Rio Lobo

Rio Lobo

★★★ +++

  • Jahr: 1970
  • Regie: Howard Hawks
  • Darsteller: John Wayne, Jorge Rivero, Jennifer O’Neill, Jack Elam, Christopher Mitchum, Victor French...

Story

Auch nachdem der Bürgerkrieg schon vorbei ist, sucht Ex-Nordstaaten-Colonel Cord McNally (John Wayne) immer noch nach zwei Verrätern aus seiner ehemaligen Truppe, die ihn und die Union herbe Verluste gekostet haben. Hilfe findet er bei Ex-Südstaaten-Captain Pierre Cordona (Jorge Rivero) und dessen rechter Hand Ex-Sergeant Tuscarora Phillips (Christopher Mitchum), die von diesem Verrat während des Krieges profitierten. Letzterer betreibt nämlich eine kleine Ranch bei Rio Lobo und dort versucht gerade eine üble Bande unter der Leitung eines gewissen Ketchams (Victor French) alles Land an sich zu reißen. So geschieht es auch, dass Tuscarora ohne erkennbaren Grund ins Gefängnis gesperrt wird. McNally und Cordona eilen zur Hilfe. Unterwegs erschießen sie noch den ersten der beiden von McNally Gesuchten (denn natürlich stecken genau diese beiden hinter den kriminellen Aktivitäten) und lesen die schöne Shasta Delaney (Jennifer O’Neill) auf. Dann aktivieren sie Tuscaroras alten Valter (Jack Elam) und nehmen Ketcham als Austauschgefangenen fest. Der entpuppt sich natürlich als der zweite längst Gesuchte. Mit ihm verschanzen sie sich im Gefängnis der Stadt und wollen warten bis die Armee eintrifft, die Cordona holen sollte. Allerdings gerät der jetzt in die Hände der Gauner und so muss doch ein Austausch stattfinden. Aber natürlich sind die Guten mal wieder wesentlich schlauer und können bei diesem letzten Gefecht alle Bösewichter ihrer gerechten Strafe zuführen.

Worte zum Film

ziemlich witzige, umständlich eingeleitete und von Hawks teilweise ungewohnt schwach inszenierte, zweite Neuauflage von „Rio Bravo“; nette Nebendarsteller unterstützen einen erneut überragenden John Wayne; weiß nicht so recht, was er denn nun sein will; schlussendlich aber noch kurzweilig und unterhaltsam genug

Bewertung

Zum Film:

Klassisch, witzig, gut. Das sollen die Worte sein, mit denen man ein Review zu einem Howard-Hawks-Film und ganz besonders eines zu einem Howard-Hawks-Western mit John Wayne in der Hauptrolle einleitet. Und auch „Rio Lobo“ erfüllt all diese Kriterien am Ende noch in ausreichender Weise, kann aber – im Gegensatz zu seinem Vorgänger „El Dorado“ – meine in der dortigen Bewertung aufgestellte Behauptung über die Qualität der Werke seines Regisseurs nicht noch weiter untermauern. Hawks letzter Streifen ist leider nicht sein bester. Klar, das war so auch nicht zu erwarten (denn auf welchen Filmemacher trifft das schon zu?), aber obwohl dieser am Ende eine ganz nette Angelegenheit geworden ist, hätte man sich unter dem Strich doch ein wenig mehr erhofft. „Rio Lobo“ lässt aber deutlich erkennen, dass es des Meisters letzter Versuch war, er selbst offensichtlich nicht mehr auf der Höhe seines Schaffens und teilweise reichlich ideenlos. Er ist nicht mehr der große, klassische Western, den „El Dorado“ vier Jahre zuvor noch dargestellt hat, sondern eine sehr plumpe Neuverfilmung von eben diesem und „Rio Bravo“, die – nachdem die beiden Vorgänger so gut waren – nun lange nicht mehr so überzeugen kann.

Und das ist natürlich gerade aufgrund der Tatsache sehr schade, dass es eben Hawks letzter Film war. Sein Vermächtnis ist selbstverständlich immens; „Rio Bravo“ wird neben „The Searchers“ immer der große US-Western-Klassiker schlechthin sein und auch „El Dorado“, „The Big Sky“ und „Red River“ wird man immer nennen müssen, wenn es um die ganz großen Vertreter geht, aber mit so einem Film wie „Rio Lobo“ seine Karriere zu beenden, ist für jemanden wie Hawks echt mehr als schade und stellenweise sogar ein wenig kläglich. Denn hierbei stimmt doch so einiges nicht. Und das fängt (selbstmurmelnd) beim Drehbuch der sonst so verlässlichen Leigh Brackett an, die dieses Mal Unterstützung von Burton Wohl bekam, dessen Geschichte man zusammen für die große Leinwand aufbereitete. Ich weiß jetzt nicht, wer von den beiden bei diesem Prozess inwieweit das Sagen hatte. Man möchte natürlich vermuten, dass Wohl das Endergebnis in diesem Fall maßgeblich zum Schlechteren beeinflusst hat, aber das ist im Endeffekt ja auch ziemlich Banane. Fakt ist jedenfalls, dass das Duo dieses Mal offensichtlich jeden wissen lassen wollte, dass es sich hier mit Sicherheit nicht um einen neuen Film handelt, sondern erneut um einen Streifen, der Elemente aus „Rio Bravo“ und „El Dorado“ miteinander kombiniert und sie ziemlich ungeschickt wieder zusammensetzt.

Das einzig Neue hieran (nach dem ziemlich grauseligen Vorspann) ist der Auftakt, der während des Bürgerkriegs angesiedelt ist und uns die drei Hauptakteure Cord McNally, Pierre Cordona und Tuscarora Phillips vorstellt sowie diese zusammenführt. Aber leider heißt neu hier nicht gleich gut, da diese Einleitung völlig umständlich und zeitraubend ist (Letzteres wohl mit ein Grund, warum sie überhaupt so geschrieben und gedreht wurde). Und sie hätte auch überhaupt nicht Not getan. Man hätte auch gleich mit der Szene im Gefangenenlager der Nordstaaten, in der Cordona und Phillips entlassen werden, anfangen und Wayne uns bei dem folgenden Gespräch die Sachlage erklären lassen können. Das wäre wesentlich kürzer, praktischer und nervenschonender für den Zuschauer gewesen, weil diese Einleitung, so wie sie jetzt existiert, mit dem Film an sich so gut wie nichts zu tun hat und wie gesagt nur dazu dient, ihn in die Länge zu ziehen. Wer guckt sich sowas schon gerne mit an? Nun kann man natürlich dagegen halten, dass dieses Intro es Hawks ermöglicht, auf den letzten Drücker sozusagen endlich auch mal ein paar Bürgerkriegsszenen abzudrehen (und seinen berühmtesten Star jetzt auch endlich mal als Kavallerie-Offizier abzulichten, wie Kollege Ford es vor ihm schon ein paar Mal getan hatte) und dass die Methode, mit der die Südstaatler hier einen Goldtransport der Yankees überfallen, sehr interessant und gelungen ist, aber das allein ist für mich noch keine Rechtfertigung uns so lange über die eigentliche Geschichte im Unklaren zu lassen. Zumal diese dann ja auch wie gesagt einem klassischen Strickmuster à la „Rio Bravo“ entspricht und diese einleitenden Sequenzen so auch nie richtig zum übrigen Teil des Films passen wollen. Ich zumindest hab das Ding jetzt bereits drei Male gesehen und nie hat das geklappt. Viel schlimmer noch: Im Wissen um den restlichen Teil des Streifens kommen einem diese mit jedem Mal überflüssiger vor. Hätte man diese weggelassen, hätte man „Rio Lobo“ schon mal eine ganz andere Kompaktheit gegeben, die seine Qualität merklich gesteigert hätte (und seine Kosten merklich gesenkt, schätze ich mal).

Den zweiten Schwachpunkt dieses Drehbuchs sprach ich schon an. Mir lag es nämlich fern, nachdem man die Story von „Rio Bravo“ schon bei „El Dorado“ nur variiert hatte, dieser Streifen aber trotzdem auf ganzer Linie überzeugte, nun noch einmal den gleichen Inhalt erneut variiert zu sehen zu bekommen. Aber genau das haben Brackett und Wohl hier getan. Sie tischen uns noch einmal die komplette Chose auf und hoffen, dass allein Waynes Auftreten und Hawks Regie den Streifen besonders machen und die Fans zufrieden stellen werden. Und ja, Hawks ist zwar wie gesagt nicht mehr ganz auf der Höhe, aber sein Hauptdarsteller spielt erneut prächtig auf und so bin ich am Ende ja schon zufrieden, aber etwas Besonderes ist „Rio Lobo“ dadurch nun wirklich nicht. Und je nachdem, wie so mein Gesamtbefinden ist, wenn ich diesen Film in den Player lege, kann ich mich hierbei stellenweise sogar richtig langweilen, aber dazu später mehr.

Hinzu kommt nämlich noch, dass uns unsere beiden Drehbuchautoren dieses Mal doch tatsächlich des Öfteren für dumm verkaufen wollen und der Grundplot an sich hier der Unrealistischste der drei Streifen ist. (Spoiler) Denn es ist doch völliger Blödsinn, dass da auf einmal ein starker Typ des Weges kommt, alles Land der Umgegend aufkauft, einen Sheriff einsetzt, nur das tut, was er denkt, damit gegen alle Gesetze verstößt und die Armee, die anscheinend nicht weit weg sein kann, davon so gar nichts mitbekommt beziehungsweise überhaupt niemand sich dort beschwert. Tuscarora wird zum Beispiel wegen angeblichen Pferdediebstahls verhaftet, um seinen Vater zum Verkauf von dessen Ranch zu „überreden“. Kein Mensch hat irgendwelche Beweise oder kümmert sich darum, ob es welche gibt, aber es ist anscheinend auch allen egal. Da fragt man sich dann doch, warum Bandenchef Ketcham nicht schon längst zu diesem Mittel gegriffen hat und vor allem, wie wenig Leute da eigentlich wohnen sollen. Denn wenn einer so offensichtlich den Bösen spielt wie Ketcham hier, kann das nicht lange gut gehen. Sonst sind die Bösen ja eher hinten herum böse und nicht für jedermann sichtbar, aber Ketcham hier stellt sich in der Hinsicht ja regelrecht bescheuert an. Lässt seine Deputys eine Zeugin ganz offensichtlich bis in den Bezirk des nächsten zuständigen Gesetzeshüters verfolgen und so diesen auch noch auf die Geschehnisse vor Ort aufmerksam werden (natürlich tut auch der nix, der ist ja auch schon einen Tag älter, aber eigentlich…). Dass sich da mal einer mit Recht auflehnt, müsste doch schon lange vorgekommen sein (vor allem, wenn ich sehe, wie viele Leute die am Ende zusammen kriegen, um McNally, Cordona und Co. zu helfen). Aber nein, ganz im Gegenteil, hier ist die ganze Ortschaft vollkommen eingeschüchtert, weil Ketcham ja angeblich an jeder Ecke Leute postiert hat, die die ganze Stadt überwachen (und womöglich auch das komplette Umland). Da wird eine total paranoide Szenerie von gemacht und wenn es dann hart auf hart kommt und der obligatorische Gefangenen-Austausch am Ende gemacht werden soll, wie viele Leute haben Ketcham und sein Helferlein Sheriff Tom Hendricks dann? Eine Handvoll, wenn’s hoch kommt… Also da stimmen doch die Proportionen überhaupt nicht. Aber immerhin soll es dieses Mal, wenn es nach Waynes Charakter Cord McNally geht, eigentlich gar nicht zu dem Austausch kommen, weil er dieses Mal doch tatsächlich vorher schon begreift, dass eine Herausgabe des größten Pfandes, das man besitzt, bei der dargestellten Allgewalt der Spitzbuben nur dazu führen kann, dass diese nun absolut keinerlei Hemmungen mehr haben werden, einen nach dem anderen der Guten umzupusten. Seinen Plan mit der Armee, die zur Hilfe kommen soll, weiß das Drehbuch allerdings geschickt zu vereiteln… (Spoilerende)

Allerdings kann man sich nun gerne darüber aufregen und je nach Gemütszustand habe ich das in der Vergangenheit auch getan oder nicht, aber am Ende muss man dann doch zu dem Schluss kommen, dass das in diesem Fall ziemlich sinnlos ist. Denn „Rio Lobo“ ist auch der augenzwinkerndste und am wenigsten ernst gemeinte Streifen der Trilogie. Nur so ist nämlich diese ganze übertriebene Szenerie zu erklären und nur so kann man einen Charakter wie Jack Elams alten Philipps, der zwar eine Menge Humor reinbringt, aber natürlich hoffnungslos überzeichnet ist, rechtfertigen. Am besten zeigt sich das dann in den Action-Sequenzen. Da ist es so, dass McNally und Cordona ihre Gegner, wenn sie sie fertig machen, fast immer nur betäuben und nicht töten. Könnte man in nem wirklich ernst gemeinten Film auch nicht bringen. Und spätestens, wenn der alte Philipps vor einem Angriff auf Ketcham voller Enthusiasmus diesen seinen Gegnern damit ankündigt, dass er eine leere Whiskeyflasche quasi als Startschuss in der Prärie zerschellen lässt und McNally kurze Zeit später Hühner zu fliegenden Waffen macht, hätte sicherlich auch der Letzte begriffen, dass es hier eher um den Spaß als um eine große, klassische Geschichte geht. (Spoiler) Das gibt der Streifen kurz vor Schluss sogar selbst zu. Da weist Cord McNally den alten Philipps nämlich darauf hin, dass eine Schrotflinte im finalen Shootout auf die Entfernung nichts nutzen kann. Dieser erwidert darauf: „Das weiß ich selber, aber ballern macht Spaß.“. Aha. Sorry, aber so weit hinabsteigen hätte man nicht müssen… Aber genau aus diesem Grunde gibt es hier auch nicht solche Rückschläge wie in „Rio Bravo“ oder „El Dorado“, nach denen die Protagonisten erstmal schön in der Scheiße sitzen (ein solcher wird zwar durch den Frenchy-Catch der Gegenseite versucht reinzubringen, verpufft aber völlig, da das unseren Helden überhaupt nichts ausmacht und die den Shootout aber so was von locker gewinnen, dass es nach dem großen Fass, was man zu Beginn aufgemacht hat, fast schon zum Heulen ist), sondern alles klappt irgendwie wie am Schnürchen. (Spoilerende)

Damit wollte man wohl dem Zeitgeist entsprechen. Schließlich war die Zeit der großen Epen 1970 bereits um. Entweder machte man raue, realistische Western (und in diese Kategorie kann man „Rio Lobo“ eben eindeutig nicht stecken) oder augenzwinkernd-emanzipierte. Hier setzte man also auf letztere Karte, wusste aber leider nicht so ganz genau, was man denn nun eigentlich wollte. Und viel schlimmer noch: Vor allem wusste Legende Howard Hawks nicht genau, was er wollte. Seine Regie lässt hier sowieso teilweise deutlich zu wünschen übrig und hat viel von ihrem ehemaligen Charme verloren. So gelingt ihm nicht nur sein Farbspiel nicht so gut wie sonst, sondern sind auch seine Faustkämpfe doch ziemlich schlecht choreografiert, inszeniert, geschnitten und gefilmt. Das Schlimmste aber ist, dass auch er sich nicht entscheiden kann, was er eigentlich will. Denn an sich hätte ja auch „Rio Lobo“ noch einmal eine urklassische Pferdeoper werden sollen, die nicht nur storymäßig, sondern auch optisch an ihre beiden Vorgänger erinnert. Zumindest hat Hawks hier größtenteils so inszeniert. Zwar nicht so stark und bildgewaltig wie sonst, aber es geht. Henry Hathaway hätte das auch nicht besser hingekriegt. Diese Bildsprache kombiniert mit dem doch sehr humoristischen Grundton stößt einem schon mal auf, löst alleine aber noch keine Magenschmerzen aus. Manchmal allerdings bricht Hawks dann gänzlich aus diesem eigenwilligen Schema aus, nur um dem Zeitgeist noch auf andere Weise ein wenig gerecht zu werden und stellt sich damit selbst ein Bein. Denn warum muss „Rio Lobo“ z. B. blutiger werden als seine Vorgänger? Hätte gar nicht notgetan und meistens wie gesagt lässt Hawks seine Protagonisten ihre Gegner auch nur betäuben, aber vor allem beim finalen Shootout setzt er auf Blutbeutel und roten Sand; anscheinend nur, weil das 1970 ja so der Stil war. (Spoiler) Ebenso wie Sherry Lansings Mexikanerin hier kurz vorm Finale unbedingt noch einmal das Gesicht zerschnitten bekommen und man uns das unbedingt in aller Deutlichkeit zeigen muss. Machte man damals ja so, dachte sich der Altmeister wohl. (Spoilerende) Aber entweder hätte er dann alles so blutig inszenieren oder diesen Quatsch ganz lassen und nur sich selbst treu bleiben sollen (was ich bevorzugt hätte). So sehen diese „heftigen“ Szenen aus wie gewollt und nicht gekonnt und das kann man sich bei Hawks ja nur sehr schwer vorstellen, oder?

Und so verhält es sich im Übrigen beim Script stellenweise auch, das hier grundsätzlich tatsächlich auch im weiblichen Sinne ziemlich emanzipiert ist (denn so hatte ich das Wort eben logischerweise nicht unbedingt gemeint). So ist Shasta Delaney die Frau der gesamten Trilogie, die am ehesten ihre Reize für sich zu nutzen und die Männer auf Abstand zu halten weiß, wenn sie das will. Damit ist sie von einer Hannie Caulder z. B. gar nicht so weit weg. Dem entgegen stehen aber einige ziemlich schwachsinnige Augenblicke, in denen Sherry Lansings Amelita hier völlig notgeil agiert, wenn sie halbnackt im Raum steht und Frenchy irgendwelche Avancen macht (was später überhaupt nicht ihrem Typ zu entsprechen scheint). Oder ebenso das sehr seltsame und völlig unpraktische Outfit von Tuscaroras Freundin María Carmen, das sehr viel nackte Haut durchgucken lässt und anscheinend auch nur deswegen seinen Einsatz findet. Schließlich waren andere Pferdeopern dieses Jahrgangs da seinerzeit auch schon sehr viel weiter. Da musste man ja versuchen, wenigstens ein wenig was entgegen zu setzen, hat man sich mit diesen Albernheiten wohl gedacht. Aber hierfür gilt wie gesagt das gleiche wie für Hawks Versuch mit der Gewalt: Man hätte sich selbst treu bleiben sollen. Der Meister und seine beste Autorin zeigen hier einfach zu offensichtlich, dass es mit ihren Qualitäten zur Neige ging und sich das im Wissen um ihre anderen großartigen Arbeiten mit angucken zu müssen, fiel mir als riesigem Hawks-Fan mitunter recht schwer.

Und so helfen dem Streifen seine größtenteils vernünftigen schauspielerischen Leistungen sehr dabei, solche Unsauberkeiten schnell wieder vergessen zu machen. Und das ist mal wieder vor allem John Waynes Verdienst, da er wie immer bestens aufgelegt ist und sowohl als „Teufel“ als auch als „Wärmflasche“ eine sehr gute Figur macht. Der ihm zur Seite stehende Jorge Rivero verblasst gegen den alten Haudegen da völlig. Er hat ja auch sonst nichts Großes gedreht (ok, im selben Jahr war er noch in Ralph Nelsons „Soldier Blue“ zu sehen, aber ansonsten?) und dass das so ist, verwundert einen nach dem Anschauen seiner Performance hier gar nicht. Ein völlig belangloses Jungspund-Gesicht, ein ehrlich gesagt ziemlich unansehnlicher, Muskelprotz ist er gewesen, der hier zwar weit weg von einem Totalausfall ist, es einem ob eben genannter Nachzüge allerdings nicht gerade einfach macht, seinen Charakter zu mögen. Sein Auftritt in diesem Film unterstreicht einmal mehr Hawks mitunter ziemlich seltsame Besetzungspolitik, die ich oft nicht verstehen kann. Weitere Kostproben dieser bieten die Mexikanerinnen Susana Dosamantes und Sherry Lansing sowie die Oberbösewichter Victor French alias Ketcham und Mike Henry alias Tom Hendricks. Ihre Darbietungen gehen in Ordnung, aber auch das haben wir schon mal deutlich besser gesehen (ich mein, Henry wurde ein paar Jahre zuvor für Tarzan-Rollen gecastet – das sagt ja wohl schon alles aus, oder?). Gott sei Dank haben die alle nicht unfassbar viel Screentime und machen meist Christopher Mitchum und Jennifer O’Neill Platz. Die beiden waren seinerzeit zwar auch noch ziemlich jung (vor allem die O’Neill, die damals süße 22 war), aber Ersterer ist einfach sympathisch und Letztere geht mit ihrer Performance weit darüber hinaus. Sie macht das richtig gut und sieht dazu auch noch sehr gut aus. Gerade mit offenen Haaren ist sie ziemlich heiß hier. Ihr Filmvater Jack Elam übertreibt es zwar teilweise mit seinen dollen Grimassen, aber auch er macht richtig viel Spaß und so eine halbe Portion wie etwa Jorge Rivero stellt er trotzdem noch lässig in den Schatten.

Und neben diesen – alles in allem – ganz guten Hauptdarstellern, muss eindeutig noch der Humor dieses Streifens hervorgehoben werden, den ich tatsächlich jedesmal als durchweg positiv empfand. Ich hatte ordentlich Spaß hiermit und habe eine ganze Menge gelacht. Und weil John Wayne mal wieder von Arnold Marquis synchronisiert wird (wenn der sagt „Lass das freche Grinsen, sonst werde ich es dir austreiben!“, hat man einfach Respekt), Chris Mitchum von Thomas Danneberg und Jorge Rivero von Michael Chevalier, braucht man sich auch um die deutsche Fassung keinerlei Sorgen zu machen. Ganz im Gegenteil stellt man sich aufgrund der Tatsache, dass hier teilweise auch Sprüche drin vorkommen, die das Originalscript so nicht vorgegeben haben kann (wie etwa Marquis‘ Einwurf „Bums ist gut“, nachdem Frenchy von der Mexikanerin erzählt, die er getroffen hat), ja schon fast die Frage, ob diese Synchro nicht von Rainer Brandt stammen könnte. Allerdings hätte er sich dann mit seinen Sprüchen sehr zurückgenommen, was dem Film nur zugute kommen würde. Aber das ist natürlich reine Spekulation und am Ende auch überhaupt nicht so wichtig.

Wichtig ist alles in allem nur, dass „Rio Lobo“ für den Hawks-Fan eine überraschende Enttäuschung und ein besseres Armutszeugnis des einstigen Meisterregisseurs darstellen kann. So ging’s mir beispielsweise nach dem zweiten Durchlauf. Den ersten fand ich tatsächlich noch große Klasse (habe ich aber auch mit zwölf oder so das erste Mal gesehen, dieses Werk, sodass diese Meinung nicht wirklich zählen kann), beim zweiten wollte ich dann schon nichts mehr von ihm wissen und habe ihn für mich auch um einiges schlechter bewertet. Und auch nach dem dritten Versuch wird er nicht mit einem Male wieder zum Meisterwerk, aber ich sehe die Sache mittlerweile sehr viel entspannter. Klar, der Streifen ist mitunter völlig übertrieben, aber er macht doch auch eine Menge Spaß, die man nicht unterschätzen sollte. Denn natürlich bedeutet die gesamte, von mir geäußerte Kritik bei einem Mann wie Howard Hawks nicht, dass das Ding hier verglichen mit ähnlichen Ausfällen anderer Regisseure nicht doch noch ganz angenehm zu schauen wäre. Nein, sein letzter Film bekommt von mir trotzdem drei Sterne mit drei Plus, weil er trotzdem und vor allem aufgrund seines tollen Witzes noch ganz locker unterhalten kann, aber da er eine Geschichte erzählt, die man nun wirklich schon mal gesehen hat und auch Hawks Regie nicht mehr das ist, was sie mal war, reicht es eben nicht für mehr. Dem einen oder anderen wird das – wie mir mittlerweile auch – noch völlig für einen gelungenen Western-Abend reichen. Diejenigen aber, die – so wie ich bis vor ein paar Jahren auch noch – diese letzte Arbeit von Hawks zu sehr in den Vergleich mit seinen vorangegangenen setzen (und so einen kann diese nur krachend verlieren), werden sich an seiner inneren Uneinigkeit stören und „Rio Lobo“ unter Umständen noch um einiges schlechter bewerten. Ich bin z. B. auch sehr gespannt, wie ich das Ding in ein paar Jährchen einordnen werde. Vielleicht geht’s dann ja wieder ein Plus nach unten… So oder so aber darf man wohl sagen, dass es die letzte, große Tat des Altmeisters war, nach diesem unausgeglichenen Western und bei eindeutig nach unten zeigender Formkurve seine Karriere zu beenden.

Zur DVD:

Solide DVD, die Paramount seinerzeit zu John Waynes 100. rausgebracht hat. Etwas schlechtere Bild-Qualität als gewohnt, Ton für mich völlig ok. Als Bonus gab’s damals ein richtig schickes, nachgedrucktes Kino-Poster. Mehr zwar nicht, aber so was sollten die heute auch mal wieder machen. Und teilweise hat man das Ding ja für fünf Euro bekommen. Tolle Sache!

Zur BD:

Mittlerweile habe ich mir aber auch zu „Rio Lobo“ die BD zugelegt, die natürlich ebenfalls von Paramount und natürlich ebenfalls vollkommen ohne Extras  daher kommt (und natürlich kein Poster enthält). Dafür ist das Bild aber wirklich gut geworden. Nicht ganz so scharf wie das der „El Dorado“-Scheibe, aber ich habe nichts zu meckern. Ton ist ebenfalls für mich völlig in Ordnung. Auch das Ding kann man mittlerweile für fünf Euronen bekommen. Und zulegen muss man sich diesen Streifen ja sowieso.

Zitate

„Sagen Sie Captain Barrett, wenn in River Junction irgendetwas schief geht, wird ihn der Teufel holen und der Teufel bin ich.“(Cord McNally überschätzt seinen Einflussbereich etwas)

[McNally will Cordona festnehmen und legt auf ihn an] „Sie sehen doch, ich bin nicht bewaffnet.“ – „Ja, das stört mich n bisschen.“(Cord McNally hat den richtigen Riecher)

„N Elefant wiegt die Hälfte.“(Sergeant Tuscarora Phillips schätzt beim händischen Abtransport McNallys Körpergewicht)

„Wenn man pokert, sollte man wissen, um was es geht.“(Tuscarora Philips erklärt McNally die Spielregeln)

„Ich trinke auch mit des Teufels Großmutter.“(Tuscarora Philips reißt in Unkenntnis von McNallys Oma den Mund ganz schön weit auf)

[McNally spricht seinen alten Freund, Sheriff Pat Cronin (Bill Williams), auf seinen Nebenverdienst mit Fellen an] „Schon für ein solches Fell kann ich mich voll Whiskey laufen lassen.“(Sheriff Pat Cronin weiß, wofür er arbeitet)

„Sie hatten wohl grad ne Besprechung?“ – „Ich hatte meinen Mann zu stehen.“ – „Angeber!“(Cord McNally angesichts des aus dessen Zimmer flüchtenden Damenbesuchs zum halbangezogenen Cordona)

„Wer hat mich ausgezogen?“ – „Ich.“ – „Warum?“ – „Na, wir haben gewürfelt und ich habe gewonnen.“(Pierre Cordona erklärt Shasta Delaney sein selbstloses Handeln)

„Ach übrigens, können Sie eigentlich reiten?“ – „Wenn Sie mir zeigen, wo vorn ist…“(Shasta Delaney kann reiten)

„Shasta, Sie gefallen mir.“ – „Warum?“ – „Weil Sie nicht jammern.“ – „Ich jammere nicht? Sie haben’s doch eben erlebt…“ – „Da ging es um Ihren Freund, nicht um Sie – das ist ein großer Unterschied.“(Pierre Cordona achtet auf die Kleinigkeiten)

[während Shasta eine von Ketchams Wachen durch ein Gespräch ablenken soll, will McNally erst die eine Wache und dann die gesprächige kalt stellen, was ihm auch gelingt, allerdings erst nach geraumer Weile] „Das hat aber lange gedauert. Mir ging schon der Gesprächsstoff aus.“ – „Na, das passiert ja wohl nicht so oft.“(Cord McNally ehrlich zu Shasta Delaney)

„Die hätte ich doch glatt erschossen, wenn sie nicht die schönsten Beine hätte, die ich in meinem ganzen Leben gesehen habe.“ – „Da hast du aber mehr gesehen als ich.“(Cord McNally ist vom Informationsstand des alten Philips über Shasta beeindruckt)

„Ich bin doch nicht verrückt.“ – „Darüber wollen wir jetzt nicht diskutieren.“(Cord McNally beiläufig, aber ebenso ehrlich zum alten Phillips)

„Du sprichst mich dauernd mit Frenchy an. Ich bin halb Franzose und halb Mexikaner!“ – „Ja und welche Hälfte hat denn auf den Knien gelegen und welche Hälfte hat ihr die Hand geküsst?“(Cord McNally gibt Pierre Cordona Nachhilfe in Sachen dominanter Vererbung)

„Ketcham. Wir haben gesagt, dass wir sie austauschen, aber wir haben nichts über den Zustand gesagt, in dem wir sie austauschen werden.“(Cord McNally wäre kein guter Postbote)

★★★ +++

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