Winnetou – 1. Teil
★★★★★
- Jahr: 1963
- Regie: Harald Reinl
- Darsteller: Pierre Brice, Lex Barker, Mario Adorf, Ralf Wolter, Marie Versini, Milivoje Popovic-Mavid, Walter Barnes, Chris Howland…
Story
Der fiese Bandenchef Frederick Santer (Mario Adorf) überredet den Eisenbahner Bancroft (Branko Spoljar) die Strecke des „Feuerrosses“, die eigentlich nicht durch das Gebiet der Apachen führen soll, ein wenig zu begradigen und sich den Geldüberschuss für die eingesparten Produktionsmittel in die eigene Tasche zu stecken. Das geht so lange gut, bis die „Great Western“ einen Ingenieur (Lex Barker) schickt, um die Sache wieder in Ordnung zu bringen. Dieser verdient sich schnell den Kriegsnamen Old Shatterhand, kann allerdings nicht verhindern, dass Santer Klekih-petra (Hrvoje Svob), den weißen Lehrer der Apachen, erschießt und diese daraufhin das Kriegsbeil ausgraben. Bei einem Angriff auf die Eisenbahner schlagen die Indianer zwar Santer in die Flucht, nehmen aber Old Shatterhand und seine Gefährten gefangen. Diese bekommen allerdings in Person der Schmetterhand die Gelegenheit, um ihr Leben zu kämpfen. Im Zweikampf mit dem Häuptling Intschu-tschuna (Milivoje Popovic-Mavid) kann er sich durchsetzen und so sein Leben und das seiner Freunde retten. Er schafft es sogar, dem skeptischen Häuptlingssohn Winnetou (Pierre Brice) zu beweisen, dass er ihm einmal das Leben gerettet hat. Daraufhin begehen die beiden feierlich die Blutsbrüderschaft – der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.
Weil Winnetous Schwester Nscho-tschi (Marie Versini), in die Shatterhand sich verliebt, auf eine Schule gehen soll, muss Gold aus den Bergen geholt werden. Hinter diesem war aber auch die ganze Zeit Santer her, der nun mit seinen Mannen wieder auftaucht. Sein Versuch, das Gold zu stehlen, kann zwar abgewehrt und der Ganove in den Tod gestürzt werden, aber es sterben dabei auch Intschu-tschuna und Nscho-tschi. Jetzt sind Winnetou und Shatterhand ganz allein und reiten von nun an zusammen.
Worte zum Film
noch bessere Darsteller vor immer noch genauso herrlicher Kulisse, eine weiterhin sichere Regie und ein ebenso meisterhafter Score, dazu ein sehr durchdachtes Script; der Karl-May-Western, der sich am meisten an seine Buch-Vorlage hält, wird durch abgestellte Kinderkrankheiten zum bisher besten Film der Reihe
Bewertung
Zum Film:
Ach, „Winnetou I“ ist manchmal so ein kleines Problemkind von mir. Er ist oft der Film der Reihe, bei dem es mich am meisten Überwindung kostet, ihn zu gucken (wenn es das bei den Winnetou-Abenteuern überhaupt gibt) und den ich eher als Letzten denn als Ersten in meinen Player schmeiße. Warum das so ist? Nun ja, weil die späteren Blutsbrüder hier eben noch keine solchen, sondern Feinde sind. Weil sie sich erst zusammenraufen müssen. Und weil so was natürlich dauert. Wo andere Streifen der Serie sofort loslegen und in die Vollen gehen können, „muss“ man hier jedes Mal diesen Reifeprozess „über sich ergehen lassen“ und das ist weder schlecht geschrieben, noch umgesetzt, es ist sogar unglaublich stark, aber es wirkt halt nie wieder so wie beim ersten Mal. Danach gehören die beiden dann einfach zusammen und man überlegt es sich eben manchmal zweimal, ob man diesen ersten Teil vorweg jetzt wirklich nochmal braucht oder ob man diesen nach dem „Schatz im Silbersee“ nicht einfach überspringt. Das ist bei mir tatsächlich kein Problem, dass die „Winnetou“-Serie exklusiv hat, sondern es geht mir generell mit vielen ersten Teilen einer Reihe so, dass ich diese aufgrund der Umstände, die sich dort erst noch finden müssen, in den Nachfolgern aber bereits gegeben sind, nicht ganz so gerne gucke wie die weiteren Teile (daher ist ja auch oft die erste Folge einer TV-Serie nicht deren beste). Da vergeht so viel Zeit bei der Ordnung der Verhältnisse, die die weiteren Vertreter schon für ihre Hauptstory nutzen können… Oder eben auf dieses Beispiel übertragen ist es einfach wesentlich angenehmer zu schauen, wenn sich die beiden Protagonisten vertragen und Seite an Seite und nicht gegeneinander kämpfen. Und ich denke doch, dass ich mit dieser Ansicht nicht ganz alleine dastehe. Egal, ob dem nun so ist oder nicht, muss ich mich dann aber doch jedes Mal nach dem Genuss von „Winnteou – 1. Teil“ wieder wundern, wo diese eigentlich herrührt. Schließlich hat diese wie oben bereits angedeutet überhaupt nichts mit der eigentlichen Qualität dieses Werkes zu tun, denn die ist insgesamt gesehen tatsächlich sogar noch höher als die des Vorgängers „Der Schatz im Silbersee“.
Das liegt unter anderem sicherlich auch daran, dass dieser hier dadurch, dass er zwar storytechnisch eigentlich der Erstzuverfilmende gewesen wäre, tatsächlich ja aber erst an Nummer Zwei kam, die ganzen, im vorherigen Review angesprochenen Kinderkrankheiten des „Schatzes“ nicht zu wiederholen brauchte und sie sich damit nicht noch zusätzlich zur ohnehin wie gesagt für den einen oder anderen umständlichen Plot-Exposition der Feinde, die zu Freunden werden, aufladen musste. Und das steht ihm durchaus gut zu Gesicht. Hier sieht nun niemand mehr aus, als käme er gerade vom Baseball-Spiel und spannt nun auch lange nicht mehr jeder Colt von alleine. Vielleicht war ja auch genau das Wendlandts Intention. Erst einen Film aus der Mitte sozusagen zu zeigen, in dem die beiden bereits Blutsbrüder waren, um zu gucken, wie es läuft und das Ergebnis nicht durch irgendwelche „schwierigen Story-Inhalte“ zu verfälschen und dann erst den ersten Teil der Trilogie zu bringen, bei dessen Produktion man auf die Erfahrungen des ersten Drehs zurückgreifen konnte, sodass man zusätzlich zum „schwierigen Inhalt“ wenigstens nicht noch weitere Baustellen auftun musste. Falls dem tatsächlich so gewesen sein sollte, würde das erneut seine Cleverness als Produzent unterstreichen. Vielleicht war aber auch einfach nur alles eher Zufall in der Auswahl – dann aber ein verdammt glücklicher für das damalige und heutige Publikum.
Denn hier hat man auch drehbuchtechnisch Verbesserungen gegenüber dem „Schatz im Silbersee“ vorgenommen. Nehmen wir als Beispiel mal den Off-Kommentar zu Beginn. Auch wenn der beim letzten Mal noch etwas sperrig wirkte und suggerieren wollte, dass der „Schatz“ der Film wäre, auf den man schon seit Jahren gewartet hätte (was zumindest bei mir heute nur daher cool kommt, weil ich es seit frühester Kindheit nicht anders gewohnt bin), hat man ihn hier beibehalten, aber inhaltlich etwas angepasst und schon funktioniert es. Schon verbreitet er vom Start weg die richtige Stimmung und führt er den Nugget-tsil ein, ohne dass man dafür im späteren Verlauf noch großartig Erklärungen benötigten würde. So wird’s gemacht.
Aber vor allem darüber hinaus hat Harald G. Petersson hier ein Script abgeliefert, das sowohl inhaltlich als auch als Grundlage für einen actionbetonten Regisseur wie Harald Reinl keine Wünsche offen ließ. Nie wieder, meine ich mich zu erinnern, war er so dicht an der Romanvorlage wie hier (der man ja aber auch generell die höchste filmische Umsetzbarkeit von allen Karl-May-Erzählungen nachsagt). Und dabei legt er vom Start weg los wie die Feuerwehr. (Spoiler) Nach Santers zugegebenermaßen recht überflüssiger Einführungsszene, auf die danach auch überhaupt kein Bezug mehr genommen wird (war wohl nur dazu da, um seine Goldgier darzustellen und ihn ein paar Büffel abschießen zu lassen (dabei: aus welchem Film oder welcher Dokumentation hat man denn die Büffelbilder eigentlich geklaut?; irgendwie meine ich, mal was gesehen zu haben, was mich daran erinnerte, aber ich weiß nicht mehr, welcher Streifen das war)), geht’s mit dem Überfall der Kiowa auf den Planwagentreck gleich mit dem ersten Highlight los. Da hat man sich wirklich nicht lumpen lassen, das sieht klasse aus! Gerade auch die Totale der gesamten Szenerie. Und fortan jagt ein Höhepunkt den anderen. Da darf sich Old Shatterhand noch schnell seinen Spitznamen verdienen, bevor dann sofort Klekih-petra erschossen und das Kriegsbeil der Apachen ausgegraben wird. Daraufhin darf Shatterhand noch kurz seinen späteren Blutsbruder befreien und dann überfallen und belagern die Eisenbahnarbeiter mit mal schon die von den Banditen besetzte Stadt Roswell! Letzteres eine Sache, die sehr an einen Arbeiteraufstand erinnert und als solcher wohl nur in einem europäischen Western stattfinden konnte. Hat man daher so noch nie gesehen und ist daher jedes Mal aufs Neue wieder so eindrucksvoll. Na und wenn die alte Schmetterhand dann die Lokomotive in den Saloon rasen lässt, Petersson den Banditen aber mit dem gerade gegrabenen Tunnel doch eine Möglichkeit zur Flucht bietet (schließlich braucht er sie im weiteren Verlauf noch), dann schlägt mein Fan-Herz doppelt so schnell. Auch für diese Szenen wüsste ich jetzt auf Schlag kein amerikanisches Pendant, so was haben damals nur wir gemacht. Und wenn man dann meint, das wäre es jetzt erstmal gewesen, greifen auch noch die Apachen an und nehmen Shatterhand und Co. gefangen. Dabei greifen sowohl die Banditen als auch die Indianer hart durch und es sterben mit Walter Barnes Bill Jones und Dunja Rajters Belle nach Klekih-petra erneut zwei Figuren, die man gerade erst liebgewonnen hatte – und diese Male gibt es dafür kein Äquivalent aus dem Buch (meine ich). Dass man sich jetzt auch so was getraut hat und nicht nur den Schönwetter-Western-Stil des Vorgängers weitergefahren ist, bei dem man in einem sehr ähnlichen Moment zu einem Deus ex Machina griff, anstatt etwa eine Marianne Hoppe auf Butlers Farm sterben zu lassen, zeugt von einem schnell vollzogenen Reifeprozess innerhalb der Produktion und gefällt mir außerordentlich gut. Erst dann wird es etwas ruhiger in „Winnetou I“, der bis dahin ein ausgezeichneter Action-Western ist.
Aber genau das ist dann eben auch die Qualität dieses Herrn Petersson gewesen. Natürlich war ihm bewusst, dass er dieses Tempo nicht bis zum Ende durchziehen konnte und so wählte er mit der Verletzung und anschließenden Genesung Old Shatterhands einen günstigen Zeitpunkt, um die Erzählgeschwindigkeit etwas zu drosseln und überreizte die Action bis dahin nicht. Genau so muss man es machen. Dann erzählt er uns den wohl bekanntesten Teil der Geschichte von Winnetous und Old Shatterhands Blutsbrüderschaft und lässt Letzteren, nachdem der ein wenig Zeit hatte, sich in Nscho-tschi zu verlieben (das geht natürlich tatsächlich etwas fix und auch die Reaktion der Häuptlingstochter, die sich in einer Szene beinahe umbringt, nachdem sie ihren Vater nicht von seiner Überzeugung, den Deutschen sterben zu lassen, abbringen konnte, ist etwas übertrieben, aber sonst hätte der Erzählfluss hier ja auch eine völlige Unterbrechung erfahren), gegen Häuptling Intschu-tschuna antreten. Hierbei huldigt er Karl May ausreichend, indem er Shatterhand tatsächlich so siegessicher darstellt, wie der Schöpfer es stets in seinen Büchern getan. Das stößt mir ehrlich gesagt mittlerweile immer sauer auf, weil es einfach völlig unrealistisch ist, wie überlebensgroß May seine Helden (und damit in den meisten Fällen ja auch sich selber) gezeichnet hat, aber es gehört nun mal mit dazu und dominiert die Filme ja nun auch überhaupt nicht, wie ich finde. So kommt es hier einmal zur Sprache, wenn Shatterhand auch so aufgrund seiner unmenschlichen Kraft längst den Pfahl erreicht hätte, auch ohne mit dem Häuptling zu kämpfen, zum Beweis seiner Stärke und seines guten Willens aber noch auf selbigen wartet, um ihn mit einem Faustschlag einzuschläfern und dann auch noch fix den Pfeilen der Verfolger zu entkommen und den Pfahl so dennoch unversehrt zu erreichen, wenn wir so wollen und damit hat sich’s. Damit kann ich gut leben.
Tja und der Rest ist deutsche Kinogeschichte. Ich hab bei der stark bebilderten Blutsbrüder-Szene immer noch die Worte meines Vaters im Ohr, der uns damals beim ersten Anschauen sagte „Das ist natürlich völliger Quatsch! Davon kann man sterben; das macht ihr nicht nach!“ und ich danke ihm für die Warnung. Trotzdem sieht’s geil aus und auch wenn man den weiteren Werdegang mit Nscho-tschis plötzlicher Lust auf weiße Bildung mindestens ebenso seltsam finden kann, so muss man Petersson jedoch attestieren, dass er genau damit genau rechtzeitig wieder zur eigentlichen Story zurückfindet und Santer, der sich bis dahin hübsch im Hintergrund gehalten hatte, wieder mit einbindet. Das folgende Finale ist dann auch um einiges effektvoller und spannender als das des Vorgängers (auch wenn der Hauptbösewicht hier wieder nicht von Winnetou oder Shatterhand erledigt wird), womit Petersson auch die letzte Scharte seines vorherigen Scripts auswetzt. Dass bei Santers Überfall dann sowohl Intschu-tschuna als auch Nscho-tschi sterben müssen, obwohl Shatterhand mit dem Rest der Krieger gar nicht weit weg zu sein scheint, mutet dann immer etwas übertrieben an, aber so will es die Buchvorlage ja schließlich, nicht? Am Ende sind die Leichen dann auch etwas fix zusammengeräumt, Shatterhands Liebesgeständnis wirkt ein wenig wie „Wollten wir nicht, aber musste ja sein.“ und die beiden reiten ohne weitere Erklärungen in den Sonnenuntergang, aber gerade dieses letzte Bild sieht so geil aus und hallt so lange nach – so muss das! (Spoilerende) Sodass man zusammenfassend auch nur sagen kann, dass man die Geschichte des ersten Bandes der „Winnetou“-Trilogie wohl nicht besser für die Leinwand hätte adaptieren können.
Der, dem die geschilderte, actionbetonte Umsetzung am meisten zupasskommt, ist natürlich Regisseur Harald Reinl. Er liefert hier eine wirklich beeindruckende Arbeit ab. Seine Action-Szenen sind hervorragend choreografiert und inszeniert, zusammen mit Ernst W. Kalinke hat er es erneut meisterhaft verstanden, die herrliche Kulisse des damaligen Jugoslawiens als weiteren Hauptdarsteller in die Szenerie mit einzubinden (und wie schon erwähnt, dürfen es dieses Mal auch ein paar mehr Totalen sein) und die ganze Produktion wirkt wie aus einem Guss. Natürlich schlägt sich auch das gestiegene Budget wieder. Vladimir Tadej, der hier mit seiner Crew erstmals eine ganze Stadt und ein Indianerdorf (das zwar überhaupt nicht in das Bild der ansonsten eher nach Prärie-Indianer aussehenden Szenerie (genau dahin gehören nämlich auch die Kiowa) passen will, dafür einem echten Apachen-Pueblo aber erstaunlich ähnlich sieht) aus dem Boden stampfen durfte, hat wirklich ganze Arbeit geleistet. Das sieht alles so geil aus. Auch die Planwagen und das Eisenbahnercamp (und die Eisenbahn erst). Herrlich! Und nicht ohne Erwähnung soll auch wieder Martin Böttcher bleiben, der sein Hauptthema beibehält (und damit natürlich gut fährt; so macht man das innerhalb einer Reihe) und drumherum ein paar weitere, gute, passende Melodien parat hat.
Und so ist das einzige Manko, das ich hieran finden kann, Chris Howlands unfassbar nervtötender Auftritt als „Lord Tuff-Tuff“. Der hier ständig mit einer Fotokamera bewaffnete Blödelbarde und seine Szenen werden von mal zu mal bescheuerter (und gipfeln schließlich in der grausamen Hustender-Büffel-Exklusiv-Foto-Geschichte) und stören den Filmgenuss mit seinem ständigen „Oxford Times“-Gesabbel dann teilweise doch extrem. Das ist wirklich überhaupt nicht komisch und einfach nur nervig. Howland selbst kann man dabei gar nicht mal den größten Vorwurf machen, denn es war einfach seine typische Art zu spielen (auch wenn mir diese grundsätzlich nicht so gefällt wie die der anderen Spaßmacher der Reihe), aber diesen Minuspunkt muss ich Petersson aufschreiben. Da lobe ich mir doch den guten alten Sam Hawkens. Der ist hier ebenso wie sein Darsteller Ralf Wolter bestens aufgelegt und hat wirklich lustige Sprüche auf Lager (ok, die Mausi-Mausi-Schwänzchen-Episode hätte man auch bei ihm streichen können, aber immer noch hundert Mal besser als Howlands Auftritte).
Womit wir noch kurz ein Wort über die Schauspieler verlieren sollten. Unsere beiden Haupthelden liefern hier eindeutig eine ihrer besten Vorstellungen ab, gerade weil sie hier vor der Aufgabe standen, sich auch mal als Feinde zu betrachten. Lex Barker trifft den naiven Ton, mit dem Old Shatterhand die Sache angeht, richtig gut, aber was Pierre Brice hier abliefert, ist Weltklasse! Der ist so verbittert und unaufgeschlossen zu Beginn, wandelt sich dann innerhalb weniger Szenen zu dem Mann, den wir kennen und lieben und bleibt dabei glaubhaft. Hut ab! Falls es die im Review zum „Schatz im Silbersee“ vermutete anfängliche Skepsis ob ihrer Rolle gegeben haben sollte, so ist diese hiermit auf jeden Fall Geschichte gewesen. Ihnen zur Seite steht mit Mario Adorf ein fast noch böserer Banditenboss als es Herbert Lom im „Schatz im Silbersee“ war. Und dadurch, dass er sich nicht selbst synchronisiert, sondern Rainer Brandt das für ihn übernommen hat, kommt er gleich noch mal so gut zur Geltung. Seine eigene, tiefe, gemütliche Stimme hätte dazu sicherlich nicht so gut gepasst. So aber macht er einem richtig Angst und ist so unfassbar cool, wenn er Bancroft abschießt. Herrlich! Marie Versini als Nscho-tschi und Milivoje Popovic-Mavid als Intschu-tschuna haben bei ihrer wenigen Screentime natürlich keine Chance, da mitzuhalten, machen ihre Sache aber glaubwürdig und gut. Und außerordentlich nett in Erinnerung, weil quasi mit dem Gemütlichkeitsfaktor versehen, bleibt mir immer Walter Barnes Auftritt als Gutmensch Bill Jones. Ich mag den Kerl einfach.
So bleibt abschließend zu sagen, dass „Winnetou I“ einfach noch mal ein ganzes Stück professioneller aussieht als sein Vorgänger. Das Drehbuch ist durchdachter, fesselnder, noch action-lastiger und merzt alte Schwächen aus, die Darsteller, insbesondere der Hauptfiguren, sind nochmal eine Ecke besser, die Produktion erstrahlt ob der Erhöhung des Budgets nochmal in einem weitaus besseren (weil teureren) Licht und mit Vladimir Tadej, Martin Böttcher und Co. haben sich diejenigen, die sich schon beim ersten Mal nichts hatten zuschulden kommen lassen, dafür gesorgt, dass auch dieses Mal die Rahmenbedingungen stimmen. Und so ist „Winnetou – 1. Teil“ der erste Film der Reihe, dem ich das Prädikat „sehr gut“ aufdrücken kann und möchte (über Howlands Blödeleien sehe ich in diesem Zusammenhang hinweg; das kostet keinen Stern). Besser hätte man diese „komplizierte“ Geschichte über das Zusammenraufen der beiden berühmten Romanfiguren nicht auf Celluloid bannen können. Und ganz ehrlich, nach diesem x-ten Mal Schauen weiß ich so langsam auch gar nicht mehr, warum ich nächstes Mal überhaupt noch mit dem Gedanken spielen sollte, diesen Beitrag auszulassen – so ungewohnt sich die Feindschaft der beiden späteren Blutsbrüder dann auch immer anfühlen sollte. Damit legt dieser zweite Teil der Reihe die Messlatte extrem hoch – was aber natürlich nicht heißt, dass diese Leistung nicht noch einmal zu toppen gewesen wäre.
Übrigens: Dass rote Krieger einfach so mirnichts dirnichts in einen Saloon spaziert kommen, ein paar Sprüche ablassen und dann fix wieder verschwinden, ohne dass es sonst irgendwelche Konsequenzen hätte, gibt’s auch nur im Teutonen-Western. ;)
Vergleich zum Buch:
Für den Vergleich dieses Films mit der Romanvorlage verweise ich auf meine Ausführungen im Review zu „Der Schatz im Silbersee“. Kurz gesagt: Es kann sich nur noch um Jahre handeln.
Zur DVD/BD:
Supergeile DVD-Collection, die die Universum Film seinerzeit mit genialem Bild und Ton rausgebracht hat („Winnetou I“ befindet sich in der „Karl May DVD Collection III“, zusammen mit „Winnetou II“ und „Winnetou III“); die musste ich mir damals sofort zulegen. Und hat auch richtig Asche gekostet. Nur, um heutzutage festzustellen, dass es die Dinger mittlerweile in natürlich noch wesentlich besserer HD-Qualität auf Blu-ray gibt. Na ja, bei diesen Filmen darf man nun wirklich nicht knauserig sein, die müssen in der wirklich besten Qualität vorliegen, sodass ich mir dann auch noch die „Karl May Klassikeredition“ der Universum auf BD zugelegt habe. Nett daran ist vor allem, dass man die ganzen verschiedenen Boxen (denn nach den „Karl May DVD Collections“ I-III (!) musste man sich seinerzeit ja auch noch die Shatterhand-, die Orient- und die Mexiko-Box extra zulegen) von damals nicht mehr braucht und alle 16 Karl-May-Verfilmungen der 60er Jahre (die „echten“ also, ohne diesen seltsamen „Das Vermächtnis des Inka“, von dem ich, bis ich’s für den „Schatz im Silbersee“ nachgelesen habe, noch nie etwas gehört hatte) in einem großen Schuber zusammen hat. Auch schön alle einzeln in nem Amaray und nicht auf ner Spindel oder so, wie sich das gehört. Als einzige Schwierigkeit erweist es sich dann den jeweiligen Film aus der Box rutschen zu lassen, ohne die 15 anderen ebenfalls sofort in Händen zu halten – gerade, wenn man einen Film aus der Mitte sehen will. Tja, man kann nicht alles haben.
Am Bild und Ton hat man hier jedenfalls noch mal mächtig geschraubt; das sieht einfach perfekt aus! Das hätte ich echt nicht gedacht. Von daher lohnt es sich allein schon deswegen, auf diese Box umzusteigen und das Bonusmaterial macht es einem da nur noch einfacher zuzugreifen:
- Interview-Dokumentation ohne Titel (eine Seltenheit heutzutage, selbst im Bonusmaterial (dass der Titel fehlt, meine ich)): Pierre Brice, Ralf Wolter, Marie Versini, Dunja Rajter und Everhard Dycke erzählen in fast zwölf Minuten ein paar klitzekleine Anekdoten zum Dreh von „Winnetou I“ bzw. der Reihe an sich. Echt, wirklich nur klitzeklein ist das, was man da erfährt und man denkt sich die ganze Zeit „Dafür können die doch nicht extra nach Kroatien gefahren sein, um die zwei Worten aus denen rauszukitzeln.“. Und sind sie natürlich auch nicht, man weiß ja um die anderen Dokumentationen der anderen Scheiben, aber das, was man hier zusammengetragen hat, ist doch echt kläglich. Dieses Aufgeteile auf mehrere kleine Klecker-Dokumentatiönchen nervt dann ehrlich gesagt (denn auf der „Winnetou III“-Scheibe waren es damals ja auch insgesamt 20 Minuten, so wie beim „Schatz im Silbersee“ auch), dann sollen se lieber eine große zusammenhängende Doku. machen, die auf eine Disc rauf, auf den Rest nur die Trailer und gut.
- Ausschnitt aus der Wochenschau „Dabei Film: Karl May-Renaissance“: Dreiminütiges Kürzel von damals zum Karl-May-Boom. Nettes Zeit-Dokument. Das ist wirklich klassisches Bonusmaterial. Gucke ich gerne.
- Filmfehler-Quiz: Hier hat man es draufgelassen. Nachdem man das Fehler-Quiz beim „Schatz im Silbersee“ runtergeschmissen hatte, hat man es hier draufgelassen, was ich sehr nett finde. Macht doch Spaß die Fehlerchen von damals nicht zu finden.
- Original-Kinotrailer und der Wiederaufführungstrailer
- Bildergalerie: Völlig überflüssiges, einminütiges, selbstablaufendes Ding, das einem alle fünf Sekunden gleich sechs neue Bilder aller „Winnetou“-Filme zeigt. Keine Ahnung, was das soll.
- „Deleted Scenes (Geyer-Archiv)“: Was das hierdrauf soll? Keine Ahnung. 7,5 Minuten lang dürfen wir jemandem dabei zusehen, wie er alte Stücke Filmrolle daraufhin begutachtet, ob es sich vielleicht um Szenen aus Karl-May-Filmen handelt, die noch keiner kennt. Dabei sagt der Typ kein Wort, man begreift überhaupt nicht, worum es geht, der Kameramann versucht ständig einzufangen, was er da hat, die beiden werden sich aber nicht einig und am Ende stellt sich raus, dass es sich wohl um Szenen aus „Unter Geiern“ handelt. Na dann soll man das Ding doch auch da mit raufpacken…
- Das Booklet der Edition von damals zum Lesen auf dem Bildschirm: Da da ganz nette Sachen drinstanden damals, macht das schon Sinn, das getan zu haben und sich das nochmal durchzulesen.
Hier hat man es also ganz nach dem Motto gemacht „Alles, was es zu „Winnetou I“ seinerzeit an Bonusmaterial auf der „Winnetou III“-Disc gab, das packen wir hier mit rauf.“. Ist, wenn es um Wochenschau-Geschichten etc. geht, ganz nett, aber dokumentationstechnisch sehe ich dann für die anderen Filme, die wesentlich weniger Platz in den Dokus hatten, schwarz. Warten wir es ab.
Unabhängig davon gibt’s auf jeden Fall die dickste Kaufempfehlung im ganzen Lexikon hierfür. Allein schon wegen des Upscales. Das sieht so geil aus. Muss man haben! :)
Zitate
„Mehr als das Recht bedeutet der Friede.“(Klekih-petra spricht den Filmen aus der Seele)
„Männer sollen sitzen, wenn sie reden.“(Sam Hawkens kümmert sich um die Gemütlichkeit beim Verhandeln)
„Wer ein Unrecht nicht verhindert, der ist genauso schuldig, wie der Mann, der es begeht.“(Nscho-tschi klärt Old Shatterhand über unterlassene Hilfeleistung auf)
„Am Tage deines Todes siehst du mich wieder.“(Winnetou macht Old Shatterhand Mut)
„Das Schlimmste ist: Mich juckt der Skalp und ich kann mich nicht kratzen.“(Sam Hawkens hat am Marterpfahle hängend den Blick für das Wesentliche nicht verloren)
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