Silverado
★★★★★★
- Jahr: 1985
- Regie: Lawrence Kasdan
- Darsteller: Kevin Kline, Scott Glenn, Danny Glover, Kevin Costner, Brian Dennehy, Linda Hunt, Jeff Fahey, Ray Baker, Jeff Goldblum, Lynn Whitfield, Joe Seneca, John Cleese, Rosanna Arquette...
Story
Kurzfassung (offenes Ende)
Durch Zufall kreuzen sich die Wege von Paden (Kevin Kline), Emmett (Scott Glenn), dessen Bruder Jake (Kevin Costner) und dem Schwarzen Mal Johnson (Danny Glover), die am Ende alle nach Silverado wollen. Sie freunden sich an und reiten gemeinsam. Aus verschiedenen Gründen machen sie sich hier alle den miesen Sheriff Cobb (Brian Dennehy) und den Rinderbaron Ethan McKendrick (Ray Baker) zum Feind. Schon bald, droht der Konflikt zu eskalieren…
Kurzfassung (komplett)
Durch Zufall kreuzen sich die Wege von Paden (Kevin Kline), Emmett (Scott Glenn), dessen Bruder Jake (Kevin Costner) und dem Schwarzen Mal Johnson (Danny Glover), die am Ende alle nach Silverado wollen. Sie freunden sich an und reiten gemeinsam. Aus verschiedenen Gründen machen sie sich hier alle den miesen Sheriff Cobb (Brian Dennehy) und den Rinderbaron Ethan McKendrick (Ray Baker) zum Feind: Emmett, der vor Jahren McKendricks Vater in Notwehr erschoss und dafür unschuldig im Gefängnis saß, weil er für zu gefährlich gehalten wird, Jake, weil er Emmetts Bruder ist, Paden, weil er merkt, dass Cobb, mit dem er früher ein paar Dinger gedreht hat, weiterhin kein guter Mensch ist und aufbegehrt, und Mal, weil McKendrick unbedingt das Land seines Vaters für seine Rinder haben will. Als Cobb und McKendrick nun einen nach dem anderen aus dem Verkehr ziehen wollen, tun die Vier sich erneut zusammen und besiegen die Schurken beim Showdown in Silverado.
Worte zum Film
Enchanting (geniale Darsteller, geniale Verbeugung vor dem klassischen US-Western, sehr gute Musik, zauberhafte Bilder); daher aus gutem Grunde klischeebeladen und unrealistisch
Bewertung
„Die Welt ist das, was man daraus macht.“
Wir schreiben das Jahr 1985. Der Western ist zum ersten Mal so richtig am Boden. Fast niemand in den USA hat mehr wirkliches Interesse am einstigen Vorzeigegenre. Die Ideen für neue Pferdeopern sind auch aufgebraucht, weil man (gefühlt) alles schon einmal gezeigt hat. Es scheint fast nichts mehr zu geben, was sich noch lohnen würde, als Western auf die Leinwand gebracht zu werden. Der Western ist zum ersten Mal wirklich fast tot, nachdem er durch seine Erfrischungskur aus Italien in den Sechzigern sowie dem dadurch angeschobenen Revival in den Siebzigern noch einmal richtige Hochzeiten erlebte. Höchstens noch bahnbrechende Spätwestern, die meist ein ganz anderes Augenmerk auf Sex und Gewalt legen, können das Genre jetzt noch wiederbeleben. Sollte man zumindest meinen…
Denn es gibt da auch noch diesen jungen, ambitionierten Regisseur, Lawrence Kasdan, der in seinem Leben zwar erst zwei Filme in Szene gesetzt hat, aber ein großes Projekt verwirklichen will. Zusammen mit seinem Bruder Mark hat er ein Script geschrieben. Für einen Western. Er, selbst ein riesiger Pferdeopern-Freund, will den Zuschauern mit diesem Film noch einmal das Gefühl geben, das er beim Schauen klassischer US-Western verspürte. Er will ihnen zeigen, wie viel Spaß diese Streifen machen konnten und können. Er will also keinen Spätwestern „wie alle anderen“ drehen, sondern eher die Filme der klassischen Periode nachahmen. Er will keine übermäßige Gewalt, keine Sex-Eskapaden, keinen Zynismus und erst recht keinen schmutzigen, düsteren Film, wie ihn gefühlt alle seine Kollegen machen, die sich überhaupt noch dazu „herablassen“ können, einen Western zu drehen. Er will die alten, ursprünglichen (Film-)Werte der Western-Helden wiederaufleben lassen. Mut, Tapferkeit, Stolz, Gerechtigkeitssinn, Hilfsbereitschaft, Freundschaft, Familie. Ihm ist bewusst, dass er einen komplett unrealistischen Western voller Klischees drehen wird und er will es so. Ein Familien-Film soll es werden und somit bringt Lawrence Kasdan 1985 „Silverado“ auf die Leinwand; einen Streifen, mit dem zu dieser Zeit absolut niemand mehr gerechnet hatte, nicht rechnen konnte und der das Genre weder revolutionieren konnte noch wollte. Und was ist daraus geworden? Kasdan schuf mit ihm den – meiner Meinung nach – bis dahin besten aller US-Western, stellte absolute Klassiker wie „Winchester ’73“, „3:10 To Yuma“ und sogar „Rio Bravo“ in den Schatten und sorgte so trotzdem mit dem ein Jahr früher entstandenen „Pale Rider“ für ein Revival dieses wunderbaren Genres.
Nun werdet ihr den Streifen natürlich nicht alle so gut finden wie ich und ihm gleich die sechs Sterne verpassen, aber es hat schon seinen Grund, warum „Silverado“ kaum negative Bewertungen erfährt. Gerade auch in Fankreisen dürfte er – ähnlich Kevin Costners „Open Range“ – so eine Art Gefallgarantie haben. Ein wunderbarer, genialer Film, den man aus meiner Sicht mit einem einzigen Wort beschreiben kann: ENCHANTING (gut, ich könnte natürlich auch bezaubernd schreiben, aber ich find’s auf Englisch irgendwie schicker – bin gerade wohl mal wieder ein wenig „Rhapsody Of Fire“-beeinflusst). Nach dem Ansehen dieses Über-Westerns bilde ich mir immer ein zu wissen, wie Luca Turilli sich gefühlt haben muss, als er die beiden „Symphony Of Enchanted Lands“-Alben schrieb. Es ist einfach jedes Mal wieder erhebend sich diese Vitaminspritze für das Western-Genre aus Kasdans Feder anzugucken.
Und das, weil er das Rad gerade nicht neu erfindet. Dass das nicht immer nötig ist, um einen großen Film zu drehen, beweist er hier auf eindrucksvollste Art und Weise. Man muss ein Genre oder die Filmwelt nicht zwangsläufig revolutionieren, um erfolgreich zu sein. Ich persönlich habe ja schon öfter bekundet, dass ich mit den klassischen Pferdeopern sowieso viel zufriedener bin als mit vielen Spät-Western. Ich habe aber auch nichts dagegen an Werte wie Freundschaft und Treue zu glauben, auch wenn man mit Blick auf die Welt manchmal das Gefühl hat, diese Tugenden würden nach und nach aussterben. Aber gerade dann brauche ich Filme wie „Silverado“ nur noch mehr. Und diese Grundwerte der klassischen, amerikanischen Pferdeopern hat Kasdan hier wirklich meisterhaft umgesetzt. Das ist nämlich sein Geheimrezept. Er hat nichts Neues erfunden, aber er hat sich wirklich alles, was an den damaligen Pferdeopern so toll war, zusammengesucht und daraus einen noch besseren Film gemacht. Einen Western von einem Fan für Fans. Mit viel Pomp und Pathos, aber schlichtweg wunderschön.
Dabei ist es dann nicht nur scheißegal, wie unrealistisch Kasdans Film ist, das hat er sogar genau so kalkuliert. So hätte der kaputte Revolver zum Beispiel, den Paden (Kevin Kline) zu Anfang verkauft kriegt, natürlich nie im Leben mehr vernünftig geschossen und die Geld-Kiste, die Paden, Emmett (Scott Glenn) und Mal (Danny Glover) zurückholen, wäre bei dem Schleif-Ritt durch die Schlucht selbstredend vielfach zerschellt. Warum gibt Emmett den Schecken einfach so weg, ohne vorher sein Hab und Gut (oder besser das seines Bruders) aus den Satteltaschen zu nehmen und warum treffen die Protagonisten alles, aber auch wirklich alles, und wenn Mal dann einmal kurz vor Schluss auf der Farm McKendrick (Ray Baker) treffen will, schießt er daneben? Weil Kasdan vor allem daran interessiert war, große Bilder zu erschaffen und große Emotionen zu wecken. Diesem Ansatz ordnet er alles unter.
Daher ist in „Silverado“ alles mit Absicht eine Spur überhöht. Nach einer Eröffnungsschießerei, in der eine Winchester ein Loch wie eine Schrotflinte reißt, zitiert Kasdan ganz selbstbewusst John Fords berühmteste Einstellung aus „The Searchers“, um aus dieser heraus dann aus dem Haus zu fahren und die Leinwand breit zu machen. Um eine Totale zu zeigen, die eines Westerns würdig ist. Es muss eben von allem ein bisschen mehr sein. Daher gibt es hier auch nicht nur einen, sondern gleich zwei richtig fiese Bösewichter und damit „Endgegner“, ist der Aufgalopp fast eine Stunde lang, ist hier immer jemand gerade noch rechtzeitig zur Stelle, wenn ein anderer seine Hilfe braucht, und hat die Nachricht von der Gefangennahme eines kleinen Jungen hier offensichtlich Zauberheilkräfte. Es geht eben nicht um Realismus, sondern um den Effekt. Und der ist Kasdan dermaßen wirk- und unterhaltsam gelungen, dass zumindest ich ihm diese Kleinigkeiten nicht nur durchgehen lasse, sondern sogar der Meinung bin, dass das alles genau so gehört. Das ist ja bei den klassischen Pferdeopern nicht anders.
Außerdem gibt es wohl kaum einen Film, bei dem man sich so mit den Helden identifizieren und sie so schnell in sein Herz schließen kann wie in diesem genialen Kasdan-Werk. Alle haben ihr Herz auf dem rechten Fleck, alle sind super-sympathisch und wissen immer, was zu tun ist. Das ist natürlich ebenso unrealistisch, aber ich muss ganz ehrlich zugeben, mich kriegt das aber mal so richtig. Ich brauche keine bis zum Stiefelschaft im Schlamm steckenden Spät-Western-Cowboys, die das Blut nur so verspritzen und Frauen vergewaltigen, um einen guten Abend zu haben. Denn auch so sind die Bösen hier einfach nur herrlich fies und man wünscht ihnen die Pest an den Hals. Eben genau so, wie es sein soll.
Und wenn man nun so ein geniales Script geschrieben hat, dann möchte man natürlich auch die richtigen Leute für diese tollen Parts besetzen und wohl vor allem dafür ist „Silverado“ ja bekannt und gelobt worden. Sein Cast ist aber auch einfach herausragend und über wirklich jeden Zweifel erhaben. Leider habe ich Kevin Kline, der hier für mich die eigentliche Hauptrolle spielt und selbst unter den vier Protagonisten noch hervorsticht, noch in fast keinem anderen Film, vor allem aber in keiner der Komödien erlebt, mit denen er berühmt geworden ist, aber was er hier für eine Show abliefert, ist echt einmalig. Es muss einfach seine beste Leistung ever sein. Sensationell, wie er seinen Paden interpretiert und ihm diesen Tick Melancholie verpasst. Überragend! Und Scott Glenn und Danny Glover stehen ihm da in nichts nach. Auch sie spielen für mich die Rollen ihres Lebens und überzeugen auf ganzer Linie als Schießkünstler und menschliche Wesen. Und der Vierte im Bunde, Kevin Costner, überrascht einen total, wenn man zuvor nicht daran denken sollte, dass er während der Dreharbeiten ja noch sehr jung und gerade erst auf dem Weg war, der Hollywood-Star zu werden, der er heute ist. Ihm, den man mittlerweile natürlich mit gestandenen Charakteren verbindet, bei seinem überdrehten, jugendlichen Draufgänger-Verhalten zuzuschauen und dabei mit ihm zu lachen, ist köstlich!
Auf der Gegenseite überzeugen Ray Baker und natürlich vor allem Brian Dennehy, denn von Ersterem ist ja lange nichts zu sehen. Dennehy war ebenfalls nie besser und reiht sich in die lange Liste genialer Filmschurken ein, gleich neben Gert Fröbe, Gene Hackman oder Marlon Brando etwa. Überragend jedoch auch die Nebencharaktere und ihre Darsteller. Linda Hunt zum Beispiel muss man einfach mögen. Und Jeff Goldblum, der ja auch so vieles anderes gemacht hat, liebe ich vor allem für zwei seiner Darbietungen: Dr. Ian Malcom aus „Jurassic Park“ (natürlich!) und seinen Slick aus „Silverado“. Diese Liste ließe sich noch ein wenig fortsetzen. Aber bevor wir uns jetzt Rosanna Arquette, John Cleese oder Lynn Whitfield auch noch im Detail angucken, wiederholen wir lieber einmal grundsätzlich: Die Darsteller sind das große Aushängeschild dieses genialen Streifens.
Wenn man dann noch so tolle Shootouts geboten bekommt, wie Kasdan sie hier inszeniert hat, dann ist man als Fan restlos glücklich. Sieht aber auch einfach zu geil aus, wie Costner zum Beispiel zwei Leute mit einem Male umballert, oder wie Glenn guckt, wenn Mal Johnson ein paar Mal ganz knapp an ihm vorbeigeschossen hat. Herrlich! Und hierin begründet sich natürlich auch wieder, warum die Protagonisten alles treffen „müssen“. Sonst würde es einfach nur halb so viel Spaß machen. Den würde man auch nicht so stark verspüren, wenn John Bailey diese Schießereien nicht so großartig eingefangen hätte. Noch besser sind nur seine Shots der Landschaften, der vier nebeneinander reitenden Revolverhelden oder der riesigen, extra hierfür errichteten Western-Stadt Silverado. Der Midnight-Star-Saloon zum Beispiel ist ja wohl allererste Sahne.
Ähnlich zauberhaft ist Bruce Broughtons wunderschöne Filmmusik. Eines der besten Main-Themes, das ein US-Western je gehabt hat (die alten Klassiker geizen ja leider sehr mit sehr guten musikalischen Themen), wenn ich auch sagen muss, dass es mir fast ein bisschen zu sehr John-Williams-beeinflusst ist, was sich in dem übermäßigen Einsatz der Trompete zeigt, aber geschenkt. Seinen Zweck erfüllt dieser tolle Score allemal, denn er lässt die heroischen Gefühle, die dieser Streifen sowieso aufkommen lässt, bis ins Unendliche ansteigen.
Und so kann man diese bis dahin genialste aller US-Pferdeopern einfach nur glattweg und ohne jegliche Einschränkungen empfehlen! Lawrence Kasdans „Silverado“ ist fast so etwas wie ein in den Wilden Westen versetztes Märchen, das Hoffnung macht und den Glauben an die Freundschaft aufrechterhält (und wenn ich anfange, Märchen zu loben, könnt ihr euch sicher sein, dass es sich dabei um einen ganz außergewöhnlichen Film handeln muss). Dass dabei absolut kein Klischee ausgelassen und mit Realismus extrem gegeizt wird, dürfte niemanden stören, der die Intentionen dahinter, die Ehrung der klassichen US-Western einerseits sowie das Zurückstehen hinter den Bildern und Emotionen andererseits, erkennt. Kasdans Werk lebt nämlich gerade davon, dass er von allem ein wenig zu viel anbietet und überall ein wenig zu dick aufträgt. Seine Darsteller hingegen übertreiben es gar nicht und sind das große Aushängeschild eines mit Schauwerten nun wirklich nicht geizenden Films. Dass Kasdan es zusätzlich noch gelingt, in seinem formidablen Script auch noch ein wenig Rassismus-Kritik unterzubringen, ist die Kirsche auf der Torte. Ich sach nur: „Ich habe von Ungerechtigkeit genug.“. Und ich habe manchmal von schlechten Western genug. Genau dann schaue ich mir immer wieder dieses zeitlos schöne Relikt genialer Western-Kunst an. Danke, Lawrence Kasdan, für so eine vollendete Helden-Saga!
Zitate
[Emmett erzählt Paden davon, dass er sich am Morgen erstmal gegen ein paar Angreifer wehren musste] „Die haben Sie so mir nichts, dir nichts überfallen?“ – „Ich musste sowieso aufsteh’n…“(Emmett braucht keinen Wecker)
„So’n richtig stinkender Saloon ist mir der liebste Platz auf Erden.“(Paden gesteht Emmett seine geheimen Vorlieben)
[Paden muss auf Nachfrage zugeben, dass er gerade einer Dame einen Besuch abgestattet hat, deren Mann im Laufe des Nachmittags erst verstorben ist] „Hey Paden, ihr Alter ist noch nicht mal richtig kalt…“(Jake ordnet für Paden ein)
„Das Gesetz trampelt auf einem Menschen genauso rum wie das Vieh.“(Ezra Johnson (Joe Seneca) spürt in seinem Alter alles)
„Schon mal gesehen, was ne 44er Henry anrichtet, wenn einer damit umgehen kann?“(Mal Johnson könnte Bildungslücken schließen)
„Ich habe von Ungerechtigkeit genug.“(Mal Johnson)
„Die Welt ist das, was man daraus macht.“(Stellas (Linda Hunt) Lebensmotto)
„Das ist nicht mein Freund; er war mal mein Bruder.“(Rae Johnson (Lynn Whitfield) hat immerhin keine Gedächtnislücken)
„Also ich will euch nicht umbringen und ihr wollt nicht tot sein…“(Mal Johnson hält mit der Flinte ein paar Deputys in Schach und versucht diesen mit einfachen Worten, die Lage zu erklären)
[Paden und Cobb stehen nach dem Überfall auf Kate (Patricia Gaul) und ihre Familie vor deren brennendem Haus] „Das wird ne Untersuchung nach sich ziehen.“ – „Vielleicht übernehme ich das…“ – „Hatten wir das nicht schon besprochen?“ – „Darüber haben wir noch nicht geredet: Die haben den kleinen Jungen mitgenommen…“(Paden will nicht weiter diskutieren)
„Das war mal so ne friedliche Stadt…“(Cobb gibt sich kurz vor dem Showdown nostalgisch)
★★★★★★