Der weite Himmel (Das Geheimnis der Indianerin)

The Big Sky

★★★★

  • Jahr: 1952
  • Regie: Howard Hawks
  • Darsteller: Dewey Martin, Arthur Hunnicutt, Kirk Douglas, Elizabeth Threatt, Hank Worden...

Story

Jim Deakins (Kirk Douglas) und sein neuer Kumpel Boone Caudill (Dewey Martin) heuern bei dessen Onkel Zeb Calloway (Arthur Hunnicutt) an, der mit einem kleinen Schiff den Missouri so weit rauffahren will, wie sonst niemand, um mit den Blackfeet Handel zu treiben. Beide machen große Augen, als sich herausstellt, dass sich an Bord auch die Indianerin Teal Eye (Elizabeth Threatt) befindet…

Worte zum Film

gute Darsteller, großartige Landschaften und tolle Bilder; kurzweilig, spannend, clever und einfallsreich; mitunter episodenhaft; Indianerdarstellung nicht historisch korrekt, aber sehr sympathisch; auf eine sehr angenehme Art altbacken

Bewertung

Anmerkung: Von all den Western-Klassikern, die Howard Hawks gemacht hat, ist „The Big Sky“ meiner Meinung nach derjenige, den man hier in Deutschland am schwierigsten vor die Linse bekommt. Seine vor über 20 Jahren erschienenen DVD-Ausgaben (Stand: Januar 2025) kann man mittlerweile natürlich nur noch auf dem Gebrauchtmarkt erstehen (gegen das entsprechende Geld, versteht sich) und im Fernsehen wird er meines Erachtens auch nicht allzu häufig gesendet. Und wenn, dann muss man schon Glück haben, dass er auf Arte läuft, weil die ja die einzigen zu sein scheinen, die die Uncut-Fassung von knapp 140 Minuten präsentieren. 3sat zumindest hatte zuletzt bis zum 28.01.2025 nur eine ca. 115minütige Fassung im (Mediathek-)Angebot. Aber bevor ich noch weitere Jahre auf seine Komplettansicht warte, habe ich das lieber genutzt. Das müsst ihr bei der Lektüre des Reviews allerdings bedenken. In diesem Fall wäre es nämlich durchaus im Rahmen des Möglichen, dass ich die vollständige Fassung anders bewerten würde (wenn jedoch gefühlt eher noch besser als diese hier).

Howard Hawks‘ beste Karrierephase begann 1952. Zwar hat er auch in den letzten rund zwanzig Jahren seiner Karriere nicht immer ins Schwarze getroffen (der Stellenwert eines „Man’s Favorite Sport“ („Ein Goldfisch an der Leine“) etwa hat sich mir seinerzeit nicht erschlossen), aber aus meiner Sicht sind in diesem Zeitraum all seine besten Filme entstanden. Diese Einschätzung könnte jetzt damit zu tun haben, dass ich von seinen älteren Klassikern noch lange nicht alle gesehen habe („The Big Sleep“ („Tote schlafen fest“), „To Have And Have Not“ („Haben und Nichthaben“) und leider noch nicht einmal „Scarface“ zum Beispiel), allerdings sind diejenigen, die ich bisher geschaut habe („Bringing Up Baby“ („Leoparden küsst man nicht“), „Only Angels Have Wings“ („SOS – Feuer an Bord“), „His Girl Friday“ („Sein Mädchen für besondere Fälle“) und natürlich „Sergeant York“) zwar durch die Bank weg gute Filme, am Ende aber kein Vergleich mit Großtaten wie „Gentlemen Prefer Blondes“ („Blondinen bevorzugt“), „Rio Bravo“, „El Dorado“ oder „Hatari!“. Und in genau diese Liste reiht sich auch „Der weite Himmel“ ein. Der hierzulande auch als „Das Geheimnis der Indianerin“ und offensichtlich sogar „Trapper am Missouri“ bekannte Klassiker ist ein ganz großes Abenteuer!

Dabei passt „The Big Sky“ insofern doch nicht hundertprozentig in diese Reihe, als dass er – ähnlich wie der im selben Jahr entstandene „Monkey Business“ („Liebling, ich werde jünger“) – noch nicht ganz so „modern“ wirkt wie all diese, sogar noch etwas besseren, Streifen. Tatsächlich ist er mitunter sogar regelrecht altbacken zu nennen – das jedoch im allerbesten Sinne. Wenn der Voice-Over-Kommentar klingt wie bei nem Hörspiel, wenn die Einführung (sowie Anfreundung (falls es dieses Wort gibt)) der beiden Protagonisten gerade mal zwei Minuten dauert und man trotzdem nichts vermisst, oder wenn die Frontier so romantisch verklärt wird wie hier, dann sind das alles Sachen, die Beiträge wie „High Noon“ oder „Bend Of The River“ seinerzeit schon ganz anders gemacht haben. Und doch würde ich „Der weite Himmel“ diesen jederzeit vorziehen. Und das nicht nur seiner sympathischen Charaktere oder seiner durchweg kumpelhaften Attitüde wegen (anfangs wähnt man sich ob der Beziehung von Kirk Douglas‘ Jim Deakins und Dewey Martins Boone Caudill glatt in nem frühen Buddy Movie).

Nein, „The Big Sky“, der auf einem Roman von A.B. Guthrie Jr. basiert, zeichnet ob seiner verklärenden Herangehensweise beispielsweise mit Sicherheit kein historisch korrektes Indianerbild (ich sach nur „Indianer kämpfen nachts nicht“…) – allerdings ein auch heute noch sehr annehmbares, sympathisches. Zwar handelt es sich grundsätzlich um die Geschichte einer Expedition weißer Abenteurer, jedoch spielen auch ein paar amerikanische Ureinwohner eine gewichtige Rolle. Eine davon so tragend, dass sie es (s. o.) sogar in einen der deutschen Alternativtitel geschafft hat. Die „Roten“ bleiben also keinesfalls gesichtslos, dürfen hier schon ihre „eigene Sprache“ sprechen (um welche es sich dabei genau handelt, weiß ich natürlich nicht) – und werden in Person von Elizabeth Threatt, die zur Hälfte Cherokee war, auch noch ganz adäquat verkörpert (über Hank Worden als kauziger Poordevil hüllen wir an dieser Stelle mal den Mantel des Schweigens). Hinzu kommt, dass die Männer um sie herum zwar alles richtige Kerle sind, Teal Eye aber auch absolut kein Schwächling ist. Sie weiß sich zu wehren, für ihre Sache einzustehen und ist so manchem Mann hier überlegen.

Eingebettet werden diese Charaktere in eine ganz formidable Abenteuergeschichte. Ich gehe mal davon aus, dass schon Guthries Vorlage nicht schlecht war, aber Dudley Nichols Script ist definitiv große Klasse! Das ist so alles so clever und kurzweilig geschrieben. Mitunter kann man ihm etwas Episodenhaftes zwar nicht ganz absprechen, jedoch hat man solche Episoden zuvor auch selten bis nie gesehen. Wie die ihre Beute mit Baumkatapulten in den Fluss schmeißen z. B. Oder die Fingeramputation; die ist echt krass. Dabei gelingt es Nichols, der laut IMDb bei seiner Adaption Hilfe von Ray Buffum und DeVallon Scott hatte, die ganze gefährliche Unternehmung heiter und keinen Deut bedrohlich oder schwermütig wirken zu lassen, ohne dass das Ganze ins Unglaubwürdige abdriften würde. Denn gerade wenn uns die Macher so richtig schön in Sicherheit wiegen, hat mit einem Male einer einen Pfeil im Hals stecken! Großes Kino, das man so schnell nicht vergessen wird.

Dazu trägt natürlich auch Hawks wie so häufig formidable Regie bei. Besondere Unterstützung bekommt er hierbei von seinem Kameramann Russell Harlan, dem wirklich herausragende Bilder von teils atemberaubender Schönheit gelingen. Aber auch den Abteilungen Art Direction und Set Decoration gehört im Falle von „Der weite Himmel“ ein Sonderlob ausgesprochen. So sehen nämlich gute Studioaufnahmen aus. Da kann man selbst nen Wald vernünftig nachbauen, wenn man das will.

Nicht zuletzt konnte sich Hawks auch mal wieder auf seine Schauspieler verlassen. Bei Dewey Martin etwa, mit dem der Regisseur in diesen Jahren öfter drehte und der danach nie wieder in solch großen Filmen mitspielen sollte, fragt man sich zum Beispiel, warum das eigentlich so war. Er macht das hier richtig gut. Wenngleich ein schon damals abgezockter Hund wie Arthur Hunnicutt natürlich nochmal eine andere Liga ist. Der spielt sogar Kirk Douglas an die Wand, der hier, noch recht am Anfang seiner Karriere stehend, ganz ähnlich seiner Filmfigur nie so ganz den Fuß in die Tür kriegt. Für eine gute Leistung reicht das bei ihm selbstredend noch allemal, aber auch eine Elizabeth Threatt etwa ist besser als er – was allerdings eindeutig ein Lob für sie ist.

Das bedeutet: Wer Lust auf einen klassischen Frontier-Abenteuer-Western hat, der clever und kurzweilig geschrieben, gut gespielt und hervorragend in Szene gesetzt wurde, der ist bei „The Big Sky“ aber so was von an der richtigen Adresse! Da bei diesem zusätzlich noch das Indianerbild stimmt und er so einige Szenen enthält, die ihr nicht mehr vergessen werdet, trägt er das Prädikat „Klassiker“ absolut zu Recht. Wenn jetzt die Uncut-Fassung noch den teilweisen Episoden-Charakter ausmerzen sollte, gebe ich nach Ansicht dieser wie gesagt vielleicht sogar eine noch bessere Bewertung ab…

Zitate

„Einen zweiten Schuss hab ich noch nie gebraucht.“(Jim Deakins tötet immer streng nach der Menschenrechtskonvention)

„Du, Boone, ist dir schon aufgefallen, wie die Menschen in der Stadt gehen? Sie watscheln und schieben den Bauch vor sich her wie Enten…“(Jim Deakins ist ein Tierbeobachter)

„N Bürohengst ist leichter zu finden als n richtiger Kerl.“(Jim Deakins ist auch ein Tieraufspürer)

[Deakins, Caudill, Calloway und Co. müssen schnell aus der Stadt abhauen] „Da drin ist n Mädchen, dem ich noch was sagen will.“ – „Ich sag ihr, sie soll vier, fünf Monate auf dich warten…“(Zeb Calloway kennt seinen Fahrplan)

„Mit so nem Krug in der Hand kommst du mir immer vor wie’n Engel!“(Zeb Calloway wähnt sich nach ein paar Schlucken bereits im Himmel)

„Das Gesicht einer Frau kann etwas Wunderbares sein.“(Jim Deakins beschränkt sich auf ein „kann“)

„Ihr Franzosen müsst immer rumlaufen wie die Lackaffen!“(Zeb Calloway stellt fest)

„Mit ner Frau einig zu werden, die antworten kann, ist schon schwer, aber mit einer, die das nicht kann, da wird man verrückt! Man weiß nicht, was sie denkt, noch was sie fühlt. Das ist, als ob man mit einem Baum redet.“(Boone Caudill stellt fest)

„Aus ner Frau klug zu werden, ist nicht einfach, mein Junge.“(Zeb Calloway fasst für seinen Neffen Boone zusammen)

„Warten ist schwerer als handeln.“(Zeb Calloway spricht nicht über Beamte)

„Ein Mann geht, wenn er nichts hat, wofür es sich lohnt zu bleiben.“(Zeb Calloway beschränkt sich aus nicht näher bekannten Gründen auf den Mann)

„Ein Mann kann sich auf sehr viele Arten zum Narren machen. Ich glaub, dass ich so ziemlich alle ausprobiert hab.“(Boone Caudill arbeitet an seinen Memoiren)

★★★★

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Durch die Nutzung der Kommentarfunktion erklärst du dich mit der Speicherung und Verarbeitung deiner Daten gemäß meiner Datenschutzerklärung einverstanden.