Bonanza Folge 2 – „Tod am Sun Mountain“

„The Sun Mountain Herd“

Diese zweite Episode von „Bonanza“ überraschte mich gleich mal und haut so richtig durch. Nicht in dem Sinne, dass sie besonders gut wäre (eher ist das Gegenteil der Fall), sondern dass sie nach der relativ nichtssagenden ersten Folge sofort das tut, was eine Western-Serie tun sollte, also Dinge ansprechen, die in den großen Kino-Pferdeopern jener Tage nicht genannt werden durften, wollten oder konnten. Und das bedeutet im Falle von „Tod am Sun Mountain“ Gesellschaftskritik bis der Baum brennt. Nicht, dass es nicht auch große US-Western mit gesellschaftskritischen Aspekten gegeben hat, aber das waren dann eben wirklich nur Aspekte, die um 1959/60 herum noch hinter dem Kampf des Individuums zurücktreten mussten. So richtig entstanden solche US-Pferdeopern ja erst so ab Ende der sechziger Jahre als Antwort auf den Italowestern bzw. aufgrund der Beeinflussung durch eben jenen. Außerdem kann ich mich an keinen US-Western dieser Tage erinnern, der es sich so offensichtlich getraut hätte gerade am kapitalistischen Grundsystem der USA Kritik zu üben (wenn man jetzt mal davon absieht, dass das Zurückziehen des einsamen Helden (wie „Shane“ beispielsweise) vor der Gesellschaft generell als eine Kritik am Wertesystem der Zivilisation, der dieser Held einstmals entsprang, gedeutet werden muss) und genau das tut „The Sun Mountain Herd“.

Und dabei wird deutlich, dass Subtilität oder versteckte Botschaften – wie eben schon angedeutet – nicht gerade die Stärke des Drehbuchs sind, allerdings dürfte das bei einer Mainstream-Fernsehserie, die alle Bevölkerungsschichten ansprechen soll, wohl auch beabsichtigt sein. Und so kloppt diese Folge gleich so richtig fies los, mit hungernden Indianern, die der Ponderosa Rinder stehlen müssen, um über die Runden zu kommen, weil geldgierige, weiße Geschäftsmänner ihnen ihre sonst bevorzugten Antilopen wegschießen, um sie zu Wucher-Preisen an die Goldgräber zu verkaufen, die seit einem Silberfund beginnen, Virginia City zu überrollen (und ich weiß, dass Goldgräber, die nach Silber graben eigentlich Silbergräber sind, aber ich fand’s so irgendwie cooler; außerdem, wer sagt denn Silbergräber?). Tja, da müssen Pa und seine Jungs natürlich einschreiten, da sie so ein kapitalistisches Vorgehen nicht erdulden können und das tun sie. (Spoiler) Flugs werden den Indsmen die Rinder geschenkt und den Goldgräbern andere Tiere zu einem supergünstigen Preis angeboten, der den Händler Mark Burdette (Barry Sullivan) in den Ruin treiben müsste, sollte der nicht billiger werden. Aber anstatt das zu tun, lässt der natürlich seinen Gorilla los (bzw. der lässt sich selbst von der Leine), der dem Handel einen ordentlichen Strich durch die Rechnung macht, indem er die Goldgräber mit den schon gekauften Tieren in den Himmel schickt und die Aktion den Indianern in die Schuhe schiebt, was dann natürlich dazu führt, dass die Roten das Kriegsbeil ausgraben wollen, is ja klar. Wie man das halt so kennt aus größeren Streifen; intrigenmäßig wird da gut was weggekupfert. (Spoilerende)

Und so ist das Ganze weder neu, noch innovativ (nur halt mit dem Schwerpunkt auf der Gesellschaftskritik), aber das erwartet man von einer Serie ja auch nicht, nur gut umgesetzt müsste es sein. Aber das ist es nicht, weil hier aber auch fast alles falsch gemacht wird, was falsch gemacht werden kann. Da haben wir zuerst die völlig unstete Figur des Burdette, der überhaupt nicht weiß, was er will und zwischen einer Frau und seinen Geldplänen hin- und hergerissen ist und überhaupt nicht überzeugen kann (ebenso wenig wie Barry Sullivan im Übrigen). Das ist ein schwacher Gegner, den die Cartwrights nicht verdient haben. Und da sein Partner Early Thorne einfach nur fies sein soll und sonst überhaupt keine Persönlichkeitszüge weiter mitbekommt (was ich aber ehrlich gesagt ebenso wenig erwartet hatte) und weil dessen Darsteller Leo Gordon das genauso schlecht macht, kann man sich an den auch nicht halten.

Außerdem ist diese Verstrickung zwischen der Ponderosa, den Goldgräbern, den Fleischhändlern und den Indianern meiner Meinung nach völlig übertrieben. Da ist eine Partei zu viel drin und dementsprechend findet diese Folge auf ihr Problem auch keine richtige Antwort. (Spoiler) Denn nachdem die Indianer auf den Kriegspfad gehen wollen, legt Burdettes Partner einen von ihnen um, was die natürlich nur noch saurer macht. Aber bevor es auf den Kriegszug geht, lösen die Cartwrights erstmal das Problem, indem sie den Schwindel von der indianischen Schuld, den Burdette und Co. den Siedlern zuvor erzählt hatten, woraufhin die Little Joe als vermeintlichen Indianerfreund schon in einer unglaublich schlechten, weil unglaublich unrealistischen Szene aufhängen wollten (aufhängen! – hallo, sind die bekloppt oder was, dafür wird man in normalen Western höchstens verprügelt…), aufdecken, indem sie den letzten Überlebenden von Thornes Angriff nach dem wahren Täter befragen (so ein Schwachsinn, warum sollten die den wirklich am Leben lassen?). Dann geht’s hinter eben jenem her, der zuvor mit Burdette in einer erneut unterirdischen Szene genau vor den Augen einiger Jungs sein Mädchen entführt hat (grausam, echt). Die Jungs werden eingeholt und umgelegt bzw. legen sich selbst um, weil Burdette aus unerfindlichen Gründen noch eine Leuterung ins Drehbuch geschrieben bekommt. Aber damit sind ja einige Grundfragen der Folge noch nicht geklärt. Die Indianer zum Beispiel, die sicher nicht so leicht zu beruhigen sein dürften, haben ja nicht nur ein Problem mit dem Wildklau, der jetzt ein Ende gefunden haben dürfte, sondern auch mit den Goldgräbern selbst und die sind ja noch da. Und wie gesagt, ob die nicht auf dem Kriegspfad bleiben, würde mich mal wundern, aber egal, Schwamm drüber, es ist nur eine „Bonanza“-Folge. (Spoilerende)

Schauspielerisch gibt’s auch nichts Neues zu vermelden. Lorne Greene ist weiterhin mein Liebling, auch wenn er den Colt genauso grottig vor sich herführt wie alle anderen seiner Serien-Familienmitglieder (wollen mal hoffen, dass sich das noch ändert), Pernell Roberts und Dan Blocker spielen so wie in der ersten Folge (hatte ich eigentlich schon erwähnt, dass Michael Chevalier Blocker synchronisiert? – das ist geil!) und Michael Landon hat erneut ein wenig mehr Screentime als die anderen, ist aber auch nicht besser. Zu den beiden Bösewichtern sagte ich schon was, die vergessen wir besser fix, die Frau war auch nicht dolle und der eine Goldgräber overacted ganz schön.

Auch das gab es also alles schon mal viel besser. Ebenso wie die ganze Folge, die mit ihrer gewollten Gesellschaftskritik zwar ein nobles Ziel verfolgt, das aber aufgrund der Absurdität der Geschichte und deren unglaublichen Logiklöchern im mindestens zur Hälfte zusammengeklauten Script verfehlt. Wer damit leben kann, wird hieran vielleicht seine Freude haben, ich hatte sie wirklich nicht. Es handelt sich gleich bei der zweiten Episode von „Bonanza“ wirklich um einen halbgaren Serien-Vertreter, den ich nicht gebraucht hätte. Dann doch lieber einen normalen 50-Minuten-B-Western beim nächsten Mal bitte.

(★★★)

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