sich in bzw. um die extra für diesen Streifen komplett neu gebaute Stadt ja wohl noch machen können, oder? (Spoilerende)), dafür aber in den Action-Szenen, die weiterhin handgemacht sind und wo so gut wie nichts am Computer nachträglich möglich gemacht worden sein dürfte, ganz klar die Nase vorn hat. Und alles in allem sind das eben alles genau die Punkte, die John Sturges „Original“ von 1960 noch zu den vier Sternen gefehlt haben, und die Antoine Fuquas „The Magnificent Seven“ von 2016 dann eben genau dazu verhelfen. Und das hatte ich vorher tatsächlich nicht zu hoffen vermocht. Aber früher war eben doch nicht alles besser. Richtig angegangen kann so ein Remake also auch richtig was werden. Und von daher werde ich beim nächsten solchen (ist da schon was angekündigt?) wesentlich entspannter an die Sache herangehen…

Übrigens: So viele Western-Schauplätze wie früher scheint es in den USA jedenfalls nicht mehr zu geben. Die hier gewählten ähnelten mir mitunter denen aus besagten „True Grit“ und „3:10 To Yuma“ z. B. doch ziemlich. Aber erstens mag ich mich diesbezüglich irren und zweitens hat man für den wichtigsten Drehort, die eigens erbaute Stadt Rose Creek, ja ein wunderschönes Plätzchen gefunden, das zumindest mir unverbraucht vorkam.

Zur BD:

Das Nervigste an Sonys Blu-ray hierzu ist, dass am Anfang erstmal fünf (!) Trailer kommen, die mit dem Genre Western erwartungsgemäß natürlich nichts zu tun haben. Und klar, man kann die auch wegdrücken, aber wenn man sich einstimmen lassen will und sich denkt „Die zwei Trailer guck ich auch noch eben mit weg.“ (mehr sind es ja heutzutage meistens Gott sei Dank nicht) und es werden mehr und mehr, dann irritiert einen das schon. Aber egal, das Bild und der Ton sind einer aktuellen BD zu einem aktuellen Film entsprechend natürlich über jeden Zweifel erhaben. Und ein wenig Bonusmaterial spendiert Sony auch noch:

  1. Entfallene Szenen: 7,5 zusätzliche Minuten Film, die einen wissen lassen, worauf der Fokus bei diesem Streifen liegt (und das ist gut so).
  2. „Die Sieben“,
  3. „Die Regie zu ,Die Sieben‘“,
  4. „Die Einnahme von Rose Creek“,
  5. „Der Schurke Bogue“,
  6. „Revolverhelden“ und
  7. „Glorreiche Musik“ sind sechs ca. fünfminütige Zusammenschnitte von Filmszenen und Interviews mit den Beteiligten (vor allem natürlich Darsteller und Regisseur Fuqua), die während der Dreharbeiten offensichtlich zu Werbezwecken gedreht wurden. Da haut einen jetzt nichts von um, aber ein, zwei interessante Sachen kann man dabei erfahren und Antoine Fuqua legt sehr anschaulich und beeindruckend dar, was eine gute Geschichte seiner Meinung nach ausmacht – und ich kann ihm da nur zustimmen.
  8. Rache-Modus: Keine Ahnung, was sich dahinter verbirgt, habe ich nicht ausprobiert. Laut Internet wohl der Film mit ständigen, zusätzlichen Hintergrundinfos. Vielleicht also eine neue Art Audiokommentar? Werde ich mir wahrscheinlich nie angucken.

Wie wir sehen: Fünf andere, aber der Trailer zum Hauptfilm ist natürlich mal wieder nicht enthalten. Sehr ärgerlich so was. Wo ich gerade den ganz gut fand… Na ja, dafür gibt’s dann eben das Internet und auch wenn man diese BD als eine Standard-BD bezeichnen muss, so gibt es diese mittlerweile ja ganz günstig zu haben und damit kann man dann in Gänze nichts falsch machen.

Zitate

[Emma Cullen wirft Sam Chisolm den Beutel mit der Belohnung für den Auftrag zu] „Was ist das?“ – „Alles, war wir haben. So viel ist es uns wert.“ – „Mir ist schon oft viel geboten worden, aber alles noch nie…“(Sam Chisolm wird auf seine alten Tage doch noch mal überrascht)

„Ihnen ist klar, was das heißt, wenn Sie sowas anfangen?“ – „Wir haben das nicht angefangen, Mr. Chisolm!“(Emma Cullen möchte sich nicht mit fremden Federn schmücken)

[Josh Faraday lässt sich von Chisolm erzählen, wer der Gegenspieler ist] „Da ist also Gold im Spiel, aber Gold nutzt dir nicht viel, wenn du damit begraben wirst.“(Josh Faraday hat Bogues Visitenkarte gelesen und glaubt offensichtlich nicht an ein Leben nach dem Tod)

„Wer eine Waffe trägt, hat die Tendenz, sie zu benutzen.“(Sam Chisolm kombiniert)

„Der Ritt nach Junction City dauert eineinhalb Tage. Wir haben zwei – da trinken wir n halben Tag!“(Josh Faraday betreibt ein für die damalige Zeit höchst beachtliches Zeitmanagement)

[die noch nicht ganz Sieben reiten über einen Indianerfriedhof] „Traue nie einem Volk, das seine Toten über der Erde begräbt!“ – „Nenn den Alligator erst Großmaul, wenn du am anderen Ufer bist!“(Goodnight Robicheaux und Vasquez zeigen sich gegenseitig, was sie vom letzten Sprüche-Kongress noch so alles behalten haben)

„Nur n Fingerzucken – mehr ist nicht nötig, um jemanden umzubringen. Und man sagt, die Alpträume gehen nie wieder weg.“(Josh Faraday klärt Emma Cullen über seinen Gemütszustand auf)

„Chisolm? Sollte ich diesen Namen kennen?“ – „Du kennst ihn aus deiner Todesanzeige.“(Sam Chisolm unterstellt Bartholomew Bogue seherische Fähigkeiten)

★★★★

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