Hatfields & McCoys
★★★ +++
- Jahr: 2012
- Regie: Kevin Reynolds
- Darsteller: Kevin Costner, Bill Paxton, Matt Barr, Andrew Howard, Jena Malone, Tom Berenger, Boyd Holbrook, Powers Boothe, Mare Winningham, Sarah Parish, Ronan Vibert, Lindsay Pulsipher...
Story
Nachdem Jim Vance (Tom Berenger) Asa McCoy ohne Zeugen erschießt und Randall McCoy (Bill Paxton) ein Schwein von Floyd Hatfield (Lloyd Hutchinson) als sein eigenes zu erkennen glaubt, von Richter Valentine Hatfield (Powers Boothe) in dieser Angelegenheit jedoch kein Recht zugesprochen bekommt, eskaliert der Streit zwischen den beiden Familien zur wohl berühmtesten Fehde auf us-amerikanischem Boden, der Hatfield-McCoy-Fehde. Bald regiert auf beiden Seiten die Gewalt…
Worte zum Film
historisch höchst korrekt; technisch in Ordnung, ohne zu glänzen; auf die Dauer ein wenig redundant, daher einen Film zu lang
Bewertung
Kevin Reynolds und sein Namensvetter Kevin Costner – da haben sich offenbar zwei gesucht und gefunden. Nicht nur drehten beide bereits 1985 ihr Frühwerk „Fandango“ miteinander, sondern auch die beiden leicht überschätzten „Robin Hood – Prince Of Thieves“ („Robin Hood – König der Diebe“) und „Waterworld“. Darüber hinaus hat Reynolds Costner bei dessen „Dances With Wolves“ tatkräftig unterstützt und der ihm wiederum „Rapa Nui“ mitfinanziert. 2012 gingen sie dann ein besonders ehrgeiziges Projekt an: eine dreiteilige Mini-Serie über die wohl berühmteste Fehde, die je auf us-amerikanischem Boden ausgetragen wurde, die Hatfield-McCoy-Fehde. Während das Ergebnis in den USA aber offensichtlich ein großes TV-Ereignis war, das exzellente Kritiken eingefahren und Preise abgeräumt hat, flog und fliegt „Hatfields & McCoys“ bei uns eher unter dem Radar – und das trotz eines Zugpferdes wie Costner.
Der Grund dafür dürfte jedoch auf der Hand liegen: Während in den Vereinigten Staaten vermutlich jeder schon einmal von der sprichwörtlich gewordenen Fehde gehört hat, kennt bei uns so gut wie niemand die Namen der beteiligten Familien. Selbst ich als Western-Fan hatte vor Erscheinen der Serie ehrlich gesagt noch nichts davon gewusst. Da kann man sich vorstellen, dass die Vermarktung eines dreiteiligen TV-Westerns hierzulande eher schwierig war.
Das ist schade, denn „Hatfields & McCoys“ ist zwar kein Meisterwerk, aber durchaus sehenswert geraten. Am meisten beeindruckt mich an Reynolds Werk dessen historische Korrektheit. Im Gegensatz zu anderen Western, die reale Persönlichkeiten portraitieren und sich eigentlich immer irgendwelche Freiheiten nehmen, Dinge weglassen oder hinzufügen, Charaktereigenschaften aufbauschen oder herunterspielen, Orte oder Namen ändern, schildert es die tatsächlichen Ereignisse fast haargenau. Eigentlich alles, was in diesem Streifen dargestellt wird (ab der Sache mit dem Schwein wohlgemerkt, die die Fehde ja erst so richtig ins Rollen gebracht hat), ist seinerzeit so oder sehr ähnlich auch wirklich passiert. Zumindest liest man es im Internet genau so nach. (Spoiler) Selbst die Sache mit Johnse Hatfields (Matt Barr) Affäre mit Roseanne McCoy (Lindsay Pulsipher), in deren Verlauf er seine schwangere Geliebte sitzen lässt, um später ihre Cousine zu heiraten, ist historisch verbürgt. Und da war ich mir während der Ansicht eigentlich sicher, dass sich das ein Filmdramaturg ausgedacht haben muss. (Spoilerende) Das empfinde ich als große Leistung von Bill Kerby, Ted Mann und Ronald Parker, die hierfür an Story und Drehbuch arbeiteten. Klar, jede kleinste Kleinigkeit wird wohl nicht stimmen und gerade auch die Charaktere werden sie so gedeutet haben, wie es ihnen am besten passte (bestes Beispiel hierfür wieder Johnse, der einem, wenn man seinen Anteil an dem ganzen Drama einfach nur nachliest, wie ein richtiges Arschloch vorkommt und nicht wie der kleine, liebe Träumer, als der er hier dargestellt wird), aber irgendwo muss sich die filmische Aufarbeitung ja auch niederschlagen. Und so hab ich’s einfach am liebsten: Wenn man sich während des Films bereits eine Meinung zu dem ganzen Konflikt bilden kann, weil man nicht erst im Nachhinein nachlesen muss, was wirklich passiert ist.
Leider hat diese Herangehensweise ans Drehbuchschreiben auch einen Nachteil. Gerade zu Beginn wirkt die sehr strikte Abarbeitung der einzelnen Geschehnisse, die zur Fehde und deren Ausartung führten und die teilweise ja etliche Jahre auseinanderlagen, doch sehr episodenhaft (und ist sie im Grunde genommen ja auch). Das ist im ersten Teil irgendwann schon etwas ermüdend. In Teil zwei wird das, (Spoiler) nach der Ermordung von Ellison Hatfield (Damian O’Hare) (Spoilerende), allerdings schlagartig besser. Dann ist der nötige Erzählfluss plötzlich gegeben.
Trotzdem muss man „Hatfields & McCoys“ unterm Strich schon attestieren, dass ein Film weniger auch ausgereicht hätte (wir sprechen immerhin über drei Teile à etwas mehr als 90 Minuten, insgesamt 280 Minuten) – wegen der teilweisen Episodenhaftigkeit genauso wie aufgrund der Tatsache, dass es mitunter schon nicht ganz leicht ist, diesen ganzen streit- und rachesüchtigen Idioten (sorry, aber anders kann man die nicht betiteln) da auf dem Bildschirm über einen so langen Zeitraum zuzuschauen. Zwar ist es auch ein großes Verdienst von Kerby, Mann und Parker, dass man ob dieser Prämisse nach dem ersten Teil überhaupt weiterschauen will, aber so ganz kriege zumindest ich das bei solchen Streifen nie aus dem Kopf. Denn am Ende wollen die sich da die ganze Zeit nur an die Gurgel, schrauben diesen Konflikt ständig in neue Höhen und produzieren damit Tote um Tote, ohne irgendeine Einsicht, und das kam mir auf die Dauer dann schon ein wenig redundant vor. Nun ja, nur ein wenig eben…
Technisch gesehen ist das, was Kevin Reynolds, sein Kameramann Arthur Reinhart und Co. hier abliefern absolut in Ordnung, aber ehrlich gesagt auch nicht weiter der Rede wert. Einige (ganz wenige) Greenscreen-Szenen sehen sogar regelrecht schwach aus und ansonsten hat man die ganze Zeit über das Gefühl, dass heutige TV-Produktionen noch viel besser aussehen würden. Mag vielleicht auch daran gelegen haben, dass ich in diesem Fall nur eine DVD zur Verfügung habe, dürfte aber eigentlich nicht der Grund sein.
Auffällig ist in jedem Fall noch, dass „Hatfields & McCoys“ optisch gar nicht so super düster geraten ist, wie man das von diesem Vertreter erwartet hätte. Die Szenerie hat nichts von der dreckigen, stinkigen, realistischen Darstellung etwa einer TV-Produktion wie „Deadwood“, sondern scheint sich eher auf frühere Vertreter rückzubesinnen. Die Frisuren der Frauen sitzen meist, die Klamotten sehen alle nicht besonders schmutzig aus und die Arbeiten auf der Farm oder im Wald scheinen auch alle so anstrengend nicht zu sein (und die schießen alle wie die Teufel). Auch hier würde ich gerne wieder Johnse als Beispiel anführen – der sieht doch z. B. stets aus wie geleckt und würde auch heute noch als astreiner Frauenverführer durchgehen.
Womit wir bei den Darstellern wären, denn nicht nur deswegen nimmt man Matt Barr seine Rolle hier kaum ab. Sorry, aber der hatte bei mir die ganze Zeit über diesen TV-Schauspieler-Stempel auf der Stirn… Allerdings – und das ist die gute Nachricht – ist er hier da aber auch echt der einzige. Denn auch wenn sie alle ein wenig zu frisch und zu gut gestylt aussehen, spielen können sie alle gut. Und da würde ich Kevin Costner hier gar nicht mal so sehr hervorheben wollen. Der ist gut, aber überragt die anderen nicht. Warum es für ihn damals also einen Golden Globe und einen Emmy gab, kann ich nicht wirklich sagen. Ich fand ihn als John Dutton in „Yellowstone“ z. B. wesentlich prägnanter und gefährlicher (und dafür gab’s Stand jetzt (Juli 2024) ja „nur“ eine Golden-Globe-Auszeichnung). Wer am Ende wirklich hängen bleibt, sind Powers Boothe, Andrew Howard und – natürlich – Tom Berenger.
„Hatfields & McCoys“ selbst wird mutmaßlich nicht noch ewig in meinem Kopf herumspuken, aber eine einmalige Sichtung möchte ich schon empfehlen (zumal es noch wesentlich enthusiastischere Stimmen gibt als meine). Wie gesagt ist es wirklich erstaunlich, wie es den drei Drehbuchautoren hier gelingt, dass man beständig bei der Stange bleibt (und bleiben möchte), obwohl es nur Bekloppte und deren Tun zu beschauen gibt. Dafür und für die historisch so korrekte filmische Aufarbeitung noch einmal ein dickes Lob! Der Rest ist, wie von einer TV-Produktion dieses Datums zu erwarten, absolut ok – und der eine Film zu viel, den ich moniert habe? Nun, immer noch besser den als noch einmal „Waterworld“ gucken zu müssen…
Übrigens: Wie es sich für eine amerikanische TV-Produktion gehört, hat man natürlich auch bei „Hatfields & McCoys“ schön viele Werbeblöcke eingebaut. Die Abblendungen vor diesen hat man – wie ebenfalls üblich – natürlich auch für die DVD-Fassung in den Filmen belassen. Ich nutze an dieser Stelle einmal die Möglichkeit, mich darüber zu beschweren. Mich nervt das!
Zitate
[Anse Hatfield desertiert während des Amerikanischen Bürgerkrieges] „Was wäre, wenn jeder Soldat für sich selbst entscheiden würde, wann der Krieg verloren ist?“ – „Dann wären die Kriege sicher kürzer.“(„Devil“ Anse Hatfield (Kevin Costner) wagt für Randall McCoy einen Blick in die Glaskugel)
„Gott hasst Fahnenflüchtige.“(Randall McCoy ist von Anse Hatfields Wahrsagerqualitäten nicht überzeugt)
„Er starb ohne Angst. Wie ein Mann sterben sollte.“(„Devil“ Anse Hatfield begründet einen Schuss in den Rücken)
[Jim Vance erläutert, warum er sich nicht für den Kriegsdienst gemeldet hat] „Zu den Bedingungen anderer zu kämpfen, heißt verlieren. Und verlieren ist unerträglich für mich.“(Jim Vance ist Real-Madrid-Fan)
„Der Krieg ist lange vorbei. Es keinen Norden, keinen Süden. Nur Menschen, die Geld haben und Menschen ohne Geld. Ich habe vor Geschäfte zu machen mit denen, die welches haben.“(Anse Hatfield erläutert seine ausgeklügelten Geschäftstaktiken)
„Ein bisschen Lächerlichkeit ist besser als das, was aus Ungerechtigkeit erwächst.“(Valentine „Wall“ Hatfield ist Richter)
„Ich kenne keinen Teufel, der so gut aussieht.“(Roseanna McCoy (Lindsay Pulsipher) war noch nie in der Hölle)
„Frauen haben das Glück, dass man mit ihnen besonders nachsichtig ist.“(Perry Cline (Ronan Vibert) ist eine Heulsuse)
[Valentine Hatfield berichtet seinem Bruder Anse Hatfield von der Hochzeit zwischen Johnse Hatfield und Nancy McCoy] „Wenn er vorhatte verstoßen zu werden, könnte er diesmal glatt Erfolg damit haben.“ – „Anse, er glaubt, das schafft Frieden zwischen dir und Randall.“ – „Das glaubt er? Kann mir jemand erklären, wie es möglich ist, dass n Sohn von mir so blöde ist?“(„Devil“ Anse Hatfield weiß um die grundsätzliche Qualität seines Spermas)
„Sie sind ja ganz schön von sich überzeugt.“ – „So würde ich das nicht nennen. Ich hab n paar Jahre meiner vergeudeten Jugend damit verbracht, mit Jesse und Frank zu reiten. Ich war dabei, als Wild Bild einen Mann getötet hat. Ich hab Bessere gesehen als mich. Aber nicht viele. Und ich sehe ja, was sie für Leute hier zur Auswahl haben.“(„Bad“ Frank Philips im Bewerbungsgespräch um den Posten als Deputy)
„Bei mir werden beschissene Vollidioten durch eine Kugel in ihre verdammten Köpfe gefeuert.“(„Bad“ Frank Philips hält nichts vom Arbeitnehmerschutzgesetz)
„Früher hat mich dein Schnarchen am Schlafen gehindert – jetzt ist es dein Schweigen.“(Levicy Hatfield (Sarah Parish) hört alles)
„Wenn sich je zwei Männer missverstanden haben, dann waren wir das…“(„Devil“ Anse Hatfield fasst für Randall McCoy nochmal kurz zusammen, wie es zu dem ganzen Theater eigentlich gekommen ist)
★★★ +++