Der Schatz im Silbersee
★★★★
- Jahr: 1962
- Regie: Harald Reinl
- Darsteller: Pierre Brice, Lex Barker, Herbert Lom, Götz George, Karin Dor, Ralf Wolter, Eddi Arent…
Story
Um an die Karte zu gelangen, die zum Schatz im Silbersee führt, bringt Banditenboss Colonel Brinkley (Herbert Lom) den braven Bürger Erik Engel um – unwissend, dass der bloß eine Hälfte des Plans besaß. Dessen Sohn Fred (Götz George) schwört Rache und macht sich auf die Suche nach dem Mörder. Unterstützung bekommt er dabei von dem Apachen-Häuptling Winnetou (Pierre Brice), dessen Blutsbruder Old Shatterhand (Lex Barker), dem alten Scout Sam Hawkens (Ralf Wolter), dessen Freund Gunstick Uncle (Mirko Boman), dem Schmetterlingssammler Lord Castlepool (Eddi Arent), dem Ingenieur Patterson und dessen Tochter Ellen (Karin Dor). Letztere ist seine große Liebe. Erst scheint alles zu gelingen und man kann dem Colonel seine Hälfte des Planes wieder abluchsen (die andere hatte Patterson), aber dann schafft es der Schurke doch mit Hilfe einer List, sich zum Silbersee führen zu lassen. Hier angekommen versinkt der Schatz aufgrund der Habgier des Colonels zusammen mit diesem im Moor, während dessen Leute einen aussichtslosen Kampf gegen Winnetou und Co. sowie einen befreundeten Ute-Stamm führen. Am Ende siegt das Gute über das Böse.
Worte zum Film
hervorragende Darsteller vor atemberaubender Kulisse, sichere Regie und ein meisterhafter Score; trotz einiger Kinderkrankheiten ein brillanter Auftakt, der mit der Buch-Vorlage allerdings wenig zu tun hat
Bewertung
Zum Film:
1962 war ein wichtiges Jahr in der deutschen Filmhistorie. Denn 1962 brachte Horst Wendlandt diesen Klassiker der deutschen Kinolandschaft in die Lichtspielhäuser. „Der Schatz im Silbersee“ stellt den Auftakt der Karl-May-Verfilmungen der 1960er Jahre dar und damit denjenigen der für mich schönsten Filmreihe aller Zeiten! Ja, geht mir weg mit den James-Bond-Filmen (unter deren meist albernen Nummernrevuen sich meiner Meinung nach gerade mal eine Handvoll vernünftiger Vertreter befindet und die ansonsten heillos überschätzt werden) oder was euch noch so einfällt (die „Edgar Wallace“-Reihe war gut, die „Winnetous“ sind aber noch viel besser gewesen); das hier ist das Größte (einzig und allein die „Olsenbande“ ist ebenbürtig, aber das ist auch wieder ein komplett anderes Genre)! Denn obwohl ich natürlich lange kein Kind der Sechziger Jahre mehr war, so bin ich doch mit diesen Filmen aufgewachsen. Daran hängen einige meiner schönsten Kindheitserinnerungen. Es waren meine ersten richtigen Erfahrungen mit dem Film allgemein, insbesondere aber natürlich auch mit dem Genre des Western – von dem ich damals noch gar nicht wusste, dass es das überhaupt gab (s. auch den Eintrag zu „Winnetou und Shatterhand im Tal der Toten“). Wer weiß, wie mein Leben verlaufen wäre, wenn ich damals mit sechs oder sieben Lenzen nicht dem Apachenhäuptling und seinem Blutsbruder hätte zusehen dürfen… Na ja, das will ich ehrlich gesagt lieber gar nicht wissen. Jedenfalls will ich die Bedeutung dieser Streifen für mich lieber mal gleich am Anfang klar herausstellen (ich weiß zwar, dass ich nicht alleine damit bin, aber ich denke, wir werden durch Zeitablauf immer weniger) und damit auch gleich mal zugeben, dass es sein kann, dass diese dadurch bewertungstechnisch durchaus auch mal einen Stern mehr bekommen könnten, als sie es ohne diesen Kindheits-Bonus tun würden. Wie gesagt, es kann sein. Woher soll ich das schon so genau wissen? Für mich sind sie schließlich so gut. Waren sie schon immer und werden sie auch immer bleiben. Absolute Herzens-Filme, die man immer und immer wieder gucken kann. Von daher nur einmal für euch zur richtigen Einordnung, auch wenn ich natürlich trotzdem alles geben werde, sie so objektiv und realistisch wie möglich einzuschätzen.
Und das bedeutet im Fall von „Der Schatz im Silbersee“ nach Jahren zugeben zu müssen, dass der erste Streifen der Reihe zwar ein absoluter Auftakt nach Maß ist, er aber doch noch einige „Kinderkrankheiten“ aufzuweisen hat, die ihn retrospektiv hinter einige seiner Kollegen zurückfallen lassen. Nicht weniger, aber eben auch nicht mehr. Kann man darüber hinwegsehen, wird man mit dem Werk nicht viel weniger Freude haben als ich tue.
Von einer Sache muss man sich allerdings ganz stark lösen, sonst wird es mit dem Filmgenuss wohl eher nichts: von der Buchvorlage Karl Mays. Ja, es sind seine Figuren und es ist grundsätzlich auch seine Geschichte des „Schatzes im Silbersee“, die hier adaptiert wurden, aber viel mehr hat der Plot mit dem Roman dann nicht zu tun. Und das muss man konstatieren, obwohl wir hier mit Winnetou, Old Shatterhand, Colonel Brinkley, Gunstick Uncle, Lord Castlepool oder dem Großen Wolf sowie dem Großen Bären durchaus einige Personen vorfinden, die auch im Buch eine Rolle spielen (daneben aber z. B. auch Sam Hawkens, der nicht darin vorkommt) und mit dem Silbersee, Butlers Farm oder auch dem Indianerlager der Ute durchaus einige Schauplätze der Vorlage erhalten blieben, sodass sich der Film daher als einer der wenigen der Reihe an seiner bzw. überhaupt an einer Buchvorlage orientiert (so ist er meine ich auch so ziemlich der einzige, in dem noch ein Hauch von Mays „Running Words“ wie etwa „Uff!“, Mesch’schurs oder Boys zu finden ist). Aber mehr eben auch nicht. Grob gesagt könnte man festhalten, dass die Odyssee der Tramps zum Silbersee mit Zwischenstopp bei Butlers Farm beibehalten wurde; der Rest ist frei neu dazu und darum erfunden. Und da ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn man von einer Roman-Verfilmung aufgrund zu großer Entfremdung vom Original enttäuscht ist, will ich an dieser Stelle diejenigen warnen, die sich Entsprechendes erwarten. Denn dann wird man mit Reinls Erstling wohl keine große Freude haben. Ich persönlich habe die Bücher Karl Mays früher immer sehr gerne gelesen, aber erst nach Genuss der filmischen Umsetzungen (eben so, wie das vielen meiner Generation damals mit dem „Herrn der Ringe“ ging). Von daher hatte ich das Problem nie, sondern hab mich dann im Nachhinein immer nur gewundert, wie wenig von der Vorlage jeweils noch übriggeblieben ist. Hat mich aber tatsächlich nie gestört, da ich es im Gegenteil dann noch ziemlich interessant fand, das Buch, diese völlig neue Geschichte, zu lesen. Aber das muss dann jeder für sich selber entscheiden (weitere Informationen dazu beim Buch-Film-Vergleich weiter unten (sofern er denn jemals fertiggestellt wird)).
Nicht großartig verändert, sondern großartig für die große Leinwand adaptiert hat man allerdings die beiden Hauptfiguren Winnetou und Old Shatterhand. Und zwar in jeder Hinsicht. Die sehen beide klasse aus in ihren Lederwämsern (und Old Shatterhand kommt einem auch ohne Hut und Bart wie der Mann aus dem Buch vor) und gebärden sich auch der Vorlage entsprechend. Sie sind beide hoffnungslose Gutmenschen, Pazifisten und Idealisten. Ihr erster gemeinsamer Auftritt hier stellt sie genau als die unantastbaren, erfahrenen „Westmänner“ heraus, als die sie Karl May auch immer gezeichnet hat und im weiteren Verlauf der Handlung dürfen beide ihre Spezialitäten mehr als einmal einbringen. Und auch wenn der „Häuptling der Apachen“, der mehr Zeit mit seinem Blutsbruder und in „weißen Angelegenheiten“ verbringt als mit seinem eigenen Stamm sowie der weiße Indianerfreund, der mit einem Schlag seiner Faust jeden Gegner ins Reich der Träume schickt und dessen Gewehr fast schon Gatling-Eigenschaften hat, historisch gesehen natürlich absoluter Unfug sind, so faszinieren diese schillernden, überlebensgroßen Gestalten, die den Glauben an das Gute wieder aufleben lassen und das Unrecht jedes Mal aufs Neue besiegen, doch heute noch genauso wie zu Lebzeiten ihres Erfinders. Von diesen romantischen Vorstellungen lässt man sich einfach gerne verzaubern. Manchmal möchte man auch, wenn man einen Western guckt, einfach gerne wieder Kind sein und die damals noch geltende Weltordnung vom immersiegenden Guten wiederherstellen.
Als absoluter Glücksgriff in dieser Hinsicht sollte sich auch die Besetzung der beiden Haudegen herausstellen. Gerade bei Pierre Brice hat es ja wohl eine Weile gedauert, bis er überhaupt entdeckt und anschließend unter Vertrag genommen werden konnte, aber diese Wartezeit hat sich absolut ausgezahlt. Nicht auszudenken, wenn wirklich Guy Williams seinen Part hätte übernehmen „müssen“… So aber hat man den anmutigsten Winnetou verpflichtet, den man finden konnte. Und in Lex Barker natürlich den perfekten Old Shatterhand. Ich kann mir wirklich niemand anderen in dieser Rolle vorstellen (und schon gar nicht Wotan Wilke Möhring, weswegen es mit Sicherheit auch noch ewig dauern wird, bevor ich mich an die Neuverfilmungen von 2016 mal heranwage). Zwar muss man zugeben, dass beide erst noch in ihre späteren Paraderollen hineinfinden mussten und hier teilweise noch nicht hundertprozentig sicher ob der Interpretation ihrer Rollen (oder vielleicht auch der Sinnhaftigkeit des gesamten Unterfangens) waren, aber darüber sehe ich gerne hinweg. Beide Performances liegen bereits weit über dem Durchschnitt. Außerdem hat Brice hier im Nachhinein betrachtet noch mit einer Powerlocke in seiner Frisur zu kämpfen, die ihm nicht gerade mehr Autorität verleiht und Barker wiederum damit, dass er hier leider noch nicht von Gert Günther Hoffmann synchronisiert wurde.
Und auch bei der restlichen Besetzung bewies man bekanntlich ein gutes Händchen. Wie etwa beim damals noch blutjungen Götz George. Seine Leistung in „Der Schatz im Silbersee“ machte ihn berühmt und ist bis heute eine seiner besten (obwohl ich ihn ehrlich gesagt in „Winnetou und das Halbblut Apanatschi“ noch besser fand). Auch Karin Dor, Eddi Arent (der unter anderem dadurch auf sich aufmerksam macht, dass er den Großen Wolf zum „Kegelschieben“ auffordert (s. Zitate)), und vor allem Ralf Wolter als kauziger Sam Hawkens sollten sich als Glücksgriffe erweisen. Sie alle gehörten bald zur „festen Besetzung“ der Winnetou-Reihe. Und ich weiß, im Zusammenspiel mit Mirko Boman alias Gunstick Uncle wird an letzteren beiden immer kritisiert, dass es damit zu viele Quatschmacher im Film gäbe. Nun, da sich die drei hübsch abwechseln und damit generell auch nicht übertrieben wird ((Spoiler) einzige Ausnahme ganz am Ende, wenn Castlepool seinen Parinda-Falter doch noch findet, das hätte wirklich nicht sein gemusst (Spoilerende)), sehe ich das überhaupt nicht als Problem an. Und – zwar nur kurzzeitig, dafür aber merklich – aufgewertet wird die deutsche Riege hier noch einmal durch Marianne Hoppes resolute Mrs. Butler – ein Genuss! Und last but definitely not least ist die Besetzung des zweiten ausländischen Top-Stars (denn Brice war ja noch keiner (und ist es außerhalb Deutschlands eigentlich auch nie geworden)) Herbert Lom ein großartiger Coup gewesen. Er spielt einen Banditenboss aus dem Lehrbuch und wurde somit zur Blaupause für alle seine Kollegen, die diese immer gleiche Rolle in den folgenden Streifen der Reihe nach ihm übernehmen sollten. Und am meisten Respekt hat man natürlich vor seiner Stimme. Nicht, dass Rainer Brandt und Konsorten, die in den späteren Filmen synchronisieren durften, das nicht auch großartig gemacht hätten, aber allein dass dieser Mann so gut Deutsch sprach und dass man seine Stimme dazu sonst (außer in weiteren Werken, in denen er sich in der deutschen Fassung selbst wieder eingesprochen hat) nicht zu hören bekommt, macht das Ganze außergewöhnlich. Ein richtiges Erlebnis! Da sieht man dann auch gerne darüber hinweg, dass Benno Gellenbeck hier im Gegenzug z. B. mindestens drei verschiedene (winzige, versteht sich) Sprechrollen hat.
Und auch, wenn wir weiterschauen, kann ich nur in meinen Lobesgesängen verharren und diese Produktion als das Ergebnis einer Kette richtiger Entscheidungen propagieren. Denn ebenso werden hier ja die großartigen Landschaften des damaligen Jugoslawiens um die Plitvicer Seen und Martin Böttchers grenz-geniale Filmmusik zu absoluten Hauptdarstellern und das mit Recht. Auch die Bauten waren schon ziemlich gut, aber dafür sollte in den folgenden Teilen noch einiges mehr an Kohle lockergemacht werden. So oder so aber brauchte man sich von der Ausstattung her wirklich vor keiner internationalen Konkurrenz verstecken damals. Ganz im Gegenteil würde man sich für so manchen US-Western gerne mal eine eingängige Titelmelodie wie die von Böttcher wünschen. Und er hat ja nicht nur ein gutes Main Theme (die „Old Shatterhand Melodie“) geschrieben. Auch die anderen Stücke überzeugen in Gänze und gerade der konsequente Einsatz von bestimmten Themen für bestimmte Personen bzw. Gruppen ist interessant – und am coolsten hierbei die sich abwechselnd hochschaukelnden Melodien von Gut und Böse kurz vor dem Kampf auf Butlers Farm.
Als letzte, aber wichtigste große Entscheidung hat man jene für den Regisseur Harald Reinl zwar wohl nicht einstimmig, aber eben am Ende doch wieder völlig richtig getroffen. Der bereits damals sehr erfahrene Österreicher hat zwar nie wieder solche Filme abgeliefert wie in dieser Reihe, aber für den „Winnetou“-Stoff war er einfach der beste Spielleiter. Zwar sollte auch er sich noch steigern, aber in punkto Schauspielerführung, Koordination und Choreografie der Action-Szenen gibt’s auch hier schon nichts zu meckern. Einzig und allein die Totalen seines Kameramannes Ernst W. Kalinke kommen hier etwas zu kurz, wodurch man das Gefühl hat, man hätte aus dieser fantastischen Landschaft noch mehr herausholen können, aber wie gesagt: es war erst der erste Streich, nicht?
Tja, das war er wirklich und genau deswegen sind im weiteren Verlauf der Produktion auch noch ein paar Schönheitsfehler unterlaufen, ein paar Kinderkrankheiten, wie ich sie vorhin nannte, die allesamt nicht wirklich ins Gewicht fallen, die ich aber doch keinesfalls verschweigen möchte. So funktioniert der Off-Kommentar zu Beginn glaube ich nur so richtig gut, wenn man an ihn gewöhnt ist. Für mich gehört er mittlerweile dazu und ich schwelge auch dabei in Kindheitserinnerungen, aber wenn ich mir vorstelle, ich würde den Film jetzt das erste Mal sehen und er würde so beginnen (mit dem Spruch „Nun sehen wir sie endlich von Angesicht zu Angesicht.“)… Ich weiß es nicht. Generell ist die Exposition in der Kneipe natürlich etwas holprig und vor allem die Frage, wer dem Postmeister da sein heißes, grünes Cappy aufgesetzt hat, muss erlaubt sein.
Allerdings „fängt“ sich Reinls Erstling nach diesem etwas wackeligen Start recht fix wieder und läuft dann schnurstracks auf sein großes Highlight zu: den Kampf auf Butlers Farm. Der ist wirklich Extraklasse, ganz große Unterhaltung und wäre alleine seine fünf Sterne wert. Allein der Drehort. So habe ich mir seitdem immer eine Farm vorgestellt. Und klar, auch die entspricht nicht ganz der historischen Realität, aber sie sieht einfach geil aus! Und dass sich Shatterhand und Co. Bedenkzeit ausbitten, um die Forderungen der Banditen genau durchdenken zu können, ist eine Sache, die es so auch nur bei „Winnetou“ gibt. Auffallend beim folgenden Kampf allerdings die niedlichen Schuss-Geräusche und Revolver, deren Hähne sich beim Drücken des Abzugs selber spannen – hatte ich früher auch mal, nur leider hätte man damit keinem Tramp auch nur ein Haar krümmen können. Und wenn Ellen Patterson ihren Vater dann fragt, warum Mrs. Butler die eine Hälfte des Plans nicht rausrücken will, weil der Colonel ohne die zweite damit doch gar nichts anfangen könnte, obwohl der Rote zwei Szenen vorher mit just dieser zweiten Hälfte vor ihrer Nase rumgewedelt hat, darf man sich schon kurz die Frage stellen, ob ihre Haare vielleicht gefärbt sein könnten. (Spoiler) Und am Ende ist es schon ein wenig ärgerlich, dass Winnetou mit einem befreundeten Stamm der Osage (meine ich) als Deus Ex Machina erscheint als die Tramps schon wie die sicheren Sieger aussehen. Das wirkt natürlich ziemlich an den Haaren herbeigezogen.
Am ärgerlichsten dabei ist aber eigentlich die Tatsache, dass man damit das meiste Pulver in diesem Film (im tatsächlichen wie im übertragenen Sinne) bereits verschossen hat. Denn so bleibt für das Ende natürlich nichts mehr über, womit man diese Augenfreuden noch toppen könnte. Daher verzichtet man mehr oder weniger auf einen großen „Endkampf“ und setzt den zahlenmäßig stark geschrumpften Tramps einfach eine riesige Horde Indianer (in diesem Fall Utes) entgegen. Bedenkt man dann noch die Tatsache, dass der Colonel ja gar nicht von Winnetou oder Shatterhand oder wenigstens Fred Engel erledigt wird, sondern einfach so „ersäuft“ und dass er das tut, weil er einem Schatz nicht widerstehen konnte, der nicht in einen Western, sondern in einen Abenteuer-Film gehört, ergibt sich alles in allem generell ein ausbaufähiges Ende. Und auch grundsätzlich kann man diesen zweiten Teil des Films (und hierbei ist es sowieso schade, dass man die Zweiteilung des Buches als einziges Überbleibsel sozusagen beibehalten hat) als leicht schwächer bezeichnen. Das merkt man zwar zuerst kaum, aber bei mehrmaligem Schauen dann doch. Und eines geht gar nicht: Als kluger Banditenboss einen Zettel ganz lose an irgendeinen Baum in den Weiten der Vereinigten Staaten aufzuhängen und zu glauben, dass diejenigen, für die er bestimmt ist, ihn – und dann auch noch als erste – finden werden. Das ist mehr als Mumpitz, das gehört wirklich nicht in diesen ansonsten so hervorragenden Western. (Spoilerende)
Aber das war’s dann auch schon. Mehr gibt’s wirklich nicht zu meckern. Und klar, in Summe kosten diese kleinen Fehlerchen den Reihen-Auftakt die fünf Sterne, aber er ist damit bisher immer noch die zweitbeste Pferdeoper seiner Bewertungsstufe und das ist auch nichts, was man im Vorbeigaloppieren erreicht. Und das bedeutet vor allem auch, dass wir es hier natürlich und wie geschildert trotzdem mit einem absoluten Sahnestück deutscher Kinokunst zu tun haben. Hiermit wurde ein hervorragender Grundstein für die kommenden Abenteuer gelegt. Die Basics, wenn wir so wollen, waren alle schon vorhanden, wussten zu überzeugen und sich ins Gedächtnis zu brennen (neben den Darstellern, Böttchers hervorragender Musik, Kroatiens wunderschöner Kulisse und der wunderbar altbackenen Story sind das z. B. auch so Kleinigkeiten wie das Wiehern der Pferde hier). Und auch wenn das jetzt natürlich nur retrospektiv zu beurteilen ist, so darf man heutzutage doch froh und stolz sein, dass „wir“ bereits zwei Jahre vor Entstehung des Italowestern ein Produkt abliefern konnten, das sich vor den amerikanischen Originalen ebenfalls absolut nicht zu verstecken braucht und sich schönerweise auf ganz eigene Art und Weise vom italienischen Vertreter (und auch allem anderen, was es da noch so gab und geben sollte) abhebt. Das hier ist wirklich schlicht und einfach eine deutsche Pferdeoper – und sie sieht verdammt gut aus! Und ganz nebenbei hat man sich noch alle Möglichkeiten gelassen, diesen ersten Versuch noch ordentlich zu toppen – und ich denke, ich verrate nicht zu viel, wenn ich sage, dass das im weiteren Verlauf auch durchaus eindrucksvoll gelungen ist.
Übrigens: (Spoiler) Die Helden hier können von Glück sagen, dass der Große Wolf hier entgegen der Buchvorlage ein Ehrenmann ist. (Spoilerende) Welche Sprache er und seine Stammesgenossen hier ständig als „Indianisch“ sprechen, würde mich ja mal brennend interessieren. ;)
Vergleich zum Buch:
Tja, ich habe mir mal irgendwann in den Kopf gesetzt, wenigstens die Karl-May-Western dieses Lexikons, die auf einer realen Buchvorlage des berühmten Autors beruhen, mit eben dieser zu vergleichen und zu gucken, wo sich überall Abweichungen ergeben bzw. in diesen Fällen wohl konkreter: was überhaupt noch vom Buch übriggeblieben ist. Und ich hatte mir in Vorbereitung auf oben stehendes Review auch tatsächlich den „Schatz im Silbersee“ nochmal wieder zur Brust genommen und auch fast bis zu Ende gelesen, aber das ist auch schon wieder über ein Jahr her und von daher traue ich mir diesen Vergleich nicht mehr zu. Das werde ich dann hoffentlich irgendwann mal nachholen. Bis dahin bleibt dieser Vermerk hier bestehen, auf dass er mich jedes Mal, wenn ich hier vorbeischaue, daran erinnern möge. Für die restlichen Buch-Film-Vergleiche der Reihe gilt entsprechend dasselbe.
Zur DVD/BD:
Supergeile DVD-Collection, die die Universum Film seinerzeit mit genialem Bild und Ton rausgebracht hat („Der Schatz im Silbersee“ befindet sich in der „Karl May DVD Collection I“, zusammen mit „Winnetou und das Halbblut Apanatschi“ und „Winnetou und sein Freund Old Firehand“); die musste ich mir damals sofort zulegen. Und hat auch richtig Asche gekostet. Nur, um heutzutage festzustellen, dass es die Dinger mittlerweile in natürlich noch wesentlich besserer HD-Qualität auf Blu-ray gibt. Na ja, bei diesen Filmen darf man nun wirklich nicht knauserig sein, die müssen in der wirklich besten Qualität vorliegen, sodass ich mir dann auch noch die „Karl May Klassikeredition“ der Universum auf BD zugelegt habe. Nett daran ist vor allem, dass man die ganzen verschiedenen Boxen (denn nach den „Karl May DVD Collections“ I-III (!) musste man sich seinerzeit ja auch noch die Shatterhand-, die Orient- und die Mexiko-Box extra zulegen) von damals nicht mehr braucht und alle 16 Karl-May-Verfilmungen der 60er Jahre (die „echten“ also, ohne diesen seltsamen „Das Vermächtnis des Inka“, von dem ich bis ich’s eben nachgelesen habe noch nie etwas gehört hatte) in einem großen Schuber zusammen hat. Auch schön alle einzeln in nem Amaray und nicht auf ner Spindel oder so; wie sich das gehört. Als einzige Schwierigkeit erweist es sich dann den jeweiligen Film aus der Box rutschen zu lassen, ohne die 15 anderen ebenfalls sofort in Händen zu halten – gerade, wenn man einen Film aus der Mitte sehen will. Tja, man kann nicht alles haben.
Am Bild und Ton hat man hier jedenfalls noch mal mächtig geschraubt und das sieht man vor allem beim „Schatz im Silbersee“. Wie der plötzlich aussieht, geradezu erstrahlt, ist phänomenal! Das hätte ich echt nicht gedacht. Von daher lohnt es sich allein schon deswegen, auf diese Box umzusteigen und das Bonusmaterial macht es einem da nur noch einfacher zuzugreifen:
- Interview-Dokumentation ohne Titel (eine Seltenheit heutzutage, selbst im Bonusmaterial (dass der Titel fehlt, meine ich)): Götz George, Vladimir Tadej, Matthias Wendlandt, Everhard Dycke, Pierre Brice und Martin Böttcher erzählen uns 21,5 Minuten lang was zum „Schatz im Silbersee“, „Winnetou und das Halbblut Apanatschi“ und „Winnetou und sein Freund Old Firehand“. Jap, denn das Ding wurde damals exklusiv für die Dreier-DVD-Collection mit eben diesen Filmen erstellt und war damals zusammen mit allem weiteren Bonus-Material auf der „Firehand“-Scheibe zu finden. Dementsprechend kann man sich kurz wundern, muss man aber nicht. Viel mehr sollte man diese liebevoll gemachte Interview-Dokumentation genießen und vor allem, dass man ausnahmsweise mal wirklich keine Untertitel lesen muss, da die Aussagen von Herrn Tadej von einem Sprecher übersetzt werden. Nicht schlecht, oder? Auch das gibt es sonst doch gar nicht. Total interessant und kurzweilig also, das Ganze, mit einigen netten Anekdoten zum Dreh und mit nur einem Fehler: Es ist natürlich viel zu kurz geraten! Die Jungs hier hätten insgesamt bestimmt ne Stunde Material zu diesen Filmen zu erzählen gehabt. Das ist echt schade.
- Ausschnitt aus der Wochenschau 1 „Interview mit Horst Wendlandt“: 1,5 Minuten lang, kann man wirklich nicht als Interview bezeichnen, aber sehr interessant, wie windend Horst Wendlandt versucht zu erklären, dass er keinen Bock hat, Filme zu produzieren, die am Ende nichts einspielen. Er kann doch einfach sagen, dass sich Kunst und Kommerz nicht ausschließen, schließlich hat er den Beweis hiermit doch gerade erst angetreten.
- Ausschnitt aus der Wochenschau 2 „Der Schatz vom Wannsee“: Die Wochenschau-Anekdote um Wendlandt und Sohn Matthias, der ihn auf die Idee zu der Karl-May-Reihe gebracht haben soll. Auch nett.
- Original-Kinotrailer auf Deutsch, Englisch und auf Deutsch als Wiederaufführungstrailer
- „Der Wilde Westen in neuer Farbpracht – Vor und nach der Restauration“: Ein neunminütiger, nicht immer stimmig gemachter Vergleich zwischen der alten DVD-Version, der neuen HD-Version und der neuen HD-Version mit Retusche. Man kann zwar nicht immer ganz nachvollziehen, was auf den einzelnen Bildern jetzt zu sehen ist, aber anhand der eindeutigen Bilder kann man hier wunderbar erkennen, wie viel besser das Bild nochmal geworden ist nach dem Upscale. Hut ab! Und falls es doch wieder jemand besser wissen sollte: Ich hab keine Ahnung, ob man dem Zuschauer da dann auch wirklich nur grottenschlechte Bilder hingeworfen hat und so ein besseres Bild von der Überarbeitung zeichnen wollte, ich habe keine Ahnung davon, lasse mich gerne davon beeindrucken und finde das Bild dieser Scheibe überragend!
- BD-Live-Inhalte: Leider hat meine Internet-Verbindung in dem Moment, wo ich’s testen wollte, gesponnen, aber das hätte ja auch sicher wieder ewig gedauert mit dieser Geschichte, das hätte ich mir wohl eh nicht alles angeguckt. Aber allein, dass es drauf ist, ist doch interessant.
Was fällt auf? Richtig, man hat hier fast das gesamte Bonusmaterial mit raufgehauen, was seinerzeit auch auf der DVD zu „Winnetou und sein Freund Old Firehand“ in der „Karl May DVD Collection I“ zu finden war. Nur zwei Wochenschau-Ausschnitte (die dann sicherlich nichts mit dem Silbersee zu tun hatten) und das Fehler-Quiz fehlt. Gerade bei Letzterem ist es schade, denn das war doch ganz amüsant und ja auch genau auf den „Schatz im Silbersee“ zugeschnitten. Na ja, man kann nicht alles haben. Jedenfalls bin ich dann ja mal gespannt, ob sich die Bonusmaterialien auf den Scheiben zu „Firehand“ und „Winnetou und das Halbblut Apanatschi“ dann mit diesem hier überschneiden.
Unabhängig davon gibt’s auf jeden Fall die dickste Kaufempfehlung im ganzen Lexikon hierfür. Allein schon wegen des Upscales. Das sieht so geil aus. Muss man haben! :)
Zitate
„Danke, mir persönlich fehlt nichts; mein Pferd ist mir nur ein paar Nummern zu groß.“(Lord Castlepool gibt ob seiner offensichtlichen Fortbewegungsprobleme einen Fehlkauf zu)
„Seht Euch die Leute besser an, bevor Ihr schießt!“(Old Shatterhand warnt Fred Engel rechtzeitig, bevor dieser dem Film eine seiner beiden Hauptfiguren nehmen kann)
[im Saloon wird der örtliche Quacksalber nichts mehr los] „Dann werde ich mein Glück eben mal beim Postmeister versuchen.“ – „Lieber nicht! Seine Frau ist noch genauso hässlich und böse wie vorher – trotz deiner Tropfen.“(der örtliche Wirt zeigt Empathie und warnt den Scharlatan)
„Mich kann man nicht kaufen. Aber um der Gerechtigkeit willen helfe ich euch.“(Old Shatterhand nimmt zwar kein Honorar, aber ganz grundlos möchte er dann auch nicht in die Schlacht ziehen)
[Old Shatterhand soll gegen den Großen Wolf, den Häuptling der Ute, nur mit Messer und Tomahawk bewaffnet um sein Leben kämpfen] „Das ist unfair. Da kann ich genauso gut verlangen, dass er gegen mich antritt – im Kegelschieben!“(Lord Castlepool versucht, nachdem ihm die vermeintliche List des Häuptlings weitergegeben wurde, auf seine Stärken aufmerksam zu machen)
★★★★