Der letzte Wagen

The Last Wagon

★★★★

  • Jahr: 1956
  • Regie: Delmer Daves
  • Darsteller: Richard Widmark, Felicia Farr, Stephanie Griffin, Tommy Rettig, Susan Kohner, Ray Stricklyn, Nick Adams...

Story

Comanchen-Todd (Richard Widmark) wird als Kind von den Indianern aufgenommen und großgezogen. Er heiratet eine Squaw und zieht mit ihr zwei Söhne groß. Als seine Familie jedoch von den vier Harper-Brüdern grundlos niedergemetzelt wird, schwört er blutige Rache. Dumm nur, dass Bull Harper (George Mathews), der letzte der Verbrecher, Sheriff ist und ihn daher Kraft seines Amtes gefangen nimmt, um ihn für den Mord an seinen Brüdern hängen zu lassen. Zusammen kommen sie bei einem Wagentreck gläubiger Leute unter, die Todd erst noch in Schutz nehmen, bis dieser Bull bei der erstbesten Gelegenheit tötet. Sodann wird er auch von ihnen als gefährlich eingestuft und angekettet. Allerdings wird dieser Wagentreck von den Apachen überfallen und durch einen Zufall überleben nur Todd, die nette Jenny (Felicia Farr) und ihr Bruder Billy (Tommy Rettig), die sich beide sofort in Todd verlieben, die Indianerhasserin Valinda Normand (Stephanie Griffin) und ihre indianische Halbschwester Jolie (Susan Kohner) sowie die beiden Jungspunde Clint (Ray Stricklyn) und Ridge (Nick Adams). Letztere wären ohne das indianische Wissen Todds natürlich verloren und so nimmt er sich nach einiger Diskussion ihrer an. Er führt sie durch das Gebiet der Apachen, lehrt die Aufsässigen ihre Lektion und rettet schlussendlich nicht nur sich und die Halbstarken, sondern auch noch einen kleinen Trupp Soldaten vor dem sicheren Tod. Trotzdem erkennt der Leutnant Kelly (James Drury) in ihm den gesuchten Comanchen-Todd und lässt ihn daher vor ein Militärgericht stellen. Hier muss er sich für seine Morde rechtfertigen. Mit viel Überzeugungskraft, auch seiner Erretteten, lässt sich der Richter schließlich von dem Urteil überzeugen, Todd freizusprechen, nimmt Jenny und Billy allerdings vorher das Versprechen ab, sich fortan um ihn zu kümmern.

Worte zum Film

tolle Darsteller vor herrlichen Landschaften, in wunderschönen Bildern perfekt von der Kamera eingefangen; gute, kurzweilige, leicht naive Geschichte mit interessanten Charakteren; starkes Gesamtpaket – ein richtiger Familienwestern

Bewertung

Zum Film:

Delmer Daves. Dieser Name steht in Sachen Western einfach für Qualität. Und zwar nicht einfach „nur“ für grundsolide Qualität wie etwa der eines Budd Boetticher oder vergleichbarer Regisseure, sondern für große Qualität. Seine Filme gehören mit zum Besten, was das Genre zu bieten hat. Und durfte ich seinerzeit bei „Jubal“ noch mit Freude feststellen, dass das eben nicht nur auf seine Klassiker „Broken Arrow“ und „3:10 To Yuma“ zutrifft, womit ich endgültig zum richtigen Daves-Fan wurde, war „Der letzte Wagen“ meine vierte Pferdeoper dieses Ausnahme-Filmemachers. Diese ist sicherlich nicht ganz so bekannt wie seine zwei größten Vertreter, aber auch absolut kein Geheimtipp und Fans allemal ein Begriff. Zu größerer Popularität hat wahrscheinlich nur eine bessere Auswertung auf Video und DVD gefehlt. Dieses Versäumnis hat Koch Media 2011 ja aber nachgeholt und diese Perle endlich auf einen Silberling gepresst, was natürlich nicht nur mein Herz hat höher schlagen lassen. Sofort musste ich das Ding damals haben und selbstverständlich auch gleich gucken. Bis die 2016er BD dann endlich in meinem Besitz landen sollte, dauerte es drei Jahre, aber nun habe ich in dieser Herzensangelegenheit endlich auch upgegradet und konnte es natürlich wieder nicht lassen, sofort einen neuen (hochauflösenden) Blick zu riskieren. Denn Daves hat mich auch dieses Mal absolut nicht enttäuscht, sondern – ganz im Gegenteil – meine Erwartungen tatsächlich noch übertroffen. Vor mittlerweile acht Jahren hätte ich nie gedacht hiermit einen Vierer erstanden zu haben, aber genau so ist es. Und wenn es in Insiderkreisen nicht schon längst dazu gekommen ist, werden diese Veröffentlichungen dem Streifen dann auch hoffentlich endlich dazu verhelfen, ein ähnlicher Klassiker zu werden wie „Der gebrochene Pfeil“.

Am Filminhalt selbst kann es jedenfalls nicht liegen, dass er mit diesem nicht in einem Atemzug genannt wird, denn Daves, der ganz nebenbei mit James Edward Grant und Gwen Bagni (nach einer Geschichte von Letzterer) auch noch das Drehbuch hierzu schrieb, macht von Anfang an keine Gefangenen – wenn wir von Richard Widmark innerhalb der Story mal absehen. Allein seine erste Einstellung, in der wir einen Mann sehen, wie er nach einem Schuss tödlich getroffen vom Pferd fällt, ist nicht nur ästhetisch, sondern schmeißt einen gleich mitten rein in die Erzählung. Und obendrein war es für 1956 auch noch ziemlich mutig, Schuss und Wirkung in einer Einstellung zu zeigen, meine ich. Von da an muss man gebannt auf den Bildschirm starren, weil man mit einem Male realisiert, dass man mittendrin in einer wilden Verfolgungsjagd ist. Sofort fragt man sich: Wie konnte es dazu kommen? Was hat der von Widmark gespielte Comanchen-Todd nur verbrochen? (Spoiler) Und wenn man dann etwas weiter ist und er bereits gefangen gesetzt werden konnte, will man natürlich wissen, warum er denn nun gehängt werden soll. Und noch etwas später natürlich, ob seine Version der Geschichte nicht etwas anders klingen mag als die des Sheriffs. Dass man darauf allerdings noch etwas warten müssen wird, kann man sich selbstredend ebenso denken… (Spoilerende) Aber das ist einfach clever gemacht von unserem Autorentrio. Einmal angefangen, lässt einen diese interessante Odyssee nicht mehr los.

Für deren nachhaltigen Eindruck sorgt allerdings noch etwas anderes, das einem ebenfalls direkt in den Intro-Szenen auffällt: Die erneut perfekte Kamerabeherrschung von Kameramann Wilfrid M. Cline und seinem Regisseur, die ja ein Markenzeichen von Daves Filmen ist. Nicht nur hat man sich mit der Gegend um Sedona erneut eine wunderschöne Umgebung für die Settings ausgesucht, sondern man hat es auch wieder einmal verstanden, diese so einzufangen, dass man als Zuschauer in seinem Fernsehsessel regelrecht dahinschmilzt bei so viel Schönheit. Diese riesigen Felsen, dieser wunderschöne Platz, auf dem der Wagentreck seine Zelte aufschlägt, dieser herrliche Fleck Erde, an dem die Teenager baden gehen wollen… Wunderbar! Da bin ich dann natürlich erst recht gefangen und allem, was danach so kommen mag, nur noch positiver gegenüber eingestellt.

Und die Geschichte, die „The Last Wagon“ dann ausbreitet, bleibt ja nun auch wirklich fesselnd. Sicherlich ist sie nichts völlig Neues, sondern eher aus bekannten Versatzstücken zusammengebaut, aber in deren Abfolge – zumindest für mich (das sage ich lieber mal dazu, denn ich bin bei so was glaube ich auch immer ein wenig zu blauäugig und nicht selten vielleicht auch ein wenig zu doof (was mir immerhin schon ganz tolle, weil unvoreingenommene Filmmomente beschert hat)) – ziemlich unvorhersehbar (in der Abfolge, nicht in deren Ausgang). Ständig meint man, den Plot und seinen weiteren Verlauf zu kennen, bevor der dann doch eine völlig unerwartete Wendung nimmt und man erstmal komplett umdenken muss. Das erstaunt und erfreut selbstredend zugleich. Und wenn man dann wieder drin und erneut so weit ist, zu sagen, man müsste jetzt eigentlich wissen wie’s weitergeht, schlägt die Story noch so einen Haken und man sitzt wieder da und denkt „Klasse, weiter so!“. In ihren einzelnen Handlungsabschnitten dann folgt sie bewährten Mustern ((Spoiler) der Unschuldige, der den Mord an seiner Familie rächt und dafür aufgeknüpft werden soll; der bei den Roten aufgewachsene weiße Mann, der eine Gruppe ahnungsloser Greenhorns durchs Indianergebiet führen muss (natürlich sind diese Indianer nicht seine Freunde die Comanchen, sondern die bösen Apachen, is klar, irgendwer muss ja trotzdem den Gegenpart übernehmen, nech?); die Indianerhasserin und das Halbblut, die natürlich zu allem Überfluss auch noch Schwestern sind; der Schlangenbiss; die Spannungen innerhalb der Gruppe (insbesondere die Anschuldigungen gegenüber Comanchen-Todd, nachdem er als einziger das Massaker überlebt hat) und so weiter (Spoilerende)), aber das fand ich jetzt absolut nicht schlimm. So wie man es hier zusammengesetzt hat, hat man ein interessantes, stets kurzweiliges und lebendiges Script geschaffen, das qualitativ in diesem Genre nicht oft erreicht wird.

Da dürfen dann auch mal ein paar Klischee-Charaktere dabei sein, denn die hat man sich einfach mal erlaubt. Und die braucht man auch, denn es geht hier – nicht so wie beispielsweise in Manns Western jener Zeit, die diesbezüglich den ungemütlicheren Weg wählten – weniger um die Psyche der einzelnen Figuren, sondern eher um ihre Spannungen untereinander. Die stehen klar im Vordergrund. Zwar vergessen Grant, Daves und Bagni es auch absolut nicht, uns mit pointiert eingesprenkelten Action-Szenen bei Laune zu halten, aber vordergründig geht es doch um die ziemlich spannenden Figurenkonstellationen hier (man beachte den Plural!). Und diese ließen sich damals nun mal weiterhin ganz hervorragend mit den althergebrachten, oben bereits teilweise beschriebenen Persönlichkeiten abbilden.

Und mögen die Charaktere vielleicht auch nicht so vielschichtig sein (und mag sich der eine oder andere vielleicht sogar daran stoßen), so werden diese spätestens durch die Leistungen der vorzüglichen Darsteller zu etwas Besonderem und sind es wert, gesehen zu werden – jeder einzelne von Ihnen. So zum Beispiel Tommy Rettigs Billy. Solche Kinderrollen sind ja eigentlich – und vor allem in Pferdeopern – zu mindestens 60 Prozent überflüssiges und meistens dann ja auch noch fürchterlich nervendes Beiwerk. Keine Ahnung warum man die so oft eingebaut hat. Macht man ja normalerweise für Frauen (oder nicht?). Nun ist der Western zwar kein klassisches Frauengenre, aber trotzdem hat man das gar nicht mal so selten praktiziert und eigentlich rege ich mich über solche Rollen dann meist ziemlich auf, weil sie mir tierisch auf den Geist gehen, aber dieser Billy hier hat auch mir ausgesprochen gut gefallen. Das ist ein aufgeweckter Typ mit dem Herz auf dem rechten Fleck. Erinnerte mich persönlich sehr an den immer wieder gern gesehenen Happy aus „Winnetou und das Halbblut Apanatschi“; der ist ja auch ’n cooler Typ. Und Rettig macht das einfach klasse; der ist sympathisch.

Oder nehmen wir die Indianerhasserin Valinda Normand, verkörpert von Stephanie Griffin, die ganz offensichtlich zu Unrecht nicht mehr Rollen gekriegt hat. Ist ja eigentlich ein völlig typischer 08/15-Charakter in einem Western, der von der entsprechenden Schauspielerin meist völlig übertrieben und unglaubwürdig dargestellt wird. Aber die Griffin hier? Wirklich gut! Gerade ihre ersten zwei Minuten (oder wie lange die Szene nun auch immer ging) sind ganz groß; die können einen umhauen. Ihre Einführungsszene ist dann auch gleich ihre stärkste und wird von ihr hier nicht mehr erreicht. Das ist perfekt. Da spürt man richtig ihren Hass auf die Indianer, der eigentlich gar kein Hass, sondern purer Neid ist, ähnlich Ashton Maines Empfinden in „Fackeln im Sturm“. Und ähnlich stark wie Terri Garber dort (ganz so stark natürlich nicht, was Garber dort abliefert ist unerreicht und schlichtweg genial) agiert auch Stephanie Griffin hier. Leider hat sie von diesen Szenen nicht mehr so viele (Spoiler) und wird schlussendlich in ihrer Meinung über die Indianer natürlich bekehrt (Spoilerende), aber gut. Eine starke Performance einer völlig unbekannten Darstellerin ist und bleibt ihr Auftritt hier. Zudem sieht sie auch noch gar nicht so schlecht aus, also…

Und da sieht man dann auch den Unterschied zwischen ihr und ihrer Filmhalbschwester Susan Kohner hier. Die sieht zwar auch gut aus, kann aus ihrer ebenfalls sehr gängigen Rolle von der lieben Indianerin, die unter ihrer Schwester leidet, aber lange nicht so viel herausholen. Sie ist super-sympathisch, sicher, aber sie bleibt nicht so wirklich im Gedächtnis haften; schade. Sehr nett ist sie trotzdem.

Ebenfalls nicht ganz so stark wie die erstgenannten sind die beiden Herren Ray Stricklyn und Nick Adams, die zu meinem Erstaunen und ganz im Gegensatz zu Miss Griffin eine ganz ordentliche Filmografie aufweisen können (wenn da natürlich auch eine beträchtliche Anzahl TV-Serien dabei ist). Auch sie spielen ihre Rollen gut, wissen zu gefallen und sind sympathisch, bleiben aber ebenfalls nicht so hängen. Trotzdem: Man hätte damals auch noch ganz andere junge Leute besetzen können…

Und Felicia Farr ist eben in jeder Beziehung so ein bisschen das Bonbon hier, nich wahr? Für den Helden wie auch für den Zuschauer. Auch genretypisch ist sie die Einzige, die von Anfang an das Gute im Comanchen-Todd sieht und sich daher für ihn einsetzt. Und sie sieht hier ebenfalls verdammt gut aus! Erinnerte mich sogar ein wenig an die große Kim Novak (auch vom Gesicht her haben die beiden Ähnlichkeiten, finde ich). Nicht mit deren Präsenz sicherlich, aber ebenfalls sehr sympathisch und für Daves Zwecke genau die Richtige.

Fehlt eigentlich nur noch einer, oder (zumindest wenn man James Drurys und Ken Clarks witzige Kurzauftritte hier mal außer Acht lässt; die müssen nicht weiter kommentiert werden)? Aber über den braucht man an sich auch nicht viel zu sagen. Natürlich ist Richard Widmark hier der unangefochtene Held und Leader. Nicht nur von seiner Rolle, sondern auch von seinem Auftreten her. So cool musst du erstmal sein. Der macht sogar aus seiner Kette ne Waffe (übrigens n nettes Alleinstellungsmerkmal, das der Film besitzt (fällt mir jetzt spontan zumindest kein Nachahmer zu ein)) und könnte fast sogar mich überzeugen, nochmal zum Raucher zu werden. Und so gut Tommy Rettig, Stephanie Griffin, Susan Kohner, Felicia Farr und die anderen auch sein mögen… Wenn sie zusammen mit Widmark im Bild sind, sieht man einfach fast nur noch ihn. Das ist eben so, da können die gar nichts dafür. Und so ein Part ist für den alten Haudegen natürlich auch eine Paraderolle. Da lässt er gar keine Zweifel aufkommen: Er war, ist und bleibt ein König des Westerns!

Nicht so recht eine Paraderolle will dagegen gerade dieser wichtige Sprechteil für den sonst so großartigen Wilhelm Borchert werden. Erstens passt seine Stimme nun wirklich so gar nicht zu Widmark und zweitens trifft er den Ton meiner Meinung nach hier auch wirklich nicht. Vielleicht ist das auch der Grund, warum nochmal eine neue Synchro für’s TV angefertigt wurde (die wohl auch auf den Koch-Scheiben zu finden ist, die ich mir allerdings noch nicht angehört habe und daher nichts dazu sagen kann). Ist jedenfalls ziemlich schade und kommt einem ob der Fülle in Frage kommender Sprechern der damaligen Zeit ziemlich unnötig vor.

Unabhängig davon wird dem einen oder anderen bei dieser Aufzählung aufgefallen sein: Für eine Pferdeoper haben wir hier aber ziemlich wenig „erwachsene“ Charaktere und dafür einen ganzen Haufen voller Kinder und Jugendlicher. Das ist extrem ungewöhnlich und hätte ich ehrlich gesagt auch eher im B-Western-Bereich vermutet. Umso schöner natürlich, dass wir diese Art Film dann auch in der inszenatorischen Brillanz erleben dürfen, die Delmer Daves hier erneut an den Tag legt. Das Ganze jetzt nun aber als Vorläufer der späteren Slasher-Movies zu sehen, wie es Hank Schraudolph im Booklet der Koch-DVD hierzu tut, halte ich für ziemlich übertrieben. Ganz im Gegenteil darf man, denke ich, durchaus sagen, dass „Der letzte Wagen“ ein waschechter Familienwestern ist. Da findet selbst der Nachwuchs seine Identifikationsfigur und das Gesamtgericht wird tatsächlich auch sehr kindgerecht serviert. Wir haben keine übertriebene Gewalt ((Spoiler) der Überfall der Apachen auf den Wagentreck findet daher auch komplett nur im Nachhinein in den Köpfen der Zuschauer statt – gezeigt wird nur das Endergebnis (Spoilerende)), wir haben hier generell kaum Gewalt, alles läuft recht reibungslos ab und am Ende gewinnt… Na, ihr könnt es euch denken. Verstehe daher die Freigabe ab 12 auch absolut nicht. Vielleicht ist die mal wieder etwas veraltet ((Spoiler) ich kann jedenfalls nur hoffen, dass es nicht daran liegt, dass die ihre Toten nicht begraben (Spoilerende)). Ich jedenfalls würde den Streifen später gerne mit meinen Kindern gucken. Falls denen die „Winnetou“-Verfilmungen gefallen sollten, gefällt ihnen „The Last Wagon“ mit Sicherheit auch.

Damit einher geht allerdings auch eine weitere kindliche Eigenschaft, die man diesem Werk, sofern man denn einen Makel suchen sollte, tatsächlich negativ auslegen könnte: Daves, wenn ich richtig gezählt habe, fünfter Genrebeitrag ist dadurch natürlich sehr naiv angelegt. Hier wird tatsächlich alles nicht so heiß gegessen, wie es gekocht wird. (Spoiler) So wird Comanchen-Todd trotzdem er als gefährlicher Mörder vorgestellt wird und als solcher durch die Tötung des Sheriffs kurze Zeit später vermeintlich auch gleich in Erscheinung tritt, von Jenny und ihrem Bruder Billy sofort als guter Mensch „entlarvt“ und „verlieben“ sich beide sofort in ihn. Das geht so weit, dass sie ihm nach dem Überfall der Indianer auf den Treck sofort blind vertrauen, ohne auch nur eine einzige Sekunde zu zweifeln. Auch vom Überlebenskampf in den folgenden Tagen sieht man außer eines kurzen Intermezzos mit zwei Indianerspähern nichts. Und ein Schlangenbiss heilt bei Valinda Normand hier einfach nur durch ein, zwei beherzte giftaussaugende Züge von Todd sowie ein paar Schlucke Wasser, die sie von den anderen danach mehr bekommt. Einen Arzt braucht man in der Wildnis nicht und selbst Kaninchen lassen sich von Leuten, die das vorher noch nie gemacht haben, einfach so mit dem Lasso fangen. Der Gipfel dieses Ganzen ist dann natürlich das Ende, wo sich hunderte Indianer von zwei Wagen Schießpulver in die Flucht schlagen lassen und ein vierfacher Mörder, der zwar den besten Grund hatte, das zu tun, was er getan hat, aber vor dem Gesetz selbst damals leider dennoch ein Mörder bleibt, einfach mal so freigesprochen wird. (Spoilerende) Ich sage mal ganz vorsichtig: Ganz so wird’s damals wohl nicht abgelaufen sein. Ich sage aber auch ganz klar, dass ich mich ab und an gerne mal wieder in solch kindliche Welten und Denkmuster zurückversetzen lasse und dass ich den Film daher trotzdem klasse finde. Es ist nur nicht so, dass mir das nicht auffallen würde. Ich sehe das schon. Aber gerade in dieser Perfektion, wie sie Daves, Grant, Bagni und der Rest der Crew hier liefern, fällt es einem auch wirklich schwer, sich dem Charme dieser Nostalgie-Einheit zu entziehen.

Und so wird „Der letzte Wagen“ natürlich in erster Instanz von seinen großartigen Akteuren, insbesondere seinem Hauptdarsteller, getragen. Aber auch Delmer Daves tolle leitende Hand, sein klasse Kameramann Cline und dessen bezaubernde Aufnahmen, Bagnis wendungsreiche Story sowie Lionel Newmans schöne Musik tragen das Ihrige dazu bei und machen diesen Streifen zu einem wunderbaren Gesamtpaket (exemplarisch dafür könnte man jetzt zum Beispiel die Beilwurf-Szene von Widmark anführen; das ist Extraklasse). Und wer endlich mal einen Western außerhalb unserer Karl-May-Verfilmungen mit der ganzen Familie gucken will, der wird hier ebenfalls endlich fündig. Dieser ist am Ende zwar keinesfalls so gut, dass er nicht noch getoppt werden könnte, aber er ist eben so gut, dass man da nix mehr zu nörgeln findet (außer man will ihm aus seiner herrlichen Naivität einen Strick drehen). Mehr erwarte ich eigentlich von einem guten Film gar nicht, aber wie selten bekommt man das auch geboten?…

Zur DVD:

Zu dieser Nummer 3 aus Kochs Reihe „Western Legenden“ braucht man nicht viel zu sagen. Das Bild und der Ton sind ein Glück sehr gut und der Film wie gesagt absolut sehenswert. Bonus ist mit „nur“ dem Trailer, einer Bildergalerie und einem angeblich 8-seitigen Booklet, von dem dann gerade mal zwei Seiten beschrieben sind (was an sich nicht schlimm ist, aber dann muss man das auch nicht größer ankündigen, als es ist, zumal mit der achten Seite offensichtlich das Backcover gemeint ist), nicht gerade üppig, aber wen interessiert das schon wirklich, wo Bonusmaterial bei Koch wirklich Bonusmaterial ist? Der Booklet-Text ist zwar etwas merkwürdig geraten (ich schätze mal Autor Hank Schraudolph fand den Streifen lange nicht so gut wie ich, sondern eher durchschnittlich, ansonsten wären seine mal in die eine, mal in die andere Richtung tendierenden Aussagen für mich ziemlich schlecht aufeinander abgestimmt) und einige Rechtschreibfehler haben sich dort auch eingeschlichen, aber ich wette, da findet man bei mir auch ein paar davon. ;) Auf jeden Fall jeden Euro wert die Scheibe. Bei meiner musste ich zwar zum ersten Mal in meiner Koch-Geschichte meckern, weil das Digipak nicht richtig eingeklebt ist, sodass es verrutscht, aber das wird ja nicht bei allen Exemplaren der Fall sein.

Zur BD:

Wie weiter oben bereits erwähnt, war „Der letzte Wagen“, weil sich ein günstiges Angebot ergab, einer der ersten Western, bei denen ich von der DVD auf die BD aufgerüstet habe. Und das lohnt sich hier absolut nochmal! Das Bild ist einfach perfekt und am Ton fiel zumindest mir nun auch wirklich nichts negativ auf. Am Bonusmaterial hat sich natürlich nicht wirklich etwas getan (sieht man davon ab, dass auf das extra für die Scheiben der Reihe „Western Legenden“ produzierte Booklet selbstredend verzichtet wurde):

  1. Trailer
  2. Bildergalerie: Nette, selbstablaufende Geschichte.
  3. Bildergalerie „Hinter den Kulissen“: Vor allem hier findet man natürlich einige interessante Schnappschüsse.

Und so ist das einzige Manko an dieser Scheibe, dass sie sich leider nicht gegen die bereits vorhandene DVD austauschen und in die Reihe der „Western Legenden“ eingliedern lässt. Sie kommt im einfachen Amaray daher. Klar, der ist immerhin schwarz (oder soll das braun sein?), aber da machte die alte Digipak-Aufmachung schon wesentlich mehr her. Und das Gesamtbild der Reihe im Regal will man ja auch nicht zerstören. Da muss man sich also was einfallen lassen. Rein vom nochmal verbesserten Bild her, das dieses tollen Films nur würdig ist, bereue ich mein Update aber auf keinen Fall.

Zitate

„Ich werde überall erzählen, dass Comanchen-Todd der mutigste Mann war, der je gehängt wurde.“(Sheriff Bull Harper bastelt im Kopf schon mal an seiner Wiederantrittsrede)

„Ein Weißer und eine Navajo-Squaw, die sich nachts heimlich im Wald treffen wie räudige Dorfköter.“(Valinda Normand beschreibt auf ihre Art die Entstehungsgeschichte ihrer Halbschwester Jolie)

„Ich sag ja, sie ist eine Wilde.“ – „Natürlich, ich bin ja auch ein Wilder!“(Clint nutzt Valindas Versuch eines Seitenhiebs gegen ihre Schwester gekonnt)

„Tote sind tot.“(Comanchen-Todd stellt klar)

„Eure erste Pflicht gilt euch selbst, vorausgesetzt, dass ihr leben wollt.“(Comanchen-Todd startet eine Umfrage)

„Wer als Krieger sein Leben den Seinen opfert, stirbt nicht umsonst.“(Comanchen-Todd gibt ein altes Comanchen-Sprichwort zum Besten)

„Vielleicht würde es euch gut tun, auch ein bisschen wie die Indianer zu denken.“(Comanchen-Todd denkt für alle mit)

„Je früher man Mädchen und Ponys zähmt, desto besser. Später werden sie leicht wild.“(Comanchen-Todd spricht aus Erfahrung)

„Manchmal ist es ein Fehler, wenn man zu lange überlegt.“(Comanchen-Todd hat einen großen Erfahrungsschatz)

„Wir haben nur sechs Patronen und dieser Idiot verschwendet drei für eine Schlange, die er mit einem Stock erschlagen könnte.“(Comanchen-Todd kann leider nur nicht all seine Erfahrung in der Kürze der Zeit zureichend weitergeben)

★★★★

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Durch die Nutzung der Kommentarfunktion erklärst du dich mit der Speicherung und Verarbeitung deiner Daten gemäß meiner Datenschutzerklärung einverstanden.