Old Surehand – 1. Teil
★★★★★
- Jahr: 1965
- Regie: Alfred Vohrer
- Darsteller: Stewart Granger, Pierre Brice, Larry Pennell, Milan Srdoc, Letícia Román, Terence Hill, Dusan Antonijevic, Erik Schumann…
Story
Johnny Garden alias Old Surehand (Stewart Granger) ist auf der Suche nach dem Mörder seines Bruders. Aus diesem Grund sucht er seinen alten Freund Jeremy Sanders alias Old Wabble (Milan Srdoc) auf, der ihm auch tatsächlich sagen kann, dass der Gesuchte von allen nur „Der General“ (Larry Pennell) genannt wird. Bei weiteren Nachforschungen finden die beiden mit der Hilfe von Winnetou (Pierre Brice), dem jungen Richtersgehilfen Toby (Terence Hill) und dessen Freundin Judith (Letícia Román) heraus, dass dieser auch für den Tod des Comanche-Häuptlingssohns Tou-Wan (Sime Jagarinac) verantwortlich ist und die Indianer gerade schon wieder gelinkt hat, indem er ihnen schlechte Gewehre und Platzpatronen verkauft hat (und zwar für ein Stück Land, auf dem die Goldmine des Onkels von dem Toby seine Freundin liegt, nich wahr?). Da diese aber gerade auf dem Kriegspfad sind, um Häuptling Maki-motehs (Dusan Antonijevic) Sohn zu rächen, würde das bei einer Schlacht mit den anrückenden Soldaten natürlich ein Blutbad bedeuten. Old Surehand und Winnetou wissen durch geschickte Überzeugungstaktiken allerdings einen Kampf zu verhindern. Am Ende wird die Banditenbande von den Soldaten und Indianern klar gemacht, Surehand bekommt seine Rache, Toby seine Judith und Wabble fast in den Himmel.
Worte zum Film
erneut großartige Darsteller vor herrlichen Kulissen, tolle Ausstattung, klasse Regie und ein super Score; sehr lässige, an den US-Western angelehnte Produktion mit einem hervorragenden Drehbuch, die leider völlig unterbewertet ist
Bewertung
Zum Film:
So, jetzt kommen wir mal zu meinen Lastern. Ich persönlich empfand nämlich als Kind immer „Old Surehand“ und dessen Nachfolger „Winnetou und das Halbblut Apanatschi“ als die schönsten „Winnetou“-Filme der gesamten Reihe. Freilich ohne etwas von der Entstehungsreihenfolge der Streifen zu ahnen oder mich überhaupt in irgendeiner Art und Weise dafür zu interessieren, was andere davon halten könnten (ich mein, welche anderen auch, schließlich hat das in meiner Generation leider lange nicht mehr jeder von seinen Eltern vorgesetzt bekommen oder wenn, die Geschichten auch nur ansatzweise so genossen wie ich und mein Bruder). Heute nun aber weiß ich natürlich um die allgemeine Rezeption der Serie und ihrer Einzelteile sowie um deren Entstehung. Und dass „Old Surehand – 1. Teil“, wie man ihn ja damals noch recht euphorisch taufte, nach Winnetous Tod in „Winnetou III“ einen unfassbar schlechten Stand haben musste, ist ja nur allzu logisch. Schließlich war das Publikum noch ein wenig sauer, dass seine Bitten, den Apachenhäuptling am Leben zu lassen, überhört wurden und sagte sich sicherlich auch aus Trotz „Wenn er jetzt schon tot ist, dann soll er auch tot bleiben.“. Tja und dann kommt Wendlandt auch noch im selben Jahr zu Weihnachten mit einem neuen Teil daher (schließlich, so sagte er sich, hatte Karl May nach Winnetous Ableben ja auch noch genug Geschichten verfasst, die zeitlich davor spielen) und fährt in jenem dann auch noch ausgerechnet Stewart Granger wieder auf, nachdem man Lex Barker als Fan nun gerade erst „zurückgewonnen“ hatte. Jenen Hate-him-or-love-him-Charakter, der gerade auch durch die Art der völligen Andersinterpretation seiner May-Figur bei einigen Die-Hard-Enthusiasten anecken musste. Von daher kann ich schon verstehen, dass das damals mit der Goldenen Leinwand zum ersten Mal nicht geklappt hat. Ich kann allerdings nicht verstehen, warum das heutzutage für jemanden, der seinerzeit nicht mit dabei war (wie eben mich), noch in irgendeiner Art und Weise ein Kriterium sein sollte, diesen Film anders zu bewerten als etwa „Unter Geiern“, der vor Winnetous Filmtod entstand. Und genau aus diesem Grunde tue ich das auch nicht, sondern habe mich damals von meinen kindlich-naiven Gefühlen leiten lassen und lasse mich auch heute noch von meinem Vernunft- und Wohlfühl-Gefühl leiten. Und dieses sagt mir: Ich kann auch heute noch kaum etwas Schlechtes an Vohrers zweiter Karl-May-Pferdeoper finden und muss daher hier mal ein wenig versuchen, diese in Schutz zu nehmen.
Zugegeben, der Start ist etwas holprig. Zwar sieht der Zugüberfall zu Beginn gleich wunderbar aus, aber warum die Banditen die Insassen des Transportmittels nach dessen Plünderung auch noch in die Luft jagen wollen, erschließt sich beim besten Willen nicht. Postraub war damals kein Kavaliersdelikt und wenn man sich dann noch einen Mord auflud, konnte man sich der Verfolgung durch Pinkertons Detektei fast schon sicher sein. Aber ok, jetzt wollen wir mal wieder zurückrudern, schließlich zeichnet für das Drehbuch hierzu erneut Fred Denger verantwortlich. Fred Denger? Ja, genau jener Fred Denger, der auch schon mit Regisseur Harald Philipp zusammen das Script zum Vorvorgänger „Der Ölprinz“ aus demselben Jahr ziemlich versaubeutelt hatte. Da wollen wir also mal nicht allzu viel erwarten – unabhängig davon, ob ihm Eberhard Keindorff, wie in der imdb aufgeführt, unkreditiert dabei noch geholfen haben sollte. Und außerdem gibt diese Ausgangsposition gepaart mit der Tatsache, dass der Oberbösewicht Wert auf eine auch ja ausreichend lange Lunte legt, damit das Ganovenvolk sich noch schnell verkrümeln kann, bevor’s knallt, unserem Titelheld sogleich die Gelegenheit sich nachhallend einzuführen – indem er aus unfassbarer Entfernung die dann schon gar nicht mehr so kurze Lunte abschießt und die Waggoninsassen somit rettet. Old Surehand eben, irgendwo muss der Name ja herkommen. Und auch wenn diese völlig überhöhte, fast schon comicartige Inthronisation des Titelgebers natürlich fast schon einen Tick zu kitschig ist und es mich somit nicht wundern würde, wenn sie zu den Szenen gehören würde, die der gute, alte Stewart Granger sich selbst umgeschrieben haben soll, so ist sie, wenn man das Gesamtwerk betrachtet, doch durchaus statthaft und erfüllt ihren Zweck. Denn es scheint so, als hätte es der Brite hier nun endgültig geschafft, die deutsche Crew von „seiner Vorstellung“ eines Western überzeugt zu haben.
Doch dazu gleich mehr, denn vorher versucht Denger noch fix, seine Ausgangsposition zu etablieren und die ist durchaus etwas verworren. (Spoiler) So kann es natürlich sein, dass auch Alfred Vohrer nun endlich mal geklaute Büffel-Abschuss-Szenen in seinen Film einbauen wollte, höchstwahrscheinlich aber fiel seinem Drehbuchautoren einfach gerade nichts anderes ein, als im Rahmen des Karl-May-Kanons die Spitzbuben nach ihrem Überfall auch gleich noch fix ein paar Bisons abknallen zu lassen, um damit die Indianer auf den Plan zu rufen, damit denen dann von den Banditen sofort zu Beginn gleich wieder ein Mord untergeschoben werden kann. Das unter der Action-Regie von Vohrer geht selbst mir dann fast ein wenig zu schnell, sieht aber erstens toll aus und macht kurze Zeit später ehrlich gesagt auch einfach verdammt Sinn. Schließlich ist Dengers Grundkonzept eigentlich gar nicht so unkompliziert. Eine Banditenbande, die unter ihrem Anführer, dem „General“ in der Umgegend von Mason City jedes krumme Ding dreht, das ihr einfällt, will zusammengeführt werden mit dem eigentlich friedlich in Gegend lebenden Indianerstamm der Comanche sowie dem sich auf der Suche nach dem Mörder seines Bruders befindenden Old Surehand sowie dem zurückgezogen hausenden Old Wabble sowie einem Goldgräber, der endlich eine ergiebige Mine gefunden hat und damit nicht nur sich, sondern auch seine Nichte Judith und deren Freund Toby beglücken will, sowie irgendwie dann ja wohl hoffentlich auch mit Winnetou. Klingt ganz schön kompliziert, oder? Wenn man dann aber bedenkt, wie Denger das Ganze zusammenwebt, klingt es ziemlich gut. Da rettet Surehand die Fast-Opfer des Zugüberfalls auf seinem Weg nach Mason City, wo er sich Informationen zum Mörder seines Bruders erhofft, von dem er leider nicht mal den Namen kennt, nimmt auf dem Weg in die Stadt den Goldgräber mit, den er zufällig unterwegs trifft, welcher ihm auch sofort Judith und Toby vorstellt, aber leider sein Maul nicht halten kann, weswegen der General, mit dem er zufällig Karten spielt, ihm von seinen Leuten flugs den Lageplan der Mine abnehmen und den Alten natürlich umbringen lässt, während er gleichzeitig den Comanche (die zwischenzeitlich den Tod des Häuptlingssohnes hinnehmen mussten, der zur Klärung des Zwischenfalls mit den Büffeljägern friedlich und ohne Waffen nach Mason City gekommen war, wo ihn der General wohlwissend abschoss, weswegen diese sich jetzt auf dem Kriegspfad befinden) das Stück Land mit der Mine im Tausch gegen ein paar nutzlose Gewehre und Platzpatronen andreht, woraufhin Old Surehand und die beiden Liebenden nach Aufsuchen Old Wabbles, der dem Meisterschützen nun endlich stecken kann, dass der General zufällig auch sein Gesuchter ist, und mit der Hilfe von Winnetou, der irgendwie auch gerade zufällig da ist, sich gemeinsam aufmachen, dem Schurken aus allen genannten Gründen das Handwerk zu legen, bevor die Indianer mit ihren Selbsttöter-Gewehren noch die Armee ärgern, die diese dann zu Kugel-Collagen verarbeiten würde. Klingt immer noch kompliziert? Na dann versucht das mal in nen 90-Minuten-Streifen zu packen! Denger hat’s geschafft (und nur so, wie er es aufgezogen hat, funktioniert das auch) und das sogar so gut, dass sich einem das Ganze während des Schauens alles logisch aufbaut und hinterher keine Fragen mehr offen bleiben. Zusätzlich braucht er hier keine wilden Floßfahrten, um auf die 90 Minuten Laufzeit zu kommen, sondern man darf ihm dankbar sein, dass er diese Fülle an Storywendungen überhaupt in so kurzer Zeit verpacken konnte, denn damit spielt er dem actionbetonten Vohrer natürlich superb in die Karten. So kann man hier einfach nicht Atem holen, jagt ein Höhepunkt den nächsten und habe ich mir in diesem Wissen bei diesem wiederholten Male Ansehen dann doch verwundert die Augen gerieben und mich gefragt, wie es sein kann, dass er den „Ölprinzen“ davor dann doch so vor den Baum gefahren hat.
Nun gut, ein paar Ungereimtheiten finden sich auch hier, das will ich nicht verschweigen. Neben dem etwas rumpelhaften Einstieg ist hier vor allem das Ende zu nennen, denn das darf getrost als Kuriosität innerhalb der Reihe bezeichnet werden. Interessant ist schon mal die Ausgangsposition der beiden sich gegenüberstehenden Parteien der Soldaten und der Indianer, die einen unten eingekesselt in der Schlucht, die anderen überlegen bedrohlich auf den Felsen ringsum stehend, bereit zum Angriff, aber noch zögernd. Wenn Surehand dann aufbricht, das Blutbad zu verhindern, dann ahnt man schon, dass jetzt gleich Geschichtsträchtiges passieren wird. Aber erstmal hält der Graue es für nötiger, Maki-mothes verräterischen Scout, der die Soldaten überhaupt erst in die brenzlige Lage gebracht hatte, vor den Augen dessen Häuptlings abzuknallen. Das vor dem Hintergrund der mayschen Gewaltlosigkeit und Übergerechtigkeit mutet schon seltsam an (zumal Surehand sich ein paar Szenen vorher diesbezüglich noch überaus prinzipientreu gezeigt hatte, als er es fast mit dem Leben bezahlt hätte, dass er auf Frauen generell nicht schießt (und ja, die Einstellung von ihm ist in dieser Situation schwach und unangebracht)), noch komischer wurde es für mich dann allerdings, als die sichere Hand wenig später, als er den General, den Mörder seines Bruders, endlich in den Fingern hat, diesen nicht auch einfach über den Haufen schießt, sondern vor ein ordentliches Gericht stellen will. Nun ja, immerhin könnte man sich die Szenerie damit schönreden, dass der Scout vor ein ordentliches Gericht ja nie hätte gestellt werden können. Egal, wenn man das und Maki-mothes ebenso seltsame, weil locker billigende Reaktion darauf dann erstmal mit einem Augenschlag weggewischt hat, kommt der eigentlich interessante Teil dieses Finales. Dann nämlich hat Winnetou seine einzig wirklich wichtige Szene hier und stellt sich den vielen Gewehren, die die Indianer gerade vom General erhalten haben. Sie sollen doch alle mal versuchen, ihn abzuschießen. Dass so ein Unterfangen in der Realität einem Selbstmord gleichkommen würde, ist natürlich klar, denn wer garantiert ihm denn, dass da nicht doch noch jemand von den Indianern, die ja auch vorher schon ein, zwei Gewehre hatten, noch brauchbare Munition dabei hat oder dass doch eine der Kugeln des Generals scharf ist und gerade jene trifft oder dass nicht jemand einfach aus Trotz zum gerade erbeuteten Gewehr Old Surehands greift oder mit den eben angesprochenen, bereits vorhandenen Gewehren schießt oder oder… Allerdings, bei all diesen Vorbehalten: Es sieht einfach nur geil aus, wie der Apachenhäuptling in dieser Szene als Quasi-Manitou seine filmische Unsterblichkeit zelebriert. Und es passt einfach zur augenzwinkernden, comichaften Attitüde dieser Verfilmung. Ebenso ist natürlich die folgende Annahme Surehands, dass die Banditen natürlich unbedingt wie die Geier über die toten Soldaten und Indianer herfallen würden, um diese zu plündern, ein Ausdruck der überheblichen Selbstverständlichkeit, mit der dieser agiert und dass diese es dann doch tatsächlich tun, erneut unrealistisch, aber allein die vorausgehenden, unvergesslichen Szenen der vereinten Indianer und Soldaten, die gemeinsam in die Luft ballern sowie die herrliche Aussage des Generals „Was war ich wieder gut!“ rechtfertigen das allemal. Kurz gesagt: Ich bin mir durchaus bewusst, dass es hier gerade gegen Ende ein paar Szenen gibt, die ich bei anderer Umsetzung durchaus kritischer gesehen hätte, aber Dengers herrlich kurzweiliges Script und dessen kongeniale Umsetzung durch Vohrer machen es einfach super schwer, sich dem Charme dieser Roman-Verfilmung zu entziehen. Szenen wie die, in der Judith und Toby plötzlich vor einer Horde heranstürmender Indianer fliehen müssen oder die in der alten Poststation, in der Surehand und Konsorten gemordet werden sollen und die ganz offensichtlich sogar einen Quentin Tarantino (der die Karl-May-Western ja offenkundig kennt) zu seiner Grundidee von „The Hateful Eight“ inspirierten, sind allererste Kajüte und machen unheimlich viel Spaß. (Spoilerende)
Allerdings habe ich hier wie gesagt das Gefühl, dass es nicht Vohrer allein war, der die Grundstimmung dieses Streifens festlegte. Ihm wird ja nachgesagt, dass er mit dem eigentümlichen wie -sinnigen Granger ganz gut konnte und hier scheint es so, als hätte man den Vorstellungen des hollywoodgeprägten Schauspielers mehr denn je entsprochen. So muss sich das Ganze, wie die Vorgänger auch schon, sowieso nicht hinter anderen internationalen Großproduktionen verstecken, aber weitaus mehr als in den vorhergehenden Teilen hat man hier des Öfteren das Gefühl, einem US-Western beizuwohnen. Die sonstige deutsche Eigenständigkeit geht hier teilweise ein wenig verloren. Zugunsten eines, wie oben bereits beschriebenen, augenzwinkernden Stils und einer eindeutig wesentlich mehr in Richtung Titelfigur (und nicht Winnetou) ausgelegten Ausrichtung. Die sehr charmante Saloonprügelei, die auch ein wenig comichaft daherkommt, kam mir z. B. so vor, als hätte es diese auch in „Land der 1000 Abenteuer“ geben können, den der Brite nur fünf Jahre zuvor erst mit dem Duke gedreht hatte. Dabei überschreitet man dann auch nie gewisse Grenzen. Frauen werden z. B. nicht nackt gezeigt und es wird auch nicht auf sie geschossen. Das kann mit Wendlandts Intention, der angeblich einen härteren Vertreter produzieren wollte, wie ihn die Kollegen aus Italien seit mehr als einem Jahr herstellten, eigentlich nicht übereingestimmt haben und wird diesem Film heutzutage daher ja auch manchmal zur Last gelegt, da er sich wie die Wayne-Pferdeopern dem Fortschritt so ein wenig verschließt. Aber ich, der ich ja ein Fan sowohl der klassischen Periode als auch der Italowestern bin, kann mit beiden Ausrichtungen gut leben und finde die flott-unschuldige Grundstimmung hier herrlich.
Viel eher will mir einleuchten, dass es den aufmerksamen Fan nerven muss, wenn sich Winnetou und Old Surehand genau an der Stelle treffen, wo sonst Winnetous Volk haust und auch sein Pueblo steht, in diesem Fall aber eben keine Indianer und auch keine Behausung mehr vorhanden ist. Wie gesagt, einleuchten, nachvollziehen können muss ich den großen Bohei, der darum gemacht wird, nicht. Das irritiert und das ist ein Logikfehler, den man durchaus hätte vermeiden können, aber gut, man kann den Kirchner auch mal im Dorf lassen. Viel schlimmer wiegt ja eigentlich die Tatsache, dass Winnetou, das eigentliche Zugpferd der Reihe, hier überhaupt keine Rolle mehr spielt. Klar, er ist dabei, aber an und für sich bräuchte es ihn weder für die Ingangsetzung des Plots noch für dessen Auflösung. Old Surehand würde es auch locker alleine richten (worauf Granger ja sicherlich auch Wert legte). Und so ist der Apache hier tatsächlich nicht mehr als ein Sidekick, so traurig das auch ist. Er sagt es zu seiner Einführung quasi selber: „Winnetou ist glücklich, wenn er seinem Bruder helfen kann.“ – und so viel Hilfe braucht der ja nicht. Der klug geschriebenen Story tut das allerdings keinen Abbruch und wenn man sich damit anfreunden kann, Winnetou einfach mal quasi modern als eine Ethnie mehr im Heldenverbund zu sehen (und mehr nicht), dann macht das Ganze hier trotzdem sehr viel Spaß.
Außerdem macht Brice das auch wieder hervorragend, finde ich. Er scheint über die zwei bereits gelaufenen Drehs mit dem schwierigen Granger, als man ihm seine Unlust darüber gerade im „Ölprinzen“ anzusehen meinte, gelassener geworden zu sein und hat, wie Vohrer und die gesamte Crew offensichtlich auch, einen Teil von dessen Lässigkeit übernommen. Er scheint hier zufrieden damit zu sein, gutes Geld für wenig Arbeit zu kassieren und stimmt daher in den augenzwinkernden Ton der Produktion mit ein. So trägt auch er seine Flinte in einer Szene locker im Arm spazieren oder winkt Mario Girotti lachend mit dem Zeigefinger, wie es dem stolzen Apachen eigentlich nicht geziemt, würde man denken. So aber trägt er aktiv dazu bei, dass man das hier alles nicht zu ernst nimmt und somit auch viel besser genießen kann (denn bei besagten Realitätsschnitzern in der Handlung gegen Ende müsste man einem Streifen, der es bierernst meinen würde, dann doch Punkte abziehen).
Sein Filmbruder Old Surehand alias Stewart Granger zeigt daneben, dass er, der er die Handlung dann ja quasi alleine tragen muss und will, dazu weiterhin mehr als in der Lage ist. Erneut ist es eine Wonne, ihn in diesem Karl-May-Zirkus spielen zu sehen und seine völlige „Fehlinterpretation“ seines Charakters ist einer der größten Glücksfälle für diese Serie. Sein Sparringspartner Old Wabble alias Paddy Fox (alias Milan Srdoc), der dankenswerterweise nicht halb so albern und unlustig ist wie noch im „Ölprinzen“, macht seine Sache auch wieder hervorragend und sorgt hier so tatsächlich für die nötigen Gags und Lacher. Ein immer noch junger Terence Hill alias Mario Girotti gefällt mir hier auch sehr gut als Richtersgehilfe mit dem kleinen Stock im Arsch und seine Filmpartnerin Letícia Román sprüht vor Spielwitz fast über. Sehr sympathisch und auch nett anzusehen. Und ein Extra-Lob haben an dieser Stelle auch Dusan Antonijevic als auch Vladimir Medar verdient (und für alle, die im jugoslawischen Schauspielorchester von damals nicht ganz so zu Hause sind: die beiden geben uns hier den Comanche-Häuptling Maki-moteh sowie Judiths Onkel Ben). Letzter spielt zwar stark an der Kante zum Overacting, aber mir gefällt das. Und Larry Pennell als General? Nun ja, da muss man natürlich zugeben, dass es da dann doch durchaus bessere Oberschurken gab in dieser Reihe (einen Vergleich mit seinem filmischen „Vorgänger“ Rik Battaglia z. B. lassen wir besser), aber er macht das immerhin ordentlich und zu ihm passt Rainer Brandt dann auch mal wieder, der ihm hier beste Unterstützung gibt.
Tja und so denke ich, kann man ein paar Fragwürdigkeitchen in der Story, vermehrt gegen Ende, hier vor allem aufgrund des augenzwinkernden Grundtons und natürlich des atemberaubenden Tempos durchaus locker vernachlässigen und würde diesen Film mit Sicherheit mehr feiern, wenn er ein Italowestern wäre. Dann würden ihn alle für seinen Einfallsreichtum und seine sehr gute Handwerklichkeit loben. Da er ja aber wie gesagt eher in die andere Richtung ausschlägt und einen eher an die großen US-Western klassischer Schule erinnert (die, in denen Granger eben noch mitwirkte), war er damals wohl nicht mehr hundertprozentig zeitgemäß. Dazu sein zeitpunkttechnisch ziemlich schwieriges Release-Datum so kurz nach „Winnetous Tod“ und fertig war der Sündenbock-Film, auf dem alle, denen die Karl-May-Welle sowieso schon viel zu lange andauerte, dann endlich rumhacken konnten. Meiner Meinung nach wird das dem Film absolut nicht gerecht, da er ein sehr gutes, kurzweiliges Script bietet, das von Vohrer mit großartigen Darstellern erneut hervorragend umgesetzt wurde. Sein zweiter „Winnetou“ braucht sich vor seinem ersten, „Unter Geiern“, in keinster Weise verstecken, sondern ist im Gegenteil sogar noch einen Hauch besser.
Übrigens: Ich fand ja schon immer die Verkleidung von Tou-Wan klasse, ne? Schade, dass der das nicht so lange tragen darf.
Vergleich zum Buch:
Für den Vergleich dieses Films mit der Romanvorlage verweise ich auf meine Ausführungen im Review zu „Der Schatz im Silbersee“. Kurz gesagt: Es kann sich nur noch um Jahre handeln.
Zur DVD/BD:
Supergeile DVD-Collection, die die Universum Film seinerzeit mit genialem Bild und Ton rausgebracht hat („Old Surehand“ befindet sich in der „Karl May DVD Collection II“, zusammen mit „Unter Geiern“ und „Der Ölprinz“); die musste ich mir damals sofort zulegen. Und hat auch richtig Asche gekostet. Nur, um heutzutage festzustellen, dass es die Dinger mittlerweile in natürlich noch wesentlich besserer HD-Qualität auf Blu-ray gibt. Na ja, bei diesen Filmen darf man nun wirklich nicht knauserig sein, die müssen in der wirklich besten Qualität vorliegen, sodass ich mir dann auch noch die „Karl May Klassikeredition“ der Universum auf BD zugelegt habe. Nett daran ist vor allem, dass man die ganzen verschiedenen Boxen (denn nach den „Karl May DVD Collections“ I-III (!) musste man sich seinerzeit ja auch noch die Shatterhand-, die Orient- und die Mexiko-Box extra zulegen) von damals nicht mehr braucht und alle 16 Karl-May-Verfilmungen der 60er Jahre (die „echten“ also, ohne diesen seltsamen „Das Vermächtnis des Inka“, von dem ich, bis ich’s für den „Schatz im Silbersee“ nachgelesen habe, noch nie etwas gehört hatte) in einem großen Schuber zusammen hat. Auch schön alle einzeln in nem Amaray und nicht auf ner Spindel oder so, wie sich das gehört. Als einzige Schwierigkeit erweist es sich dann den jeweiligen Film aus der Box rutschen zu lassen, ohne die 15 anderen ebenfalls sofort in Händen zu halten – gerade, wenn man einen Film aus der Mitte sehen will. Tja, man kann nicht alles haben.
Am Bild und Ton hat man hier jedenfalls noch mal mächtig geschraubt; das sieht einfach perfekt aus! Das hätte ich echt nicht gedacht. Von daher lohnt es sich allein schon deswegen, auf diese Box umzusteigen und das Bonusmaterial macht es einem da nur noch einfacher zuzugreifen:
- „Interview mit Horst Wendlandt und Volker Schlöndorff“: Und damit hat sich dann auch die Frage geklärt, was bei „Old Surehand“ dann noch an Bonusmaterial übrig geblieben sein soll, wo die damalige Dokumentation doch schon auf „Unter Geiern“ und „Der Ölprinz“ aufgeteilt war. Aber das hier ist ja fast noch besser. Ein sehr kurzweiliges Interview, das Volker Schlöndorff mit Horst Wendlandt führt. Sehr interessant, wenn sich zwei Fachleute austauschen. Zwar haben die beiden die Angewohnheit gerne gleichzeitig zu reden, aber das tut dem Spaß keinen Abbruch. Gerade, was Wendlandt zum TV-Film und dem dortigen Einsatz der Musik zu sagen hat, finde ich bemerkenswert. Toll und mit seinen 17 Minuten natürlich leider viel zu kurz, das Ding.
- Ausschnitt aus der Wochenschau „Old Surehand 1. Teil“: Nett und interessant wie immer, diese anderthalb Minuten.
- Fotogalerie: Diese bringt das fast schon unglaubliche Kunststück fertig, dass sie tatsächlich fast nur Bilder dieses Films beinhaltet. Fast…
- Kinotrailer in Deutsch und Englisch
- Filmfehler-Quiz: Nicht so nett und intuitiv gemacht wie beispielsweise bei „Winnetou I“ und es als einen Filmfehler zu bezeichnen, wenn die Label zur Wand zeigen, finde ich auch ziemlich albern, aber die Sache mit dem Gewehr fand ich lustig.
- Digitales Booklet der damaligen DVD-Box: Unterscheidet sich von dem auf der „Unter Geiern“- und der „Der Ölprinz“-Scheibe natürlich nicht. Sehr nett, vor allem die Anekdoten über Granger.
Dass man die Interview-Dokumentation der alten Box bereits auf die beiden anderen Filme verteilt hatte, macht also gar nichts; diesbezüglich bin ich sehr erleichtert, denn ich gucke das Bonusmaterial dieser Scheiben wirklich sehr gerne. Daher gibt’s hierfür auf jeden Fall auch die dickste Kaufempfehlung im ganzen Lexikon. Und wegen des Upscales. Das sieht so geil aus. Muss man haben! :)
Zitate
„Wenn ich eine Goldmine hätte, dann hätte ich bestimmt auch Augen dahinten.“(Old Surehand würde für den großen Reichtum offensichtlich auch optische Veränderungen an sich dulden)
„Seid ihr nun zufrieden? „Willkommen in Mason City!“ „Willkommen“ steht da. Der Sohn von Maki-moteh hat diese Worte geglaubt. Er kam friedlich hierher und wollte mit euch reden und ihr habt ihn ermordet! „Der 10. Jahrestag von Mason City“ – Den elften werdet ihr jetzt vielleicht nicht mehr erleben…“(Old Surehand macht seinem Ärger über die Ermordung Tou-Wans Luft und den Städtern für das kommende Jahr Mut)
„Schießen kann man ja lernen.“ – „Oh nein, so einfach ist das nicht. Man kann lernen Knöpfe anzunähen, man kann Jura studieren, aber Schießen, das ist ne Begabung.“(Judith gibt einen weiteren Einblick in die unergründliche Gedankenwelt des weiblichen Gehirns)
„Ich bin in Mason City, weil meine Firma die Absicht hat, hier Land zu kaufen.“ – „Womit handelt Eure Firma?“ – „Oh, mit Waffen und Maschinen.“ – „Sinnige Kombination, Mister. Vernichtung und Wiederaufbau…“(Old Surehand erklärt dem General nochmal dessen Geschäftsmodell)
„Noch einen Schritt und Ihr könnt zu Eurer eigenen Beerdigung gehen!“(Old Wabble hat seine eigene Art, alte Bekannte zu begrüßen)
[Toby und Judith haben einen indianischen Gefangenen gemacht] „Was machen wir jetzt mit ihm?“ – „Die Frage ist nicht richtig formuliert. Sie müsste lauten: Was machen die jetzt mit uns?“(Toby sagt es zu Judith und deutet dabei auf die heraneilenden Comanche)
[Wabble hat einen Streifschuss abbekommen, fällt daraufhin in Ohnmacht und Old Surehand richtet ihn wieder auf] „Bin ich im Himmel?“ – „Wieso, seh ich wie n Engel aus?“(Old Surehand hat gerade keinen Spiegel zur Hand)
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