Open Range
★★★★★
- Jahr: 2003
- Regie: Kevin Costner
- Darsteller: Robert Duvall, Kevin Costner, Annette Bening, Michael Gambon, Michael Jeter, James Russo, Dean McDermott, Diego Luna, Abraham Benrubi...
Story
Kurzfassung (offenes Ende)
Weil der alte Cowboy Boss Spearman (Robert Duvall) mit seiner Herde über sein Land zieht, lässt Rancher Denton Baxter (Michael Gambon) einen seiner Männer töten und einen anderen halbtot schießen. Zusammen mit seinem letzten verbliebenen Gefährten Charley Waite (Kevin Costner) will dieser nun für Gerechtigkeit sorgen und fordert Baxter zum Kampf heraus…
Kurzfassung (komplett)
Die Cowboys Boss Spearman (Robert Duvall), Charley Waite (Kevin Costner), Mose (Abraham Benrubi) und Button (Diego Luna) legen sich mit Großrancher Denton Baxter (Michael Gambon) allein dadurch an, dass sie ihr Vieh über seine Weiden treiben. Daher lässt dieser Mose erschießen und Button schwer verletzen. Boss und Charley, die Gewalt eigentlich vermeiden wollten, haben nun den Kanal voll und fordern Baxter zum finalen Duell heraus.
Zuerst hat fast niemand in dem Städtchen, über das der Rinderbaron mit seinen Leuten herrscht, den Mumm den beiden zu helfen. Nur der Arzt Barlow (Dean McDermott), seine Schwester Sue (Annette Bening) und der alte Pferdestallbetreiber Percy (Michael Jeter) unterstützen sie. Erst als nahezu alle von Baxters Männern tot sind, greift auch der Rest mit ein und hilft dabei, die Sache zu einem guten Ende zu bringen. Nachdem auch Baxter tot und die Schießerei vorbei ist, denken Waite und Spearman ans Aufhören. Sie wollen die Rinder zusammen mit Button und Percy verkaufen und danach einen Saloon aufmachen (Boss) bzw. heiraten (Charley und Sue).
Worte zum Film
menschlich, herzlich, packend; großartige Darsteller, super sympathische Charaktere, sehr gute Inszenierung; tolle Kulissen, tolle Ausstattung und wunderschöne Landschaften; klassisch, aber hübsch neu verpackt inkl. intensiver Unwetterszenen und memorablem Showdown
Bewertung
In den 2000er Jahren schien es zwischenzeitlich ja wirklich fast so, als wäre dem Western nicht mehr zu helfen. Keine Ahnung, wie es euch geht, aber ich habe aktuell (Stand: Oktober 2024) tatsächlich aus keinem Filmjahrzehnt weniger Pferdeopern gesehen als aus diesem (zumindest, wenn man das gerade laufende und die reine Stummfilmzeit weglässt). Und doch gab es zwei Streifen, über die – auch über Fankreise hinaus – jeder geredet hat: James Mangolds „3:10 To Yuma“-Remake und Kevin Costners „Open Range“. Und während „Todeszug nach Yuma“ meiner Meinung nach gerade von dieser Konkurrenzlosigkeit profitiert hat („Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford“ startete ja etwas später und über den hat eben auch gefühlt niemand geredet), wäre „Open Range – Weites Land“ sicherlich zu jeder Zeit gut aufgenommen worden. Costners dritte Regiearbeit ist nämlich von einer zeitlosen Klasse, wie sie wahrlich nicht viele Genrevertreter aufzubieten haben. Tatsächlich ist er aus meiner Sicht sogar ähnlich gut wie Clint Eastwoods „Unforgiven“ („Erbarmungslos“). Klar hat er heute nicht dessen filmhistorische Bedeutung, gerade auch, weil er keine Oscars gewonnen hat, aber wer weiß, was er hätte auslösen können, wenn er z. B. zehn Jahre später erschienen wäre?
Aber lassen wir das Kartenlegen und konzentrieren uns auf das Wesentliche: Kevin Costner hat für „Open Range“ so einiges an Qualität vor und hinter der Kamera zusammengebracht. Nicht zuletzt ist es seine sehr gute Regie, die in diesem Zusammenhang hervorzuheben ist, aber auch ansonsten macht man diesem Werk handwerklich nichts vor. Das sieht alles klasse aus und hört sich auch so an. Das Erste, was einem an diesem modernen Klassiker jedoch buchstäblich ins Auge fällt, sind seine unglaublichen, einfach nur wunderschön zu nennenden Landschaften, die J. Michael Muro mit seiner Kamera hervorragend einzufangen weiß. Und trotzdem die Geschichte, die nach einem Roman von Lauran Paine entstand, zu einem Großteil in einer Stadt spielt, sind es doch genau diese Bilder, an die man sich nach den ersten Sichtungen als erstes erinnert.
Was nicht heißen soll, dass der Rest dieses Werks keine memorablen Momente enthielte. Ganz im Gegenteil ist es bei einem Film, der ein einziges, durchgehendes Highlight darstellt, eher schwer, einzelne Szenen da noch herauszuheben. Und trotzdem: Solche sintflutartigen Regenfälle und deren gekonnten Einbau in die Story habe ich in einem Western noch nicht gesehen. Da kann man mal wieder sehen, dass die großen Spätwestern es sehr wohl schaffen, neue Perspektiven auf dieses Genre zu eröffnen. Selbst wenn sie, wie dieses Script von Craig Storper, inhaltlich nun wirklich nichts Neues zu bieten haben. Aber es sind die Kleinigkeiten, die dann den Unterschied ausmachen. (Spoiler) Ein Detail, wie das großangelegte Aufbauschen und Interessant-Machen von Kim Coates Revolverheld Butler, nur um ihn – kaum, dass er endlich auf der Bildfläche erscheint – von Costners Charley Waite sofort per Kopfschuss aus nächster Distanz hinrichten zu lassen, etwa. (Spoilerende)
Zu diesen Kleinigkeiten gehört auch die Gestaltung der beiden Protagonisten Boss Spearman (Robert Duvall) und Charley Waite (Kevin Costner). Selten hat man wohl ein sympathischeres Cowboy-Duo auf der großen Leinwand angetroffen. Zwar könnte man nun zu Recht einwerfen, dass deren Maß an Höflichkeit, Zurückhaltung und guten Manieren das eines durchschnittlichen Viehtreibers von damals höchstwahrscheinlich stark übersteigt, aber wer will Storper dafür böse sein? Meine Freundin kam aus dem Schwärmen jedenfalls gar nicht mehr heraus und hätte beide wahrscheinlich auf der Stelle adoptiert, sofern das möglich gewesen wäre. Und kann ich ihr’s verdenken? Nein – wenn man mit diesen beiden ehrbaren Männern nicht mitfiebern kann, dann weiß ich nicht, mit wem sonst. Tja, dieses menschliche Element durchzieht Costners Filme eben (vgl. „Der mit dem Wolf tanzt“ und „Horizon“) und das ist aus meiner Sicht verdammt gut so!
Sehr gut auch sein Bemühen, um eine möglichst realistische Darstellung der damaligen Verhältnisse. Nicht nur die Unwetter machen hier was her, sondern auch die so wichtige Stadt (was für eine Kulisse, bei der man merkt, dass die Erbauer das berühmte Bild der Main Street von Deadwood 1876 sehr genau studiert haben) oder die Schusswechsel, bei denen lange nicht jeder Schuss trifft.
So kann auch keine Rede davon sein, dass „Open Range“ in irgendeiner Form zu lang wäre. Und doch ist seine denkwürdigste Sequenz, die ich oben noch gar nicht erwähnte, gleichzeitig auch seine angreifbarste. Die Rede ist natürlich von dem wirklich grandiosen Showdown, auf den hier fast zwei Stunden lang alles hinausläuft. (Spoiler) Denn warum muss in diesem ausgerechnet der halbtote Button (Diego Luna) noch mitmischen wollen? Der bringt seine Leute damit doch nur unnötig in Bedrängnis (ebenso wie Sue Barlow (Annette Bening), aber bei der kann man das schon irgendwie nachvollziehen). Ebenso verhält sich auch Oberfiesling Denton Baxter (Michael Gambon) in diesem nicht immer logisch. (Spoilerende) Und doch wird man nicht umhin kommen, die inszenatorische Klasse und brachiale Wucht dieser Szenen zu würdigen und so letztendlich mit Leichtigkeit darüber hinwegzusehen. Ebenso verfährt man dann auch mit dem Rest dieses Streifens, der danach vielleicht ein kleines bisschen zu lange braucht, um auserzählt zu werden, aber wer wenn nicht Kevin Costner darf sich das am Ende eines solchen Wild-West-Monuments erlauben?
Bei so viel Qualität nehmen sich die Darsteller natürlich keinesfalls aus. Costner selbst ist wie so oft großartig, Annette Bening macht das ebenfalls klasse, Michael Gambon, der stets auf der Kante zum Overacting agiert, ist daher vielleicht noch der schwächste der wichtigsten Akteure (aber eindrucksvoll) und der Supporting Cast um Diego Luna, Abraham Benrubi, James Russo, Dean McDermott und Co. steht dem kaum in etwas nach. Aber über allen thront Robert Duvall! Ich weiß nicht, die wievielte grenzgeniale Leistung das von ihm in diesem Genre schon ist, aber es waren über die Jahre so einige und oft hat man das Gefühl, dass er mit der Zeit immer nur noch besser geworden ist. In jeder Hinsicht nobel sowie nachvollziehbar daher von Costner, dass er Duvall überall an Platz eins gesetzt hat – auch, wohl entgegen der vorherigen Planungen des Studios, auf der Gehaltsliste. Ein Sonderlob muss man allerdings noch Michael Jeter aussprechen, von dem Costner nicht zu Unrecht behauptet, er stehe in der Tradition großer „Bessermacher-Schauspieler“ wie Walter Brennan oder Ward Bond. Schade, dass er hiernach so schnell verstorben ist.
Und so erschuf Kevin Costner mit „Open Range – Weites Land“ einen hervorragenden Western, von dem man nur aufgrund des Zeitpunktes seines Erscheinens davon ausgehen musste, dass er kein Erfolg werden würde. Schönerweise hat das Kinopublikum seinerzeit jedoch trotzdem dafür gesorgt, dass aus diesem Streifen ein Überraschungshit wurde (in so gut wie jedem anderen Jahrzehnt hätte Costner sich hiermit wahrscheinlich sogar noch mehr ausrechnen können) – und aus „Open Range“ quasi aus dem Stand ein moderner Klassiker. Und der ist Costners zweiter Genrebeitrag allein schon aufgrund seiner großartigen Darsteller, seiner tollen Inszenierung, sowie seiner wunderschönen Landschaften und Bauten auch völlig zu Recht. Das I-Tüpfelchen ist jedoch Craig Storpers Drehbuch. Dieses kleine, leise, menschliche Drehbuch mit diesen super sympathischen Charakteren, das zum Ende hin förmlich explodiert. Einfach perfekt! Und das sehe nicht nur ich so. Bisher ist mir noch niemand untergekommen, der „Open Range“ nicht wenigstens ein bisschen was abgewinnen könnte. Eine Pferdeoper mit „Gefall-Garantie“ sozusagen. Wie viele gibt es davon? Für mich ist Kevin Costners dritte Regiearbeit hingegen schlicht einer der besten Western aller Zeiten!
Zitate
„Hast du schon mal so nen Regen erlebt?“ – „Nicht seit Noah und der Sintflut.“ – „Du musst es ja wissen, Boss, du warst ja dabei.“(Mose ist ganz schlecht im Schätzen des Alters)
[Charley bricht eine Poker-Partie der Cowboys ab, nachdem Button in Moses Karten geguckt hat] „Das Vertrauen eines Menschen ist kostbar, Button. Du solltest es nicht wegen ein paar Karten aufs Spiel setzen!“(Boss Spearman vertraut Button kostbare Weisheiten an)
„Wenn du dir schon wie n Affe die Füße laust, dann mach’s da, wo wir’s nicht riechen!“(Boss Spearman beweist gegenüber Button ein feines Näschen)
[Charley befördert Button aus heiterem Himmel mit einem Fußtritt vom Pferd] „Warum hast du das getan?“ – „Du hast falsch gespielt!“(Charley Waite beweist gegenüber Button ein gutes Gedächtnis)
[Boss und Charley wollen ihren Freund Mose aus dem Gefängnis holen] „Zahlen Sie die Strafe und er kann gehen. Wie klingen 50 Dollar für jedes Vergehen?“ – „Wie Diebstahl!“(Charley Waite beweist gegenüber Denton Baxter auch noch ein gutes Gehör)
„Ich hab kein Problem einen umzulegen – hatt‘ ich nie…“(Charley Waite plaudert gegenüber Boss aus dem Nähkästchen)
[Charley und Boss stehen an Moses Grab] „Wir sollten ein paar Worte sagen.“ – „Du willst mit dem Herrn da oben reden? Nur zu! Ich bleib hier stehen und nehm‘ auch den Hut ab, aber reden werd‘ ich nicht mit dem Mistkerl. Ich bin stinksauer auf ihn, weil er zulässt, dass einem Menschen wie Mose so was zustößt.“(Boss Spearman fällt angesichts von Moses Tod fast vom Glauben ab)
„Für Sie zu arbeiten scheint ungesund zu sein.“(Sue Barlow würde Boss‘ Männer nicht krankenversichern)
[Boss und Charley verlassen nach einer verbalen Auseinandersetzung mit dem Sheriff den Saloon der Stadt] „Wie hat dir meine Ansprache da drinnen gefallen?“ – „Sehr schön.“ – „Vielleicht sollte ich als Bürgermeister kandidieren…“ – „Kandidieren dürfen aber nur Leute, die noch leben…“(Charley Waite weist Boss auf das Kleingedruckte der örtlichen Kommunalwahlverordnung hin)
„Es gibt Dinge, die sind für einen Mann schlimmer als der Tod.“(Charley Waite hat mit beginnendem Haarausfall zu kämpfen)
★★★★★