Latigo

Support Your Local Gunfighter

★★★ +++

  • Jahr: 1971
  • Regie: Burt Kennedy
  • Darsteller: James Garner, Jack Elam, Suzanne Pleshette, Harry Morgan, John Dehner, Ellen Corby, Henry Jones, Willis Bouchey, Walter Burke, Joan Blondell, Marie Windsor, Kathleen Freeman, Chuck Connors...

Story

Kurzfassung (offenes Ende)

Eigentlich will der notorische Glücksspieler Latigo Smith (James Garner) nur so lange in Purgatory bleiben, bis Doc Schultz (Dub Taylor) ihm ein lästiges Tattoo entfernt hat. Dann jedoch verwechselt man ihn mit dem berüchtigten Killer Swifty Morgan (Chuck Connors) und Latigo riecht Geld…

Kurzfassung (komplett)

In Purgatory, einer kleinen, unbedeutenden Goldgräberstadt im Westen, versuchen die Minenbesitzer Taylor Barton (Harry Morgan) und Colonel Ames (John Dehner) jeweils von verschiedenen Seiten zur Hauptader durchzustoßen. Deswegen gibt es allerlei Krieg zwischen ihnen und als Barton erfährt, dass Ames angeblich den gefürchteten Killer Swifty Morgan (Chuck Connors) angeheuert hat, will er diesen um jeden Preis für sich gewinnen. So kommt es, dass er den Spieler Latigo Smith (James Garner), der auf der Flucht vor seiner Ex-Gespielin hier halt macht, für Swifty Morgan hält. Der klärt das Missverständnis zwar auf, riecht aber Geld und so erklärt er kurzerhand seinen Kumpel Jug May (Jack Elam) zu Swifty. Das geht dann eine Weile gut, aber als der echte Morgan auftaucht, muss Latigo sich ihm stellen. Mit einer Riesenportion Glück kommt er mit dem Leben davon und heiratet anschließend Bambi Barton (im Original Patience Barton (Suzanne Pleshette)).

Worte zum Film

nach Anlaufschwierigkeiten sehr witzig, jedoch kein Vergleich zum Vorgänger; sehr gute Darsteller, gute Musik

Bewertung

Ähnlich wie bei seinem Vorgänger „Auch ein Sheriff braucht mal Hilfe“ habe ich zu „Latigo“ zuerst überhaupt keinen Zugang gefunden. Nachdem ich ihn anfangs total bescheuert fand, war ich auch von ihm erst nach dem dritten Anlauf überzeugt. Allerdings kann ich diese Einschätzung nach meiner heutigen erneuten Sichtung eindeutig bestätigten. Aber kommt er auch an die Qualitäten eines „Support Your Local Sheriff!“ heran? Nun, wenn man sich seinen Originaltitel „Support Your Local Gunfighter“ einmal genauer anschaut, fällt auf, dass dieser absichtlich sehr ähnlich gewählt wurde (und aus meiner Sicht sogar noch ein wenig lustiger ist), dass ihm allerdings auch ein wichtiges Merkmal fehlt: das Ausrufungszeichen! Ein erster Hinweis auf die Rangfolge?

Zumindest könnte man das, wenn man böse sein wollte, so lesen. Denn „Latigo“ schneidet im Prinzip in allen Belangen ein ganz klein wenig schlechter ab als sein berühmter Vorgänger. Hauptsächlich verantwortlich dafür darf – bei ansonsten ja fast schon identischer Crew – wohl Drehbuchautor James Edward Grant gemacht werden. Weil dieser seine Verwechslungsgeschichte so umständlich aufbaut, müssen wir hier eine ganze Weile länger schauen, bevor wir wirklich in selbiger drin sind und – man muss es so plump sagen – anfangen können zu lachen. Tatsächlich hat man anfangs wirklich das Gefühl „Support Your Local Gunfighter“ sei nicht halb so lustig wie „Auch ein Sheriff braucht mal Hilfe“, aber das täuscht. Hat man den wilden Plot erstmal begriffen, sind sowohl Gag-Qualität wie -Quantität beider Filme quasi identisch. Zudem verwandelt Grant James Garners Protagonist von einem selbstbewussten Westmann zu einem notorischen Glücksspieler und Ostküsten-Stadtkind. Das hilft natürlich bei der Parodie eines Westerners und führt daher zu einigen Witzen, die man im Vorgänger noch nicht bringen konnte, macht die Hauptfigur aber leider ein wenig unsympathischer. Auf der anderen Seite darf Garner damit natürlich auch seine „Maverick“-Vergangenheit parodieren, denn Latigo Smith spielt nicht hauptberuflich, sondern ist schlicht glücksspielsüchtig.

Zu guter Letzt ist auch Grants Story als solche nicht ganz so rund und auf den Punkt gebracht wie noch Bowers‘ einen Streifen zuvor. Sie fährt noch mehr handelnde Personen und lauter kleine Subplots und damit Höhepunkte auf, die für sich genommen Spaß machen, den Erzählfluss mitunter jedoch hemmen. Zumal sein Ende wirklich ein bisschen schwach auf der Brust ist (wie passend!). Allerdings muss man das alles nicht zu hoch hängen, denn er erledigt den wichtigsten Punkt auf der Komödien-Checkliste wie gesagt mit Bravour, weil auch er nach o. g. Anlaufzeit einfach verdammt lustig ist.

Auffällig dabei: Es sind unglaublich viele sexuelle Anzüglichkeiten enthalten (gerade auch im Vergleich mit dem ersten „Teil“). Diese machen sehr viel Spaß und bringen mich zu der Frage: Sind da komplett die Amis für verantwortlich gewesen oder haben unsere deutschen Synchronisatoren ihnen dabei vielleicht noch ein wenig unter die Arme gegriffen? Und auch wenn die sexuelle Revolution zu diesem Zeitpunkt eigentlich schon fast wieder vorbei war und man es Grant von daher zutrauen könnte, denke ich, dass Letzteres zutrifft, denn Sprüche wie „Du bist mit ihr Fahrrad gefahren. Du hattest sie vor dir auf der Stange.“ oder „Ich hab’s nicht gern von hinten, das weißt du doch.“ klingen verdammt nach… Rainer Brandt natürlich. Hätte nicht gewusst, dass der US-Western synchronisiert hat, aber warum nicht? Schließlich gibt es dafür so einige Anhaltspunkte. Neben der Qualität der eben genannten Anspielungen z. B. noch jene, dass Thomas Danneberg eine Rolle abgekriegt hat (was in US-Synchronisationen zu dem Zeitpunkt gefühlt lange nicht so häufig war wie bei italienischen Produktionen), dass der Film von 1971 ist und Brandt dort gerade auf dem Höhepunkt seines Schaffens angelangt war, dass Patience hierzulande zu Bambi wurde (was erstens ohne Zweifel ein Italo-Name ist, auch wenn dort nur Kerle so heißen, und was zweitens der Anlass zu weiteren superwitzigen Sprüchen ist, die so in der Original-Fassung nicht enthalten sein können), dass Doktor Schultz diese seltsamen Sprüche murmelt (s. Zitate), die auch überhaupt nicht typisch für eine US-Western-Synchro, wohl aber für eine von Brandt sind, und dass Taylor Barton (Harry Morgan) in einer Szene sagt „Ich schleiche.“. Letzteres ist ebenfalls ein eigentlich untrügliches Zeichen für eine Brandt-Sychro. Diese Konstellation aus „Ich“ + „gebeugte Verbform, 1. Person Singular, Indikativ Aktiv“ + „Satz schon wieder zu Ende“ hat sonst eigentlich keiner so verwendet. Und last but not least ist der Spruch „Es ist nicht alles Trübsal, das geblasen wird.“ unzweifelhaft von ihm. Kann also gut sein, dass der Streifen im Deutschen auch aus diesem Grunde noch ein paar gute Sprüche mehr enthält. So oder so ist diese Synchronisation jedenfalls durch und durch zu loben (auch wenn man sich im Vergleich zu „Support Your Local Sheriff!“ an eine neue Stimme für Garner gewöhnen muss (Harry Wüstenhagen statt Holger Hagen)).

Selbiges gilt (natürlich) auch wieder für die schauspielerischen Leistungen. James Garner ist auch hier der Leithirsch und erneut überragend. Trotzdem würde ich auch bei ihm sagen, dass er in „Auch ein Sheriff braucht mal Hilfe“ noch ein bisschen besser war. Jack Elam legt mit einer dämlichen Grimasse nach der anderen gegenüber dem Vorgänger sogar noch einen drauf und gräbt Garner damit in einigen Szenen gar das Wasser ab. Natürlich sind auch Harry Morgan, Henry Jones, Willis Bouchey und Walter Burke wieder mit von der Partie und machen das erneut köstlich. Neu dabei sind mit John Dehner ein Veteran, auf den eigentlich immer Verlass war, und mit Dub Taylor eine weitere tolle Erweiterung. Zudem hat Grant Kathleen Freemans Rolle „ausgebaut“, was dem Streifen sehr zugutekommt. In Nebenrollen tauchen (die leicht gealterten) Joan Blondell und Marie Windsor auf und Chuck Connors hat einen köstlichen Cameo-Auftritt. Die großartige Ellen Corby wollen wir auch nicht vergessen und dann gibt es da ja noch Suzanne Pleshette. Tatsächlich hat sie das gleiche Problem wie Joan Hackett im Vorgänger. Sie macht das gut, sieht zudem toll aus, aber ihre Rolle kann einen schon leicht nerven…

Denn leider (und natürlich!) hat Grant die Chance nicht genutzt, den Frauenrollen hier ein wenig mehr Profil zu geben. Die werden erneut als leicht bis schwer naiv und entsprechend beeinflussbar dargestellt und müssen von den Männern quasi gerettet werden. Die einzige wirkliche Ausnahme davon bildet Kathleen Freemans Mrs. Perkins, aber die ist dafür geschwätzig, viel zu neugierig und absolut nicht an der Integrität ihrer Gäste interessiert. Aber wer wollte da auch schon wirklich eine Änderung erwarten, zwei Jahre später?

Von daher lasst das Frauenbild hier sein, wie es ist, und genießt einfach anderthalb weitere sehr unterhaltsame Stunden mit den erneut großartigen James Garner, Jack Elam und Co.! Unterm Strich ist „Latigo“, auch weil Burt Kennedy quasi ebenso wie alle sonstigen Beteiligten ein ganz kleines Stück abbaut, einen Ticken schlechter als „Auch ein Sheriff braucht mal Hilfe“, aber er ist nach kleinen Anlaufschwierigkeiten erneut unfassbar lustig. Und wer es lieber unterhalb der Gürtellinie mag, wird hier sogar noch besser bedient als im Vorgänger. Ihr werdet es also nicht bereuen. Spätestens beim dritten Mal wird es gut, hä hä. ;)

Übrigens: Wer bei der Ansicht von „Verflucht, verdammt und Halleluja“ auch schon immer gedacht, dass ihm die Intro-Szenen dort irgendwie bekannt vorkommen, der sollte beim Vor- und Abspann von „Latigo“ mal genau hinschauen.

Zitate

„Knall ihm eine, Pa!“ – „Wenn hier eine geknallt wird, dann bist du das.“(Taylor Barton weißt Tochter Bambi gleich ihren Platz in der Welt zu)

„Sind Sie mit dem Zug gekommen?“ – „Kennen Sie die Geschichte von dem Mann, der von einem Adler entführt wurde?“ – „Nein.“ – „Dann wissen Sie’s jetzt: Ich bin mit dem Adler gekommen…“(Latigo Smith gesteht Taylor Barton seine Vorliebe für ungewöhnliche Fortbewegungsmittel)

„Für mich ist Geld nur Mittel zum Zweck.“(Latigo Smith steht auf Zweckbeziehungen)

[im Saloon wird Latigo sofort gefragt, ob er nicht ein Spielchen Roulette wagen wolle] „Glauben Sie, ich bin schwachsinnig genug für so ein Verbrecherspiel?“ – „Laut Hausordnung werden solche Fangfragen nicht beantwortet, Sir.“(der Croupier kennt seinen Arbeitsvertrag)

„Geht Ihnen mal quer der Furz, kommen Sie zu Doktor Schurtz, äh, Schultz.“(Doktor Schultz (Dub Taylor) macht sich seinen eigenen Werbejingle)

„Ihr Minenbesitzer seid Verbrecher! Ihr mietet euch Killer, um die Killer anderer Minenbesitzer zu killen, die gemietet wurden, um eure zu killen.“(Doktor Schultz zeigt Taylor Barton, dass er das Spiel verstanden hat)

„Ich würde jeden, der Roulette spielt, auf seinen Geisteszustand untersuchen lassen oder am besten gleich einsperren.“(Latigo Smith bereitet sein Wahlprogramm vor)

„Weißt du denn nicht, dass sich jede Frau sofort in eine reißende Bestie verwandelt, wenn man ihr Geld gibt?“(Latigo Smith gibt Jug May Nachhilfe in Sachen Frauen)

„Ich halte nichts vom Arbeiten – macht mich müde…“(Latigo Smith weiß, was ihm guttut und was nicht)

[Colonel Ames und seine Schwester Abigail (Ellen Corby) streiten sich mal wieder] „Zufrieden? Das bin ich erst dann, wenn du nicht mehr mit Taylor Barton Rad fährst und auf seiner Stange sitzt!“(Colonel Ames macht sich Sorgen um die Tragfähigkeit des Fahrrades seines Konkurrenten Barton)

„Eins haben Frauen mit Wetterpropheten gemeinsam – auf beide ist kein Verlass!“(Latigo Smith benutzt keine Wetter-App mehr)

„Wird Zeit, dass Sie nen Mann kriegen – dann kommen Sie von der Straße.“(Latigo Smith macht sich Sorgen über den schwindenden Lebensraum in Innenstädten)

„Unser Stammbaum reicht zurück bis auf Adam und Eva.“(Colonel Ames betätigt sich nebenberuflich als Ahnenforscher)

„Es ist nicht alles Trübsal, das geblasen wird.“(ein Barbier (Pedro Gonzales Gonzales) spricht aus eigener Erfahrung)

[Stationsvorsteher Ez (Henry Jones) fasst für Swifty Morgan die Ereignisse der letzten Nacht zusammen] „…dann erzählte sie es Bambi, einem Mädchen…“ – „Quatsch, ist doch n Reh!“(Swifty Morgan ist ein Disney-Kenner)

„Ein Mann sollte bemüht sein, nur Glück und Freude zu verbreiten.“(Latigo Smith sollte sein Lebensmotto mal in die Weltpolitik tragen)

★★★ +++

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