Sartana kommt

Una Nuvola Di Polvere... Un Grido Di Morte... Arriva Sartana

★★★ ++

  • Jahr: 1970
  • Regie: Giuliano Carnimeo
  • Darsteller: Gianni Garko, Piero Lulli, Massimo Serato, José Jaspe, Nieves Navarro, Renato Baldini, Frank Braña, Bruno Corazzari, Franco Pesce...

Story

Die Fakten: Sartana (Gianni Garko) weiß, dass der Spieler Johnson sich mit Manassas Joe, der 20 Millionen gefälschte Dollar besitzt, und einem Unterhändler des mexikanischen Generals Monk (José Jaspe), der diese gerne für 500.000 Dollar in Gold kaufen möchte, getroffen hat und dass nach diesem Treffen alle drei Leute tot aufgefunden wurden sowie beide Geldbeträge verschwunden sind.

Die Story: Er macht sich also auf die Socken, um die Kohlen zu finden und verbündet sich erst mit dem Spieler Grand Fool (im Original Grand Full (Piero Lulli)), der Johnsons Partner war. Dieser wird aber bald zu seinem Gegenspieler, ebenso wie Johnsons Geliebte Belle (Nieves Navarro), Joes Bruder, Sheriff Manassas Jim (Massimo Serato), Einauge Sam Puttnam (Frank Braña), ein Fremder, der sich auch als Puttnam ausgibt (Bruno Corazzari), General Monk und Saloonbesitzer Nobody (Renato Baldini). Er verbündet sich mal mit diesem und mal mit jenem und spielt sie am Ende doch alle gegeneinander aus (den echten Puttnam ausgenommen, der ein Regierungsbeamter ist, nach seiner Enttarnung jedoch ganz schnell ermordet wird). Sein einziger wirklicher Partner ist der alte Plom Plom (im Original Plon Plon (Franco Pesce)), der aber bald erschossen wird und ihm den Roboter Alfie überlässt. Und mit diesem sowie mit Verstand, einer Portion Glück und Kanonenfutter in der Orgel gewinnt Sartana die Schlacht schlussendlich wieder für sich und ist um eine halbe Million reicher, denn das Falschgeld ist zwischendurch in Rauch aufgegangen.

Worte zum Film

fast durch die Bank gute Schauspieler, gute Regie; nette Story, nette Gags und Gadgets, aber mehr auch nicht; Kriminal-Western im Italogewand; Musik leider nicht erwähnenswert

Bewertung

Zum Film:

Und da haben wir ihn endlich: den berühmten „Una Nuvola Di Polvere… Un Grido Di Morte… Arriva Sartana“. Der letzte Beitrag zur „Sartana“-Reihe gilt unter Fans für gewöhnlich als deren bestes Stück und generell als Ausnahme-Italowestern. Auch ich empfand dies früher so, aber das hat sich mittlerweile leicht gewandelt. Heute gefällt mir „Sono Sartana, Il Vostro Becchino“ tatsächlich ein klein wenig besser. Aber das darf ja auch ruhig so sein. Viel interessanter ist die Tatsache, dass es für „Sartana kommt“ um gleich drei (!) Bewertungsstufen nach unten ging. Damit hatte ich nicht gerechnet. Aber so ist es und das ist auch nicht schlimm, denn er ist trotzdem ein guter Film. Ich mag ihn weiterhin, aber er ist keine ganz runde Sache. Das habe ich, wenn ich nach all den Jahren ehrlich zu mir selbst bin, damals auch schon so gesehen, aber damals wollte ich ihn unbedingt so gut finden. Damals war ich, wenn es um Filmbewertungen ging, nämlich noch nicht immer ehrlich zu mir selbst. Gerade im Italo-Bereich habe ich die Streifen dann gerne mal ein wenig zu hoch eingestuft – weil „alle anderen“ es auch so gesehen haben. Heute kann ich mir den Luxus erlauben, auf mich selbst zu hören. Und ich finde: Giuliano Carnimeo ist mit seinem sechsten Genrevertreter erneut ein routiniertes Wildwest-Abenteuer gelungen – nicht mehr und nicht weniger.

Positiv hervorzuheben ist natürlich die Geschichte, die Eduardo Manzanos, Tito Carpi und Ernesto Gastaldi, alle drei ebenfalls Genreveteranen, sich da ausgedacht und zu (Drehbuch-)Papier gebracht haben. War es im Vorgänger „Buon Funerale Amigos!… Paga Sartana“ erfreulicherweise bereits in Ansätzen zu einer Rückkehr des „ermittelnden“ Sartana, den wir spätestens seit „Töten war sein täglich Brot“ kennen und lieben gelernt haben, gekommen, haben die drei Jungs sich hier endlich wieder einen richtigen Kriminal-Western ausgedacht. Zwar weiß jeder von euch, wie viel Kriminal-Fall in einen italienischen Vertreter passt, aber dieses bisschen wird hier eben auch komplett untergebracht. Tatsächlich muss Sartana sich seine Version der verwirrenden Geschichte um 20 Millionen (!) Dollar Falschgeld sowie eine halbe Million in Gold aus mehreren Einzelerzählungen aus verschiedenen Blickwinkeln zusammenbasteln und kommt der Lösung so Stück für Stück näher. Carnimeo visualisiert dies, indem er in diesen Momenten auf Rückblenden setzt, die im Detail dann stets ein wenig anders aussehen. Ein bewährtes, spannendes Mittel. Dass dieses Prinzip nicht bis zum Ende durchgezogen werden kann und so im zweiten Teil wieder eher die Schießereien dominieren, dürfte klar sein, aber das macht schon Spaß. Schade nur, dass zumindest mir das Ganze insgesamt leider wieder eine Spur zu umständlich oder zu verschachtelt, wenn wir’s positiv ausdrücken wollen, aufgebaut ist. Ich brauchte mal wieder zwei Anläufe, um alles zu begreifen. Beim ersten Mal bin ich auf dem Friedhof gedanklich ausgestiegen… Da sich das ja fast wie ein roter Faden durch die Reihe zieht (schließlich hatten wenigstens Parolinis Erstling „Se Incontri Sartana Prega Per La Tua Morte“ sowie Carnimeos zweiter „C’è Sartana… Vendi La Pistola E Comprati La Bara“ ebenfalls dieses Problem), wäre es natürlich schön gewesen, wenn man nun gerade beim Abschluss mal ein wenig nachvollziehbarer zu Werke gegangen wäre, aber man darf eben nicht zu viel verlangen. Dafür überraschen Manzanos, Carpi und Gastaldi uns hier mit einem Sartana, der zur Abwechslung dann doch nicht alles weiß. (Spoiler) Hat man sonst das Gefühl, der trickreiche Protagonist könnte sich einen Großteil seiner Show auch einfach sparen, weil er die Antworten auf die Fragen, die er stellt, längst kennt, scheint er seine Gegner hier doch tatsächlich zu brauchen, um zum Versteck des Falschgelds etwa überhaupt erst zu gelangen. Na und dass er die Goldmünzen ohne Grand Fools verräterisches Kopfzucken niemals gefunden hätte, gibt er ja freiheraus zu. Damit wird Garkos Figur ja fast schon geerdet, was mir persönlich sehr gut gefällt. Nichts ist doch langweiliger als nur zum Selbstzweck durchgeführte Taschenspielertricksereien. (Spoilerende)

A pro pos Überraschung: Ein Großteil des sagenhaften Rufs von „Una Nuvola Di Polvere… Un Grido Di Morte… Arriva Sartana“ begründet sich ja auf den zahlreichen, raffinierten Tricks, Gadgets und Gimmicks des Antihelden hier. Dafür waren gerade Carpi und Gastaldi ja schließlich auch bekannt. Und es stimmt ja auch, (Spoiler) Pusteröhrchen im Schuhabsatz, Alfie, Wasserdampf im Badehaus, Alfie, die Orgel, nochmal Alfie… Da fällt einem in der Rückschau schon viel Spektakuläres ein. Das macht also schon Spaß, allerdings muss man deswegen jetzt nicht so tun, als würde das einen ganzen Film tragen. Die ganze Exposition um die Befreiung von Grand Fool aus diesem mexikanischen Gefangenenlager gibt mir sowieso nichts, die Badehaus-Keilerei ist Italo-Standard und die Orgel ist nichts anderes als die Bleispritze in Djangos Sarg – und dazu selbstredend so was von haarsträubend unrealistisch, dass das Ganze schon ein wenig lächerlich aussieht. In diese Kerbe schlägt logischerweise auch Alfie, von dem man daher halten darf, was man will. Ich fand den jedenfalls nie sonderlich cool (wollte es damals nur eben tun). (Spoilerende) Von daher nett und flott gemacht, aber eben auch nicht mehr.

Und das ist im Prinzip auf den Punkt gebracht auch schon das generelle Problem von „Sartana kommt“. Gerade Giuliano Carnimeo steigert sich gegenüber den zwei Vorgängern nochmal deutlich und macht es hier somit wirklich gut (wenngleich ich mit der seltsamen Atmosphäre, die er kreiert, nie ganz klarkommen werde (vor allem der Beginn stört dabei und müsste einfach weg)), aber vom Rest der Crew braucht man jetzt keine Höhenflüge zu erwarten. Das liest sich alles gut, bleibt aber austauschbar. Das gilt z. B. für Kameramann Julio Ortas und leider auch für Bruno Nicolai. Hatte er zuvor noch den wohl eingängigsten und besten Soundtrack der Reihe geschrieben, bleiben seine Melodien hier ein Schatten ihrer selbst und wirken ziemlich lustlos aufgewärmt. Erst beim zweiten Durchlauf fielen mir diese überhaupt weiter auf…

Dafür ist aber wenigstens auf die Darsteller in den meisten Fällen Verlass. Gianni Garko etwa spielt seinen überlegen-eingebildeten Schießkünstler weiterhin mit dem nötigen Charisma sowie der nötigen Coolness. Schade nur, dass er im Deutschen dieses Mal von Arnold Marquis synchronisiert wurde. Klar, Marquis war der Größte, aber zu Garko passt er, selbst bei dessen hier nochmals vergrößerter Rotzbremse, nicht… Michael Chevalier zu Piero Lulli im Übrigen aber auch nicht. Bei dem ist es ansonsten noch schade, dass er hier nur eine so kleine Rolle abbekommen hat, aber dafür spult er dann auch nur seinen Standard-Ganoven runter. Wesentlich einprägsamer sind da schon wieder Massimo Serato, Frank Braña und vor allem Renato Baldini. Letzterer, an dem Carnimeo ja offensichtlich einen Narren gefressen hatte, hat hier seinen wohl besten Auftritt für den Regisseur und hängt sich mit seiner verrückten Perücke auf dem Kopf in seine vertrottelte Rolle so richtig rein. Die Krönung auf allem ist allerdings sein filmisches Ableben hier; ein absoluter Knaller! So was sollte es in diesem Genre viel öfter geben. Spaß machen ebenso Bruno Corazzari, Sal Borgese oder auch Franco Pesce. Nieves Navarro sieht erstens mal wieder ziemlich seltsam aus hierin und hat darüber hinaus zweitens kaum eine Möglichkeit, sich auszuzeichnen. Der einzige, der wirklich (und zwar extrem) abfällt, ist der hoffnungslos overactende José Jaspe, der einem mit seinem Eiertanz nur auf die Nerven geht. Ansonsten ist, wie ihr seht, schauspielerisch mal wieder alles im Lot.

Und auch generell kann man „Una Nuvola Di Polvere… Un Grido Di Morte… Arriva Sartana“ so beschreiben: alles im Lot. Carnimeo sticht – seine Atmosphäre hin oder her – heraus, der Rest der Crew fällt dafür leicht ab, Garko und Baldini sind großartig, Lulli dafür nur mittelprächtig und Jaspe ganz weit unten, die Story ist endlich wieder ein „großer“ Kriminalfall, muss sich aber den bleihaltigen Gesetzmäßigkeiten ihres Subgenres beugen und wird dementsprechend limitiert skizziert. Ein sehr vernünftiger Italowestern also, ich sagte es eingangs schon, bei dem das Pendel für mich aber nicht in die eine oder andere Richtung ausschlägt. Es bleibt im Lot. Kann man gucken, sollte man sogar gucken, muss man aber nicht lieben. Am Ende steht und fällt die gesamte Rezeption wohl mal wieder mit den ganzen Spielereien des Protagonisten. Und mal ganz davon abgesehen, dass diese in diesem Fall mittlerweile so berühmt sind, dass man sie höchstwahrscheinlich bereits vor Filmgenuss irgendwo gespoilert bekommen hat (bei mir war’s damals jedenfalls so), reichen diese für mich nicht aus, um aus einem netten Werk ein richtig gutes zu machen. Oder sollte ich sagen nicht mehr? Bei wem diese Gleichung anders ausfällt, der darf durchaus auch mehr erwarten als diese ansonsten eindeutig sehr ordentlichen drei Sterne und zwei Plus.

Übrigens: Für die, die es interessiert, sei noch angefügt: Ja, ich finde es auch traurig, dass ich die Streifen mit der von mir so sehr geschätzten Figur des Sartana mittlerweile nur noch als gehobenen Durchschnitt ansehe, aber es nützt ja nichts. Wie gesagt, nur wenn man ehrlich zu sich selbst ist, weiß man nächstes Mal auch, was einen erwartet und ist nicht etwa wieder so enttäuscht wie ich das letzte Mal nach „Sartana – Noch warm und schon Sand drauf“. Und das ist eben der Lauf der Dinge. Diese Filme hatten ihre Zeit bei mir, jetzt sind es eher andere. Carnimeos und Garkos Vermächtnis hingegen bleibt bestehen…

Zur DVD:

Ich hab damals leider bloß noch die Simple-Movie-Ausgabe ohne die Bonus-DVD abgekriegt, aber die ist ansonsten ja vollkommen identisch mit der X-Rated-Scheibe. Scheint wohl wieder so’n Ableger-Label zu sein. Aber den Kauf hab ich nicht bereut. Ein super Bild, fand ich damals und fragte mich, warum X das nicht immer so hinkriegt. Hab mir das Ding, bevor meine BD dann endlich geliefert wurde, nochmal komplett angeguckt; das reicht heute natürlich nicht mehr aus. Der Ton ist ebenfalls nicht so super, denn einige Satzteile werden mal eben so verschluckt, aber ich mach’ mir ja nicht so viel aus Ton. Die Extras gehen in Ordnung, auch wenn man das „Sartanas beste Sprüche“-Feature lieber auf die „Noch warm und schon Sand drauf“-Scheibe gepackt hätte. Bei einer Brandt-Sychro macht das doch viel mehr Sinn. Hier ist es größtenteils austauschbar. Ansonsten gibt’s hier noch den Trailer zu eben jener DVD, den Trailer zu diesem Film und eine Bildergalerie.

Zur BD:

Die BD von Colosseo Film ist, wie schon ihre Veröffentlichung zu „Sartana – Bete um deinen Tod“, absolut auf der Höhe der Zeit. Ein überragendes Bild, ein sauberer Ton; so macht das Schauen nochmal so viel Spaß! Und was die für das Geld an Extras mit raufpacken, ist sowieso sagenhaft. Gut, natürlich ist es mal wieder „nur“ das „Mondo Garko“-Feature der damaligen „Django Italo-Western Box“ (s. daher meine Ausführungen dazu in den DVD-Notizen zu „10.000 blutige Dollar“ sowie „Django der Bastard“), das sie bereits auf besagter „Se Incontri Sartana Prega Per La Tua Morte“-Scheibe wiederverwendet hatten, aber vielleicht hat ja jemand eben diese nicht erworben und ebenso die Koch-Box nicht, dann freut sich derjenige doch darüber. Und alle anderen können ja ebenso wie ich gleich zum spannenderen Teil übergehen. Denn tatsächlich hat man doch noch ein eigenes und, wenn ich es richtig sehe, extra für diesen Silberling produziertes Featurette mit raufgepackt: „Die Söhne des Leone“. Giuliano Carnimeo und Ernesto Gastaldi erzählen uns hier in etwas mehr als 17 Minuten weitere interessante Anekdoten rund um „Sartana kommt“ und das Italokino dieser Zeit. Zusätzlich sind noch der Trailer, eine Bildergalerie und ein Booklet enthalten. Das Upgrade auf BD lohnt sich in diesem Fall also sehr, wie ich finde.

Zitat

[Sartana liefert ein paar tote Sheriffs ab] „Wo hast ’n die gefunden?“ – „In Sandy Creek.“ – „Waren sie tot?“ – „Nein, als ich sie traf, waren sie noch ziemlich lebendig.“(Sartana herrlich zweideutig)

„Was man nicht im Kopf hat, hat man im Stiefel.“(Sartana ist kein Fußballer, sondern bedient seinen James-Bond-Stiefelabsatz)

„Ich denke, es ist besser zu stinken als jung zu sterben.“(Sartana ist Pragmatiker)

„Mit einem Colt gegen Sartana antreten bedeutet sein Grab schon vor der Geburt zu schaufeln.“(Manassas Jim glaubt ans Großvater-Paradoxon)

„Versprechen, die man einer Frau wie dir gibt, gelten nur, solange das Bett warm ist.“(Monk schläft auch gerne mal bei offenem Fenster)

★★★ ++

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