Winnetou - Der letzte Kampf
★★★ +++
- Jahr: 2016
- Regie: Philipp Stölzl
- Darsteller: Nik Xhelilaj, Wotan Wilke Möhring, Michael Maertens, Iazua Larios, Milan Peschel, Sebastian Cavazza, Pedrag Bjelac, Georg Friedrich, Henny Reents...
Story
Als er in Roswell rein zufällig länger als geplant Station macht, wird Frederick Louis Santer Jr. (Michael Maertens) Zeuge, wie Old Shatterhand (Wotan Wilke Möhring) auf dem ihm von den Apachen überlassenen Land eine riesige Ölquelle entdeckt. Ab sofort setzt der Ganove alles daran, Shatterhand dieses Land abzunehmen…
Worte zum Film
gute Darsteller, großartige Landschaften, gute Optik; wieder düsterer und realistischer als Teil 2; knüpft direkt an Teil 1 an; inhaltlich la-la, atmosphärisch überzeugend
Bewertung
Die Wandlungsfähigkeit des damaligen „TV-Events“ „Winnetou – Der Mythos lebt“ ist schon erstaunlich. Obwohl mit einem eigentlich unmöglichen Auftrag gestartet, überzeugte der erste Teil, „Winnetou – Eine neue Welt“, völlig überraschenderweise als realistisch-düstere Neuinterpretation der legendären Karl-May-Stoffe und weckte damit absolutes Interesse. Teil zwei, „Winnetou – Das Geheimnis vom Silbersee“, hingegen war dann ebenso unerwartet eine völlige Abkehr von dieser Formel und bot als alberne Wildwest-Telenovela mit Mystery-Elementen genau das, wovor man sich schon beim Vorgänger gefürchtet hatte. Und Teil drei, „Winnetou – Der letzte Kampf“? Von diesem durfte man dann auch nicht unbedingt erwarten, dass er die letztgenannte Entwicklung sogleich wieder aufheben würde. Aber genau das tut er. Er macht genau da weiter, wo „Winnetou – Eine neue Welt“ aufgehört hatte, und tut damit geradezu so, als hätte es diesen ärgerlichen Mittelteil gar nicht gegeben. Das kann man nun erneut sehr merkwürdig finden (denn das ist es in der Tat) und sich den Kopf darüber zerbrechen, wozu es den vor diesem Hintergrund endgültig überflüssig gewordenen „Winnetou – Das Geheimnis vom Silbersee“ überhaupt gibt… Oder aber man nimmt das einfach mal so hin und freut sich darüber, dass Regisseur Philipp Stölzl und Drehbuchautor Jan Berger ihren Dreiteiler dann doch wesentlich würdevoller enden lassen wollten, als das nach diesem Ausflug an den Silbersee den Anschein hatte.
Entsprechend ist die Optik hier wieder eine wesentlich düsterere als noch im direkten Vorgänger. Ja, sie ist sogar düsterer als in „Winnetou – Eine neue Welt“. Eigentlich sollte das jedoch niemanden verwundern, schließlich stand hierfür „Winnetou III“ Pate und was in diesem geschieht, dürfte jedem Zuschauer hinlänglich bekannt sein. Zwar kann man auch „Winnetou – Der letzte Kampf“ keinesfalls eine Romanadaption nennen, aber Film und Buch teilen sich eben genau das: (Spoiler) die Namen der Hauptfiguren, inklusive Santer, und Winnetous Tod. (Spoilerende) Folglich ist auch die Stimmung quasi ab Minute eins wesentlich bedrückender (den Vergleich mit Teil 2 lassen wir in diesem Fall lieber gleich ganz) und geht es den Figuren hier stellenweise wirklich an den Kragen. Da sind so einige äußerst brenzlige Situationen dabei.
Realistischer als „Winnetou – Das Geheimnis vom Silbersee“ ist das Ganze ebenfalls geraten, wenngleich man das diesbezüglich sehr angenehme und eigentlich auch angebrachte Niveau eines „Winnetou – Eine neue Welt“ leider nicht mehr erreicht (und wohl auch nicht mehr erreichen wollte). (Spoiler) Ob nun eine sehr schnelle Enteignung von Apachenland, das diesen vom Präsidenten gerade erst zugesichert wurde, durch einen einfachen städtischen Richter, die Kampfhütte der Comanche, weil man unbedingt auch einen Zweikampf wie in den guten, alten Rialto-Klassikern zeigen wollte (dieser hat’s dann aber immerhin in sich), oder – die absolute Kirsche auf der Torte der Unglaubwürdigkeit – Old Shatterhands Ernennung zum Stammesführer am Ende (Spoilerende) – da sind so einige Momente dabei, in denen Authentizität keine große Rolle mehr spielt. Vielleicht brauchte man Teil zwei vorher auch dafür. Damit man als Zuschauer froh ist, dass es sich dabei um vergleichsweise kleine Momente handelt und nicht die ganz großen Schoten gerissen werden. Für mich geht das so weit auch in Ordnung, allerdings hätte Jan Berger sich hier und da schon ein wenig mehr Eigeninitiative zutrauen können. Sein Script ist erneut einfach nur zusammen-, äh, zusammengetragen sagen wir mal und wirkt dadurch irgendwie generisch. Der letzte Feinschliff, ein wenig Mumm, das Herz, das alles fehlt ein bisschen.
Immerhin aber bietet „Winnetou – Der letzte Kampf“ als einziger Teil der Trilogie endlich mal einen ernstzunehmenden Bösewicht! Wobei man auch dabei attestieren muss, dass Michael Maertens nicht wegen, sondern trotz Bergers Drehbuch überragend ist. Dieses dichtet seinem Frederick Louis Santer Jr. nämlich erneut einen Tick an – ohne machen es Bergers Fieslinge ja nicht. In diesem Fall ist es die Liebe, nein die Obsession, fürs Theater und daraus folgend der Spleen, auch sein eigenes Leben regelmäßig als ein Bühnenstück zu begreifen. Ist jetzt auch nicht ganz neu, die Idee. Allerdings gelingt es Maertens diese Eigenschaft glaubhaft zu spielen, ohne ins Lächerliche abzurutschen. Eine große Leistung, die es ihm ermöglicht, aus diesem Santer, der zudem noch von einem Vater-Komplex gezeichnet ist, ein richtiges, gefährliches Arschloch zu machen. Dass dadurch der Antagonist die schillerndste Figur dieses Streifens ist, macht jedoch nichts aus, da Wotan Wilke Möhring als Old Shatterhand mit langen Haaren (sieht gar nicht mal schlecht aus) und Nik Xhelilaj beide vielleicht sogar ihre jeweils beste Leistung dieses Dreiteilers auspacken und Maertens zusammengenommen somit durchaus Paroli bieten können. Zwar mag es auch an der Gewöhnung liegen, aber man nimmt beiden ihre Rollen (weiterhin) bedenkenlos ab.
Ihnen zur Seite stehen dieses Mal mit Predrag Bjelac (in einer wesentlich größeren Rolle als in Teil eins) und vor allem Sebastian Cavazza ziemlich eindrucksvolle Indianer-Darsteller. Iazua Larios ist ebenfalls weiterhin gut (und knutscht wirklich leidenschaftlich mit Wotan Wilke Möhring; so, wie sich das gehört) und auch Henny Reents nimmt man ihre Rolle ab. Milan Peschel halte ich allerdings weiterhin für fehlbesetzt. Und auch Mario Adorf mit (merklich) immerhin bereits 85 Jahren wieder „zurückzuholen“ hätte aus meiner Sicht nicht unbedingt Not getan, aber der Grundgedanke dahinter ist natürlich ein netter. Wer dafür trotz seines Kurzauftritts bleibenden Eindruck hinterlässt, ist Georg Friedrich mit seiner rotzigen Wiener Schmäh – und hier kann man ihn sogar verstehen.
Alles in allem fährt „Winnetou – Der letzte Kampf“ das eindeutig beste Ensemble der TV-Trilogie „Winnetou – Der Mythos lebt“ auf. Da auch Regisseur Philipp Stölzl und Kameramann Sten Mende bei ihrer mittlerweile gewohnt edlen Optik bleiben (und Kroatiens Landschaft selbstverständlich ebenfalls weiterhin zum Schwärmen einlädt), gibt es handwerklich an diesem letzten Teil nichts zu meckern. Die Rückkehr zu einem realistischeren und düstereren Ansatz, ist ebenso mehr als zu begrüßen. Leider weiß Drehbuchautor Berger inhaltlich quasi gar keine Akzente zu setzen. Sein Antagonist beeindruckt nur, weil Maertens ihn überragend verkörpert, sein Zweikampf beeindruckt nur, weil Stölzl ihn sehr gut umsetzt, und sein Ende beeindruckt fast gar nicht. Und so ist es die wirklich gelungene Atmosphäre, die diesen Beitrag hier zusammenhält. Dank ihr dürft ihr euch nach Ansicht dieses Trilogie-Abschlusses fragen, ob dieser oder doch der Erstling „Winnetou – Eine neue Welt“ besser war. Denn wenn dieser drei Sterne und drei Plus verdient (was er definitiv tut), verdient „Winnetou – Der letzte Kampf“ diese eindeutig auch. Nur den Mitteilteil „Winnetou – Das Geheimnis vom Silbersee“ hätte niemand gebraucht. Als Zweiteiler wäre dieses „TV-Event“ sicherlich ein noch besseres geworden. Aber selbst so muss man zugeben, dass hier wesentlich Besseres geleistet wurde, als man es sich im Vorfeld auch nur zu träumen gewagt hätte. Und Kassler mit Sauerkraut gibt’s noch obendrein! Von daher… Kann man sich ruhig mal angucken.
Zitate
„Dir könnte die Welt gehören, mein Junge.“ – „Aber du hast mir ja nichts von ihr übrig gelassen.“(Frederick Louis Santer Jr. sollte man mal einen Globus schenken)
„Sie wissen nicht zufällig n französisches Restaurant mit einer reichen Auswahl an Absinth-Likören hier in der Nähe von Roswell?“(Frederick Louis Santer Jr. sollte man mal einen Restaurant-Führer schenken)
„Leute zu erschießen ist so viel leichter mit einem Blechstern an der Brust.“(Frederick Louis Santer Jr. weiß um die beruhigende Wirkung von Metall)
„Blut ist billig, Öl ist teuer.“(Frederick Louis Santer Jr. studiert den örtlichen Einzelwarenhandel)
„Lieber brenne ich einmal lichterloh als langsam zu verglimmen…“(Frederick Louis Santer Jr. bietet sich als menschliche Fackel an)
„Sie sind ein Erpresser und ein Bandit, Mr. Shatterhand.“ – „Willkommen in Amerika.“(Old Shatterhand gibt für Frederick Louis Santer Sr. den Türsteher zur neuen Welt)
★★★ +++