Gli Eroi Di Fort Worth
★★★ +
- Jahr: 1965
- Regie: Alberto De Martino
- Darsteller: Edmund Purdom, Paul Piaget, Mónica Randall, Ida Galli, Rafael Albaicín, Eduardo Fajardo...
Story
Obwohl Ex-Offizier Patterson, genannt Sugar (Edmund Purdom), nach überstandener Dienstzeit eigentlich nichts lieber möchte, als endlich wieder Zivilist zu sein, wird er aufgrund eines durch die Konföderierten fingierten Angriffs der Indianer unter Wildes Pferd (Rafael Albaicín) am Wichita-Pass doch wieder in die Wirren des Amerikanischen Bürgerkrieges gesogen…
Worte zum Film
gut ausgestattete, trotzdem schwache Kopie amerikanischer Vorbilder; kurios und zu keinem Zeitpunkt logisch; mittelprächtige Darsteller in seltsamen Kostümen; als Abstrusitäten-Kabinett ganz brauchbar
Bewertung
Was soll man von einer Nummer wie „Vergeltung am Wichita-Pass“ nun halten? Die ist schon ein ordentliches Kuriosum. Als italienisch-spanische Koproduktion mit augenscheinlich gar nicht mal so wenig Budget ausgestattet, orientiert sie sich komplett an amerikanischen Vorbildern und hat daher mit dem Italowestern rein gar nichts zu tun. Viel eher noch kann man zusätzlich den Einfluss der deutschen Karl-May-Pferdeopern erkennen. Daraus bauen die Drehbuchautoren Eduardo Manzanos und Alberto De Martino, der zusätzlich auch als Regisseur fungierte, eine ganz eigene Welt, deren Gesetze man nicht unbedingt verstehen können muss. Denn logisch oder wenigstens nachvollziehbar ist hier nicht viel.
Während uns das Kinoplakat sowie der Originaltitel „Gli Eroi Di Fort Worth“ einen klassischen Kavallerie-Western suggerieren und die Hauptrolle sogar das berühmte 7. US-Kavallerie-Regiment spielen soll, versetzt uns die Handlung in die Zeit des Amerikanischen Bürgerkrieges – zu der es genau dieses Regiment noch gar nicht gab… Immerhin versuchen Manzanos und De Martino wenigstens insofern andere Pfade zu betreten, als dass sie ihren Sezessionskriegs-Film in Texas spielen lassen. Dieser historische Kriegsschauplatz wird fiktional ja eher weniger behandelt. Ob es damals wirklich Pläne der Konföderierten gab, eine Allianz mit Kaiser Maximilian I. von Mexiko zu schmieden, weiß ich nicht genau zu sagen, aber es klingt ja zumindest nicht ganz abwegig. Ansonsten hab ich den Plan, den die sehr spärlich gezeigten Grauröcke hier ersinnen, nicht hundertprozentig verstanden, auf jeden Fall aber sollen die Indianer, die Apachen, die Drecksarbeit für sie erledigen, indem sie die Unionstruppen aufreiben und vernichten. Ergo läuft es über diesen Umweg am Ende doch auf die klassische Ausgangsposition eines Kavallerie-Westerns hinaus…
Wobei klassisch? Ja, die Motive sind eindeutig dem klassischen US-Western entlehnt, aber was Manzanos und De Martino daraus machen, entspricht komplett ihrer eigenen Interpretation. Das muss man mit eigenen Augen gesehen haben, sonst glaubt man es nicht. (Spoiler) Da gibt es zum Beispiel Nelly Bonnet (Ida Galli), die als Spionin für den Süden tätig ist. Oder zumindest sein soll. Denn ihre Tarnung als Bardame lässt sich schlecht aufrechterhalten, wenn sie die Kundschaft nur abblitzen lässt. Vielleicht liegt das aber auch einfach daran, dass sie in Wahrheit niemals wirklich spioniert, sondern – und das kommt viel später erst heraus – eigentlich die ganze Zeit nur zu ihrem Vater durchkommen will. Dieser Vater (Eduardo Fajardo) lebt als ausführender Offizier bei den Apachen, damit die auch ja keinen Mist bauen, und unterrichtet seine Vorgesetzten stets per Brieftaube. Ihm zur Seite stehen zwei weitere Soldaten, die sich aber im Gegensatz zu ihm als Ureinwohner verkleidet als seine Augen und Ohren verdingen. Wenn die dann ständig in ihrer Indianeraufmachung, aber mit ihren kurzen Haaren vor ihm salutieren, sieht das einfach seltsam aus. Die Apachen selbst sprechen alle dieses radebrechende Indianerfilm-Deutsch, das sich früher schon keiner anhören konnte, aber so was von dermaßen auf die Spitze getrieben, dass man schreien möchte. Allerdings werden die amerikanischen Ureinwohner hier sowieso nicht nur als bloßes Kanonenfutter, sondern auch als strunzendämlich hingestellt. Häuptling Wildes Pferd (Rafael Albaicín) blickt natürlich nicht, dass er von den Südstaatlern nur verschaukelt wird und die wunderschöne Indianerdame Amara (im Original wohl Amanda (Mónica Randall)) ist dumm wie ein Stück Brot. Die ist unglücklich mit ihrem Verlobten, küsst daher den erstbesten Weißen, der ihr über den Weg läuft, verliebt sich natürlich sofort in den Aufreißer und läuft ihm fortan überall hin nach, ohne auch nur einmal nachzudenken. (Spoilerende)
Und das waren jetzt wirklich nur die gröbsten Auffälligkeiten. Da ist das ständige Bestehen von Protagonist „Sugar“ Patterson (Edmund Purdom) auf seinem Zivilistendasein (während des laufenden Sezessionskrieges wohlgemerkt!), das es in einem Ami-Western so auch nie gegeben hätte, noch der kleinste Punkt auf der Liste. Von daher bei Genuss dieses Films bitte wirklich nicht vergessen, vorher das Gehirn abzuschalten. Denn klar, das hier ist ein Comic-Western, daran darf man sich gerne ständig erinnern, aber wenn dieser nicht mal für sich richtig funktioniert, wird’s schwierig mit dem Genuss.
Allerdings kann man den Spieß in diesem Falle auch umdrehen. Sofern man sich von diesem ganzen offensichtlichen Schwachsinn so weit lösen kann, dass man über ihn lachen kann, wird „Vergeltung am Wichita-Pass“ immerhin als Abstrusitäten-Kabinett ganz brauchbar. Wie allein Wildes Pferd aussieht. Oder die geilen Militärkarten. Oder wie man hier lernt, dass man die Indianer auf Erkundungsgang einfach nur abzuknutschen braucht, dann passiert auch nichts. Das ist doch was fürs Leben. Ebenso wie die Ehrenfeier eines toten Offiziers vorgeht – selbst wenn in der nächstgelegenen Stadt die Leute skalpiert werden. Aber in dieser Stadt tragen die Männer ja sowieso alle Frauenkleider… Aus dem Gefängnis befreit man sich übrigens am besten mit Hilfe eines Busenbildes und Gitarrenunterricht gibt’s nachher auch noch. Ihr seht schon: Da bleibt kein Auge trocken; hier ist für jeden was dabei.
Ansonsten beschränken sich die Schauwerte von „Gli Eroi Di Fort Worth“ eher darauf, dass Alberto Di Martino sein Budget vorführt. Wie gesagt, ein wenig Geld muss er zur Verfügung gehabt haben, wenn er neben der Western-Stadt (die mit Sicherheit vorher schon stand) und dem Fort (für das gleiches gelten könnte) auch noch ein ganzes Indianerdorf zeigen kann. Und n paar Planwagen hat er auch noch im Angebot. Und ansonsten: Kostüme, Kostüme, Kostüme. Seine Lieblingsbeschäftigung ist es daher, die verschiedenen Parteien in voller Montur aufeinander zureiten zu lassen. Wahrscheinlich wurden dafür jeweils alle Statisten in Soldaten- oder Indianerklamotten gesteckt, abgefilmt und das Ganze dann gegeneinandergeschnitten. Richtig gekämpft wird hier tatsächlich erstaunlich wenig.
Schauspielerisch bewegt sich „Vergeltung am Wichita-Pass“ maximal auf durchschnittlichem Niveau. Edmund Purdom, der getreu dem alten, europäischen Motto jener Tage als „Hollywood-Recke“ das Zugpferd mimen soll, ist zwar ganz ordentlich, aber mehr auch nicht. Paul Piaget an seiner Seite ist erschreckend blass. Wundert einen nicht, dass das hier seine letzte von gerade einmal acht Filmrollen war. Dafür sind immerhin die Frauen schön. Mónica Randall ist als Indianermädchen-Love-Interest zwar hoffnungslos kitschig überzeichnet, aber hübsch ist sie. Und Ida Galli? Hätte ich überhaupt nicht erkannt; die sieht hier zur Abwechslung ja richtig gut aus! Schauspielerisch hält auch sie sich jedoch vornehm zurück. Rafael Albaicín kann gegen sein lächerliches Kostüm gar nicht anspielen und Eduardo Fajardo braucht ganz andere Rollen.
Von daher vergesst es: Ein guter Western wird „Gli Eroi Di Fort Worth“ in diesem Leben nicht mehr. Aber wenn man über die dürftige Regie, seine mediokren Darsteller, seine Drehbuchschwächen sowie das offen zur Schau gestellte Desinteresse von Manzanos und De Martino gegenüber dem, was damals wirklich passiert sein könnte, hinwegsehen und sich an den durchweg dargebotenen Abstrusitäten erfreuen kann, die es so sicherlich nicht in jeder Pferdeoper zu bestaunen gibt, dann kann man doch einen gewissen Spaß mit diesem Werk haben. Dann unterhält Alberto De Martinos erster Western doch ganz ordentlich. Ob das jetzt aber das Prädikat ist, auf das man aus sein sollte, wäre die nächste Frage…
Zitate
„Ich steh ganz allein auf der Welt. Du hast wenigstens deine Ideale; dieses Glück hab ich nicht gehabt. Ich hab sie alle meinem Vater überlassen, obwohl ich daran zweifle, ob er sie jemals gebrauchen wird.“(Sugar Patterson hat gelernt zu teilen)
„Sugar, ich muss mit dir sprechen.“ – „Worüber, über hübsche Mädchen? Denn eure anderen Sorgen interessieren mich wirklich nicht.“(Sugar Patterson ist vielseitig interessiert)
„Wenn wir Zivilisten nicht ab und zu der Armee helfen würden, hätte mein Vater auf seinem Senatorensessel in Washington keine ruhige Minute.“(Sugar Patterson ist um ein realistisches Bild der Lage bemüht)
„Wir befinden uns im Krieg. Und alle Theorien werden hinfällig angesichts des Todes.“(ein Armeearzt weiß, wovon er spricht)
[Amara ist mal wieder auf der Suche nach ihrem Sugar; man sagt ihr, er sei am Wichita-Pass zu finden] „Wichita-Pass? Wie ich ihn da kann finden?“ – „Stell dich nur vor den Saloon, dann triffst du ihn bestimmt einmal.“(ein Soldat mit Lebenserfahrung hat den richtigen Tipp auf Lager)
„Wenn Sie sich nur n bisschen Mühe geben würden, könnten Sie wieder Captain werden.“ – „Ich bitte Sie um Verzeihung, Sir, aber ich habe mir drei Jahre lang Mühe gegeben, vom Captain zum Sergeant degradiert zu werden. Sie wollen doch nicht etwa, dass ich wieder von vorne anfangen muss.“(Sugar Patterson verfolgt seine Ziele eisern)
„Ich habe mich manchmal gefragt, ob die Menschen in Frieden leben würden, wenn wir Soldaten nicht wären.“(ein sterbender Offizier hätte dieser Frage früher nachgehen sollen)
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