Buon Funerale Amigos!… Paga Sartana
★★★ ++
- Jahr: 1970
- Regie: Giuliano Carnimeo
- Darsteller: Gianni Garko, António Vilar, George Wang, Daniela Giordano, Luis Induni, Ivano Staccioli, Helga Liné, Franco Pesce, Franco Ressel, Federico Boido…
Story
Nachdem der alte Joe Benson (Attilio Dottesio) auf seinem scheinbar wertlosen Fleckchen Erde erschossen wird, interessieren sich plötzlich eine Menge Leute für das Minengrundstück. Unter anderen sind dies der Bankier Hoverman (im Original Ronald Hoffman (António Vilar)), der chinesische Spielhöllenbesitzer Lee Tse Tung (George Wang) und „Goldsucher“ Sartana (Gianni Garko). Letzterer arbeitet dabei mit Bensons Nichte Jasmine (im Original Abigail (Daniela Giordano)) zusammen und ist den anderen immer mindestens eine Nasenlänge voraus. Daher weiß er auch als einziger, dass das besagte Stückchen Land tatsächlich wertlos ist, managt es aber trotzdem, dass Jasmine dieses, nachdem er Hoverman und alle anderen Widersacher aus dem Weg geräumt hat, für 100.000 Dollar an Tse Tung verkauft. Dafür beansprucht er allerdings auch 80 Prozent der auf diese Weise ergaunerten Summe für sich.
Worte zum Film
cooler Titelheld, gute Darsteller, sehr gute Musik und eine sehr lustige, deutsche Synchronisation; maximal durchschnittliches Drehbuch und Regie mit Ausreißern nach unten; Brandt reißt es raus; die Reihe hat Besseres zu bieten
Bewertung
Zum Film:
„Eine Wirtschaft ist das wieder – man schämt sich ja vor den Pferden!“ –
Wow, „Buon Funerale Amigos!… Paga Sartana“ war für mich die größte Überraschung seit Monaten! Leider im (eher) negativen Sinne. Selten bis nie habe ich mit meiner Vorabeinschätzung, zusammengebaut aus dem bisschen, an das ich mich aus Jugendtagen noch zu erinnern meinte, und dem Wissen um meine heutige, wesentlich kritischere Rezeption, so sehr daneben gelegen. In der Regel weiß ich nach dieser, was mich zu erwarten hat. Und auch bei „Sartana – Noch warm und schon Sand drauf“ war ich mir ziemlich sicher, dass ich diesen heutzutage wohl nicht mehr mit bombastischen fünf Sternen bewerten würde (ja, ich hab den als adoleszenter Kerl geliebt!). Trotzdem ist Sartana Sartana (und damit schlicht mein Lieblings-Italoheld), Gianni Garko Gianni Garko (und damit schlicht der beste Darsteller für diese grandiose Rolle) und Giuliano Carnimeo Giuliano Carnimeo (und damit schlicht einer der wenigen Italowestern-Regisseure, die mehr als einen Sieben-Punkte-Film in ihrer Vita zu stehen haben), sodass ich mir – im Zusammenspiel mit der großartigen Rainer-Brandt-Synchro, an die ich mich noch erinnerte, – sicher war, dass es für drei Sterne und ebensoviele Plus weiterhin locker reichen sollte – und ehrlich gesagt ging ich sogar ein wenig davon aus, dass das vielleicht nicht das Ende der Fahnenstange sein müsste. Aber denkste, Puppe! Carnimeos dritter Beitrag zur „Sartana“-Reihe ist zwar Gott sei Dank wesentlich verbraucherfreundlicher als sein zweiter („C’è Sartana… Vendi La Pistola E Comprati La Bara“), am Ende aber leider doch „nur“ ein Dreisterner mit zwei Plus und dem ganz eindeutigen Blick nach unten.
Und ja, natürlich will ich (vor allem auch mir selbst) an dieser Stelle nochmal klarmachen, dass das – und gerade im Italo-Bereich – kein schlechtes Ergebnis ist, aber… Nach diesen Vorschusslorbeeren kommt es einem schon so vor. Zumal es ja auch so viele andere positive Stimmen zu diesem Werk gibt. Keine Ahnung, was die da teilweise für einen Streifen gesehen haben. Vielleicht hatten die auch nicht dieses, an heutigen Standards gemessen ziemlich schlechte Bild der X-Rated-Scheibe vor Augen, das es einem schon recht schwer macht, sich auf den Film selbst zu konzentrieren, aber daran kann’s ja nicht liegen.
Möglicherweise liegt es ja mit daran, dass mir der Italo-Einheitsbrei auf die Dauer generell ein wenig über ist. Denn diesbezüglich dürften sich die Fans, denke ich, ziemlich einig sein: Carnimeo war in der Regel ein solider bis guter Handwerker, ein Innovator war er nie. Und so ist auch der dieses Mal von Giovanni Simonelli und Roberto Gianviti (zwei weiteren Vielschreibern ohne nennenswerte Ausreißer) geschriebene „Buon Funerale Amigos!… Paga Sartana“ maximal ein Paradebeispiel für einen innerhalb der Subgenrekonventionen erstellten Vertreter gehobener Güteklasse. Minimal – und das ist meine Meinung – ist er damit wenigstens noch eine der besseren Schema-F-Pferdeopern aus italienischen Landen.
Das Schema, nach dem „Sartana – Noch warm und schon Sand drauf“ funktioniert, ist dabei selbst innerhalb der Reihe bereits ein alter Hut. Gianfranco Parolini hatte es einst für seinen Erstling „Se Incontri Sartana Prega Per La Tua Morte“ „erfunden“ und Tito Carpi hatte es für Carnimeo beim „Vorgänger“ „Django und Sabata – Wie blutige Geier“ gerade erst aufgewärmt. Also zieht Gianni Garkos Titelheld auch in diesem Abenteuer auf der Suche nach Reichtum durch ein kleines Städtchen irgendwo im Nirgendwo und spielt die Kontrahenten (in diesem Fall um ein Stück Land) im Jeder-gegen-jeden-Modus gegeneinander aus. Zugegebenermaßen hätte daraus auch ein sehr ordentlicher Beitrag erwachsen können, wie Parolini ein Jahr zuvor gerade erst bewiesen hatte, als er besagtes Schema in seinem überragenden „Ehi Amico… C’è Sabata, Hai Chiuso!“ wieder aufgriff und dort zur Perfektion führte, aber dafür hätte es dann schon ein paar sehr ordentlicher Ideen bedurft.
Simonelli und Gianviti aber haben nicht viel mehr zu bieten als Tito Carpi im Streifen zuvor. Ein selten dämlicher Versuch, Sartana mit rollenden Baumstämmen zu erschlagen (!) hier (von Carnimeo leider zusätzlich ganz schwach umgesetzt), vier buchstäblich aus dem Nichts gezauberte Revolverhelden-Brüder eines zu Beginn aus dem Weg geräumten Ganoven dort. Hauptsache Garkos Colt glüht und die 90 Minuten werden irgendwie voll. Zwischendurch hat man bei der Feuerwerksnummer gar das Gefühl, die beiden könnten sogar bei „Sabata“ abgekupfert haben, aber das ist selbstverständlich reine Spekulation und kann bei den damaligen Produktionsumständen auch kompletter Zufall sein. Dankbar darf man jedenfalls dafür sein, dass die Autoren ihre Titelfigur hier nach „Sono Sartana, Il Vostro Becchino“ zum zweiten Mal ganz kurz ermitteln lassen. Die Krimi-Komponente war ja einer der Gründe dafür, dass das zweite Abenteuer des Mannes mit dem schwarzen Cape so positiv ausgefallen ist. Zwar ist man sich am Ende sicher, dass alles nur Show war, aber sie haben diesen Punkt zumindest nicht gleich wieder völlig verworfen. Mehr darf von einem italienischen Genrefilm dieser Tage auch einfach nicht erwartet werden. Zugutehalten muss man den beiden außerdem, dass ihre Version der Story wesentlich einfacher und – glaubt es oder glaubt es nicht – tatsächlich von Anfang bis Ende zu durchsteigen ist. Das erlaubt einen Zugang zu der, hust, Geschichte, den weder Parolinis Erstling noch Carnimeos Vorgänger bieten konnten und der durchaus dazu geeignet ist, einen bei der Stange zu halten.
Denn Giuliano Carnimeos Regie ist, allen Lobeshymnen im Netz zum Trotz, hier keinesfalls überragend und noch nicht mal sonderlich einfallsreich, sondern höchstens ordentlich mit kleineren Ausreißern nach unten zu nennen. Seine Atmosphäre überzeugt so gar nicht, was vor allem an der mal wieder wahllosen Zusammenstellung der hinlänglich bekannten Drehorte liegt (ein wenig aber auch hier der schlechten DVD-Qualität geschuldet sein mag) und seine Action-Szenen gab’s alle schon mal besser von ihm. Nein, nein, seine Inszenierung ist ebenso durchschnittlich wie sein gesamtes Werk und daher kaum geeignet, hier in Ekstase auszubrechen. Selbiges gilt für die Leistung von Kameramann Stelvio Massi.
Zu solchen Glücksgefühlen gibt einzig Bruno Nicolai Anlass, der „Buon Funerale Amigos!… Paga Sartana“ mit einem exzellenten, treibenden Score ausgestattet hat, der definitiv zu einem bessere Vertreter gehört hätte. Sogar ein träumerisches, eigentlich überflüssiges Thema für die schöne Nichte des Verstorbenen hat er übrig. Hut ab; mal wieder!
Darüber hinaus sind es aus der Crew einzig die Darsteller, die ihre Sache wirklich hervorragend erledigen. Gianni Garko überzeugt trotz wesentlich mehr Haaren im Gesicht, die ihn deutlich älter aussehen lassen, auf ganzer Linie und schien spätestens hiermit seinen Stil gefunden zu haben. Und in António Vilar hat er endlich wieder einen würdigen Gegenspieler gefunden. Sicherlich ist der kein Vergleich mit William Berger aus dem ersten Teil, aber schön schmierig und boshaft; ich mag das. George Wang hingegen kann einfach nicht aus seiner Haut; ein bisschen Overacting gehört bei ihm einfach dazu. Dafür ist der Supporting Cast mit Namen wie Franco Ressel, Ivano Staccioli, Helga Liné, Luis Induni, Federico Boido und erneut Franco Pesce aber sehr namhaft besetzt und gegen deren Leistungen ist nichts zu sagen (erwartet kein Feuerwerk, aber im Italowestern keinen Abfall zu haben, ist doch manchmal schon mehr, als man sich wünschen kann). Obendrein wurde mit Daniela Giordano auch noch eine recht hübsche Jasmine Benson verpflichtet. Ich fühlte mich diesbezüglich also sehr gut bedient.
Und dennoch: Auch wenn einzelne Parts zwischendurch das Interesse immer wieder aufrechterhalten können, für zwei Plus hätte es bei dieser lediglich aufgewärmten, recht ideenlosen und zudem nur durchschnittlich inszenierten Suppe wohl nicht gereicht. Daher kann ich mal wieder all diejenigen nicht verstehen, die unsere deutsche Synchronisation in Grund und Boden reden (wenngleich es in diesem Fall – logischerweise möchte ich sagen – auch genug Fans derselben gibt, das sei dazugesagt). Denn das, was Synchron-Papst Rainer Brandt auch hier mal wieder abfährt, ist nicht nur unerhört lustig, sondern dieses Mal auch einfach verdammt passend. Denn auch wenn Garkos Sartana im Original vielleicht nicht mit einer derart kessen Lippe unterwegs ist, kann man ihn sich ob seiner Rollenanlage doch genau so vorstellen. Mit Sprüchen à la „Wer bläst hier wem einen?“ oder dem eingangs erwähnten Zitat. Den selten blöden, deutschen Titel dürft ihr gerne verdammen, aber wie kann man über solch herrliche Mundart im Zusammenhang mit diesem augenzwinkernden Antihelden nicht lachen? Ich für meinen Teil wurde von selbiger köstlich unterhalten und muss der deutschen Fassung daher eindeutig noch ein Plus mehr spendieren.
Das war’s dann aber auch schon; mehr hat „Sartana – Noch warm und schon Sand drauf“ dann wirklich nicht zu bieten. Gute Schauspieler, einen überragenden Nicolai-Score und eine ebensolche Rainer-Brandt-Synchronisation. Dies alles verpackt in einer zwar recht ordentlich aufbereiteten, aber schon zigmal gesehenen Geschichte und unter der Anleitung eines an guten Tagen wesentlich fähigeren Regisseurs macht unterm Strich eine Kiste, die man – zumal als Italowestern- oder einfach nur Sartana-Fan – einmal gesehen haben muss – aber viel öfter müsste es dann auch nicht sein. Zu weiteren Ansichten lädt höchstens Brandts Kodderschnauze ein, deren flapsige Kommentare man bei einem Durchlauf ja gar nicht alle mitkriegen kann. Wie gesagt, an und für sich kein schlechtes Ergebnis, aber weit entfernt von dem, was ich noch im Kopf hatte und was ich euch somit zu Unrecht im „Sartana – Bete um deinen Tod“-Review versprochen hatte. Sodass ich jetzt sehr gespannt bin, was das nun für den Reihenabschluss „Una Nuvola Di Polvere… Un Grido Di Morte… Arriva Sartana“ bedeuten mag…
Zur DVD:
Tja, damals, als sie 2004 erschien, war die „Italo Western Collection“ von X-Rated (seinerzeit ganz optimistisch mit „#1“ betitelt) ein Renner und Must Have. Und das Ding sieht ja auch weiterhin ganz schick aus. Im Regal als auch von der Aufmachung her. Für X-Verhältnisse richtig edel. Aber die Qualität zumindest dieser Scheibe (die anderen habe ich noch nicht wieder getestet) ist wie oben schon mal erwähnt ziemlich schlecht. Da ist so wenig am Bild gemacht worden, dass euer Fernseher auch heutzutage nur ein ganz kleines Viereck anzeigt, sollte er oder der Player nicht von selbst hochskalieren… Damals war man damit ziemlich zufrieden… Der Ton ist an einigen Stellen ebenfalls nicht annehmbar und das Bonusmaterial fällt mit lediglich einem deutschen Trailer (der zudem so aussieht, als hätte X-Rated ihn selbst zusammengeschustert) und dem deutschen Kinoanfang auch recht mager aus. Ach so, natürlich gibt es da ja auch noch das Booklet… Würde ich mir heute nie wieder holen. Wird Zeit, dass den auch hierzulande mal einer auf BD veröffentlicht.
Zitat
[als eine Handvoll Killer gerade den alten Benson umgelegt hat und ihren Sieg feiern möchte, platzt Sartana dazwischen] „Hast du nicht das Gefühl, dass du hier n bisschen störst?“ – „Dein Pech, Kumpel, wir blasen dir das Licht aus!“ – „Wer bläst hier wem einen?“(Sartana legt wert auf die korrekte Darstellung der Fakten)
„Suchen Sie auch Gold?“ – „Ja, nur mit dem Unterschied, dass ich es in den Taschen der anderen suche.“(Sartana verrät leichtsinnig seine Fundstellen)
„Wer Sand kauft, wird Glasmauern darauf errichten. So sagt es wenigstens der weise Konfuzius.“ – „Na vielleicht war er weise, aber der Immobilienmarkt war ihm sicher nicht so geläufig.“(Sartana schätzt die Sachlage gleich richtig ein)
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