Die blutigen Geier von Alaska

Die blutigen Geier von Alaska

★★★ ++

  • Jahr: 1973
  • Regie: Harald Reinl
  • Darsteller: Doug McClure, Harald Leipnitz, Miha Baloh, Kristina Nel, Angelika Ott, Klaus Löwitsch, Roberto Blanco, Heinz Reincke, Ivan Stimac...

Story

Weil er es seinem sterbenden Vater (Kurt Bülau) versprochen hat, fühlt sich Don Rutland (Doug McClure) für den kleinen Billy Sanders (Ivan Stimac) zuständig. Als dieser nach einem Goldraub plötzlich spurlos verschwindet, macht Don sich an die Aufklärung des Verbrechens und gerät bald selbst unter Verdacht…

Worte zum Film

gute Darsteller, unzusammenhängende Locations, nette Musik; nette Story, aber zum Ende hin vogelwild; geht weiter in Richtung Italowestern; „Winnetou“-Reunion

Bewertung

Tiere im Western-Filmtitel hatten wir Deutschen – hüben wie drüben – damals ganz gerne, ne? Bei der DEFA z. B. hat ein ganzes Drittel der insgesamt zwölf originären Indianerfilme einen Tierbezug: „Die Söhne der großen Bärin“, „Chingachgook, die große Schlange“, „Spur des Falken“ und „Weiße Wölfe“. Und in der BRD? Hatte man nach u. a. „Die schwarzen Adler von Santa Fe“ und – möglicherweise dem Urvater des Ganzen – „Unter Geiern“ wohl noch nicht genügend Tiere in Titeln von Pferdeopern verbaut, sodass man für Harald Reinls Alaska-Western 1972 und 1973 noch zwei solche raushaute: Auf „Der Schrei der schwarzen Wölfe“ folgte ein Jahr später „Die blutigen Geier von Alaska“. Wobei Letztgenannter in dieser Hinsicht den Vogel quasi abschoss, indem er auch, was seine zwei Alternativtitel anging, nie auf entsprechende Tiere verzichtete. Er ist nämlich auch noch als „Die (blutigen) Geier vom Shilo-River“ oder auch „Die Höllenhunde von Alaska“ bekannt. Ob das jetzt damals die Massen angelockt hat, weiß ich nicht, aber zu bereuen hätten diese einen Kinobesuch jedenfalls nicht gehabt.

Dabei geht „Die blutigen Geier von Alaska“ (wir bleiben mal beim Originaltitel) noch weiter in Richtung Italowestern als seinerzeit „Der Schrei der schwarzen Wölfe“. So inszeniert Reinl hier etwa eine richtig lange, deftige Saloonprügelei und beweist damit, dass eine solche auch aus deutschen Landen gut aussehen kann. Einen Innovationspreis erhält er dafür freilich nicht. Und für die Musik bediente man sich einfach in Bruno Nicolais umfangreichem Oeuvre. Zumindest würde ich behaupten wollen, dass das hier kein originärer Score von ihm ist. (Ich könnte jetzt allerdings auch nicht sagen, woher ich die betreffenden Stücke zu kennen meine.) Dadurch ist die musikalische Untermalung aber immerhin nett gelungen, auch wenn jeder für sich selbst entscheiden muss, ob Reinl seine Bilder passend dazu arrangiert hat.

Und leider hat er noch in einem anderen Punkt bei den Italienern abgeschaut: Weil er oder irgendein anderer Beteiligter an dieser Produktion unbedingt und wohl zur besseren Vermarktung ein Wiederauftauchen der Plitvicer Seen in diesem Streifen wünschte, baut er Locations zusammen, die einfach nicht zusammenpassen wollen. Auch erkennt man hier dann doch, dass die Hütte zu Beginn in den Alpen (und nicht etwa Alaska) steht. Da ändert man auch nix dran, indem man einen Totempfahl danebenstellt…

Von daher sind die Vorzeichen von „Die blutigen Geier von Alaska“ im Gegensatz zu dessen „Vorgänger“ umgekehrt: Während man hier optisch Abstriche machen muss, hat der erneut für das Drehbuch zuständige Kurt Nachmann inhaltlich eine Schippe draufgelegt. So fügt er dem bekannten und erwarteten Goldtransportüberfall mit dem Jungen Billy Sanders (Ivan Stimac) eine interessante, neue Komponente hinzu. Diese Geschichte ist dadurch wesentlich spannender und entschädigt durchaus für das abenteuerliche Location-Hopping. Leider hat er es aber mal wieder nicht geschafft, dieses Niveau auch bis zum Schluss zu halten. Am Ende wird’s nämlich erneut vogelwild… Da passieren mit einem Male die unglaublichsten Dinge und man sollte nicht anfangen, irgendetwas davon zu hinterfragen (wie war das mit der Italowestern-Nähe?).

Auch auf Darstellerseite wiedervereinte man hier – gewollt oder nicht – so einige Bekannte aus den „Winnetou“-Streifen. So dürft ihr euch u. a. auf Mirko Boman (Gunstick Uncle aus „Der Schatz im Silbersee“ und „Winnetou II“), Branko Spoljar (Doc Hartley bzw. Bancroft in den ersten beiden Rialto-Western), Vladimir Medar (der hier als Hotelbetreiber quasi zu seinen Wurzeln zurückkehrt, nachdem auch er von Anfang an dabei war und im „Schatz im Silbersee“ bereits einen Barmann mimte), Ilija Ivezic (der ja gefühlt überall dabei), Vojislav Govedarica (der zuvor nur in „Winnetou und Shatterhand im Tal der Toten“ zu sehen war) und in der größten Rolle hier – natürlich – Miha Baloh freuen. Sofern man nostalgisch veranlagt ist, lohnt es sich allein deswegen schon, einen Blick zu riskieren.

Aber auch Harald Leipnitz hat ja nicht nur einen „Winnetou“-Beitrag in seiner Vita zu stehen. Hier jedoch agiert er in einem Western das erste Mal unter Harald Reinl. Eine solide Leistung würde ich sagen. Doug McClure, den man sich nach Ron Ely im „Vorgänger“ hierfür einkaufte, hat eine ähnliche Vergangenheit wie dieser: Er wurde hauptsächlich durch eine Serienrolle berühmt. Bekanntermaßen spielte er den Trampas in „Die Leute von der Shiloh-Ranch“ (spätestens jetzt wird einem auch klar, wo der oben erstgenannte Alternativtitel herkommt). In „Die blutigen Geier von Alaska“ ist er jetzt nicht viel charismatischer als Ely, dafür aber ein ganzes Stück ehrlicher und er hängt sich voll rein. Daneben darf man sich sehr darüber freuen, Klaus Löwitsch (auch wenn er seine Qualitäten hier maximal aufblitzen lässt) sowie die hübsche Kristina Nel in ihrem einzigen Western zu bewundern. Selbiges gilt tatsächlich auch für Heinz Reincke und Roberto Blanco, aber während Letzterer sich unerwarteterweise recht ordentlich aus der Affäre zieht, geht Ersterer (den ich sonst sehr schätze) einem leider nur auf den Sack, weil er die nervigste und unnötigste Rolle im ganzen Streifen abgekriegt hat.

Zusammenfassend lässt sich also sagen: Neben erneut schönen Hunden gibt es in „Die blutigen Geier von Alaska“ etliche Schauspieler entweder aus den Karl-May-Western der 1960er wiederzuentdecken oder in ihrer einzigen Western-Rolle überhaupt zu beschauen. Dies tatsächlich in einer netten Geschichte von Kurt Nachmann, die sich „erst“ zum Ende hin – und zwar in jeglicher Hinsicht – auflöst, untermalt von Bruno-Nicolai-Musik und in Locations angesiedelt, die zwar nicht zusammenpassen, einem zum Großteil aber auch nicht fremd sein dürften. Das Ergebnis gefällt mir ob der besseren Darsteller und Story insgesamt sogar noch ein kleines bisschen besser als „Der Schrei der schwarzen Wölfe“, aber für eine ganze Bewertungsstufe nach oben reicht es am Ende leider nicht ganz. Kann man sich also ohne Bedenken anschauen, aber man wird auch mal wieder wissen, warum die Zeit der großen deutschen Western 1973 eigentlich schon vorbei war.

Übrigens: In den Alpen kann man schön die Kondensstreifen der Flugzeuge am Himmel betrachten, wenn Don Rutland (Doug McClure) sich über den sterbenden Sanders (Kurt Bülau) beugt…

Zitate

„Auf die Nerven fallen – das ist meine Spezialität.“(sagt Ham-Ham (Roberto Blanco) und man hat das Gefühl, es spricht Roberto Blanco…)

★★★ ++

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